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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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2. Heft
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Mörtzsch, Otto: Die Harnischkammer im Schlosse Schleusingen: Ao. 1584
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0055

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2. HEFT

OTTO MÖRTZSCH, DIE HARNISCHKAMMER IM SCHLOSSE SCHLEUSINGEN

35

folgenden Mitwoch im Gesellenstechen sich wol
gebrauchen lassen.
Anno 1537 als nun Keyser Carle sein Kriegs-
volck / so Er inn Pedemont gelegt/den Frantzosen
heraufs zutreiben / etwas stärcken vnd vermehren
wollen: sind beyde Fürsten / dieser Fürst Wolff
vnd sein bruder Fürst Georg Ernst dem Keyser
zugezogen: vnd zwey Fehnlin Knecht inn Pede-
mont geführet. Da sie nun für Cherascha'5) an
dem Flufs Xavero gelegen: vnd dasselbig zum
tSturm nach notdurfft beschossen / auch darauff
den Sturm ahngelauffen: hat Fürst Wolff nicht
der letzte sein wollen. Als Er aber seinen Helm
ergriffen / vnnd es sich nicht so balt mit demselben
allerdings wie Er gerne gewolt /schicken wollen:
ist Er etwas vnlustig worden: jhn weg geworffen:
vnd jhme einen andern her reichen lassen: vnd
darauff sich fornen an die spitze gemacht,
sonderliche ehre einzulegen / ist auch vnder der
fördersten / der Ersten einer gewesen / so auff die
Mawren kommen: vnd alda ritterlich wieder die
inn der Besatzung gestritten.
Da aber einer vnder den Burgern seiner
gewahr worden vnd sich an der rüstung wol
dunckenlassen/Er müste kein schlechter gemeiner
Kriegs Mann sein/hat Er sein Rohr auff jhn
gerichtet /lofs getruckt: vud jhn durch den Helm
inn seine Stirn getroffen / vnd also tödlich ver-
wundet / dafs Er von diesem schufs gefallen / und
von den seinen auffgefangen vnd ins Lager ge-
tragen worden. Da man jhn nun also ins Lager
bracht: hat Er / als ein Hirn verwundeter nicht
viel mehr reden können: doch die vmbstehenden
ermahnet getrost mit dem Sturm anzuhalten und
seinethalben nicht abzulassen. And ist also dieser
löbliche junge Held vmbkommen den 8. Sep-
tembris Seines alters imm dreissigsten Jahre.
Vnd ist gehn Benne10)/ so hart vber Cherasch am
Wasser hinauf! gelegen / gebracht.“
Ein Bruder dieses auf dem Felde der Ehre
gefallenen Helden, Graf Christoph, hat auch
mehrfach Proben persönlicher Tapferkeit abge-
legt. Von seinem Vater für den geistlichen
Stand bestimmt, wurde Christoph Domherr in den
Stiftern Strafsburg, Bamberg und Würzburg.
Durch höchst tadelhafte Aufführung ging er
der geistlichen Würde verlustig und sein Vater
sagte ihm in sehr derben Ausdrücken alle väter-
liche Treue auf. „Aus Not trat endlich Christoph
(1546) in Württembergische Kriegsdienste und
machte sich gegen den dortigen Herzog Ulrich
verbindlich, ihm gegen einen Sold von 600
Gulden mit 24 gerüsteten Pferden zu dienen,
is-i am |Rande: Cerascha, im Verzeichnis Cherasca in
Pemont = Chierasco.
1S) Bgne am Tanaro.

auch aulserdem mit Württembergischen Gelde
einen Haufen von 100 Kürassir anzuwerben.
In dem Schmalkaldischen Kriege hielte er sich
so gut, dafs ihm Ulrich das Kommando über
600 Reiter anvertraute. Er starb den 14. März
1548 zu P-örnhild —“17). Auch den letzten
Henneberger lernen wir als einen kriegstüchtigen
Herren kennen. Bald nach den ersten Jahren
der Kindheit schickte Graf Wilhelm VI. seinen
Lieblingssohn Georg Ernst an die fürstlichen
Höfe zu Jülich, Preufsen und Hessen, um ihn
mit den vornehmsten Kenntnissen eines klugen
Regenten bekannt zu machen. „So viele Jahre,
die Georg Ernst aufserhalb des väterlichen Hofes
zum Teil unter dem Geräusche der Waffen zu-
brachte, hatten ihn manche Gelegenheit ver-
schaff:, sich in Kriegswissenschaften zu üben,
und er wünschte sehr, hiervon öffentliche Beweise
am Tage legen zu können. Da Kaiser Karl V.
im Jahre 1532 mit den Türken in einem ge-
fährlichen Krieg verwickelt war und sämtliche
Reichsstände hierzu die gewöhnlichen Hülfs-
truppen stellen mufsten: So erboth sich der Graf
die vom gesammten Haus Henneberg zustellende
Mannschaft anzuführen, um sich in einem so
wichtigen Feldzug Ehre und Ruhm zu erwerben.
Auch in den folgenden Jahren (1534 und 1536)
befände sich Georg Ernst bald in Hefsischen
bald in Kaiserlichen Kriegsdiensten und legte
überall so treffliche Proben seiner Tapferkeit am
Tage, dafs die Stände des Fränkischen Kreises
bei einer abermalen vom Kaiser Ferdinanden
ausgeschriebenen Türkenhülfe, ihn auf den
Konvent zu Windsheim (1542) zum Hauptmann
der Fränkischen Kreistruppen ernannten. Hier
eröffnete sich seinen kriegerischen Talenten ein
neuer Schauplatz, der aber mit grofsen Gefahren
seines Lebens verbunden war. Unter andern
erzehlet die Geschichte, dafs Georg Ernst in
einem für die Deutschen unglücklichen Treffen,
durch seinem unerschrockenen Muth dem Herzog
Moritz zu Sachsen, der bereits von den Türken
zu Boden geworffen worden, das Leben errettet
und die Feinde in die Flucht geschlagen habe“18).
Die grofse Vorliebe der Henneberger für das
Waffenhandwerk und die ritterlichen Künste ist
ganz sicher die Veranlassung gewesen, dafs das
gräfliche Haus eine Harnischkammer, ein Zeug-
haus besafs, dessen sich auch ein mächtigeres
Fürstengeschlecht nicht zu schämen brauchte.
Schufswaffen sind, ganz der zeitlichenEntwicklung
entsprechend, nur wenige vorhanden, dagegen
finden wir einen Reichtum an ritterlichen Kriegs-
17) Schuhes II, S. 183 f.
,s) Schuhes II, S. 193 f. Spangenberg, Hennebergische
Chronik, S. 502 f.
 
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