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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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1. Heft
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Gohlke, Wilhelm: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0040

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20

W. GOHLKE, DAS GESCHÜTZWESEN DES ALTERTUMS UND DES MITTELALTERS VI. BAND

Wurfzeuge beansprucht, das sich auf Schlofs
Kreuzenstein bei Wien befindet (Fig\ 68).
Der Wurfhebel, der auf der unteren Seite
der Länge nach etwas abgeschält ist, um eine


schofslager wie bei den Züricher Modellen.
Eine Sperrvorrichtung befindet sich am rechten
Wellkopf, sie dient gleichzeitig als Abzugsvor-
richtung.
Das Gestell ist hinten 207 cm, vorn 142 cm
hoch, 392 cm lang und 92 cm breit; der Wurf-
hebel ist 654 cm lang. Das Kugellager hat einen
Durchmesser von 44 cm, ihm entspricht ein Stein
von etwa 58 kg Gewicht. Die Radhöhe beträgt
62 cm.
Auf gleichem Prinzip beruht ein Wurfzeug
in den Zeichnungen des „Codice Atlantico“
von Leonardo da Vinci. Der Wurfhebel ist
mit Geschofslager für einen Stein und aufserdem
mit einer Schleuder für einen zweiten Stein ver-
sehen. Der Wurfarm wird durch einen Flaschen-
zug gebogen, der mit der Schleuder verbunden
ist und dessen Endtau durch eine Haspel zwischen
den beiden Schrägstreben angezogen wird. Eine
Abzugsschnur mit einer sinnreichen Hakenver-
bindung löst die Schleuder vom Flaschenzug;
hierdurch wird die Spannung des Wurfhebels
aufgehoben und Stein und Schleuder werden in
Bewegung gesetzt. Das oberhalb der Schräg-
streben über zwei Rollen geführte Tau, dessen
Ende über einen Knauf unterhalb der Haspel
geschlungen ist, soll wahrscheinlich verhindern,
dafs der Wurfhebel beim Aufwippen aus den
Streben springt.


Fig. 71. Duae figurae quas reperiri aiunt, aut certe alteram in priscis monumentis, non mihi visam
Justi Lipsi de Militia romana libri quinque, commentarius ad Polybium. 1598 S. 25
Die zweite Figur ähnlich Fig. 70 dieser Studie

gröfsere Elastizität zu erhalten, liegt mit seinen
eisernen Zapfen in einem Lager der oberen
schrägen Rahmstücke des fahrbaren Gestelles.
Sein Fufs liegt vorn unter einem Riegel des
Gestells, damit er beim Spannen nicht ausweichen
kann. Zum Spannen dient ein Tau, das durch
eine Haspel angezogen werden kann. Zur Auf-
nahme des Geschosses dient ein ähnliches Ge-

Zeichnungen aus alten römischen Kriegs-
schriftstellern zeigen Kriegsmaschinen, bei denen
die Federkraft gespannter Hölzer oder
Stahlschienen schneppernd Pfeile oder
Wurfspiefse fortstofsen. Es ist derselbe Vor-
gang, der sich im kleinen zeigt, wenn ein zurück-
gebogenes biegsames Lineal losgelassen gegen
ein davorliegendes Streichholz schnellt.
 
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