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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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2. Heft
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Wilbrand, Wilhelm: Ein frühmittelalterlicher Spangenhelm
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0069

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2. HEFT

W. A. J. WILBRAND, EIN FRÜHMITTELALTERLICHER SPANGENHELM

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in ihren Abständen ungleich; sie waren notwendig,
weil die Spangen in der Mitte eine erhöhte Rippe
haben; durch diese Einschnitte wurde also die den
Rippen der Spangen entsprechende Auftreibung
erspart. Die Platte ist nicht auf die Spangen,
sondern auf die zwischen den Spangen befind-
lichen Füllungsplatten aufgenietet und zwar mit
vier noch gut erhaltenen Nieten mit flachen
Köpfen. In der kugelförmigen Auftreibung kamen
beim vorsichtigen Abbürsten zwei Löcher zutage,
die die Kuppel in schiefer Richtung durchbohren.



Das obere Loch (a) liegt genau über Mitte der
Spange, die, falls sie verlängert würde, auf den
Nasenrücken des Helmträgers laufen würde. Diese
beiden Löcher in der kugelförmigen Auftreibung
eignen sich zum Durchstecken einer Helm-
zierde, wie es uns aus den fränkischen Miniaturen
bekannt ist. Die kuppelförmige Auftreibung er-
innert stark an die knopfartigen Erhöhungen, wie

sie in den fränkischen Miniaturen des IX. Jahr-
hunderts Vorkommen. (Siehe z.B. Richard Stettiner.
Die illustrierten Prudentius-Handschriften, Berlin
1905. Taf. 147.) Die in diesen Handschriften
abgebildeten Helmkappen sind jedoch aus einem
Stück getrieben. Bei unserer Helmkappe sind
die Bügel zu ihrer Befestigung noch etwa 1 cm
unter die Platte gezogen (ebenso beim Helm von
Baldenheim, Rudolf Henning). Die Bügel sind
mit Ausnahme des Bügels, der über der Nase des
Trägers sitzt, 17,0 cm lang; sie sind etwas gewölbt
und haben in der Mitte einen getriebenen Falz.
Dieser Falz greift in die Einschnitte der Platte,
wie oben bereits angegeben. Die Bügel verbreitern
sich von oben nach unten und sind dreimal ge-
schweift. Sie sind nicht gleich breit, ihre Breite
schwankt zwischen 1,8 cm bis 2,0 cm oben an der
schmälsten Stelle und 3,8 cm bis 4,3 cm unten

an der breitesten Stelle. Die Bügel haben — mit
Ausnahme des Bügels, der auf die Nase zu läuft,—
sechs Nieten, womit sie auf die Füllungsplatten
aufgenagelt sind. Bei dem Bügel, der auf die
Nase zu läuft, fehlen die unteren Nieten, sie waren
nie vorhanden. Die zwischen den Bügeln befind-
lichen vier Lappen haben eine Höhe von 17 bis
18 cm, ihre gröfste Breite beträgt 13,3 cm bis
15,1 cm. Die Höhe und Breite der einzelnen
Lappen ist also verschieden. Diese Blätter liegen
unter den Spangen und sind mit den Spangen und
mit der oben befindlichen Platte vernietet, sie
haben eine durchschnittliche Dicke von 1,5 mm.
Diese Füllungsplatten sind sowohl oben wie unten
etwas länger als die Spangen, sie stofsen oben
unter den Spangen aneinander, unten sind sie 1,2
bis 1,9 cm voneinander entfernt. Diese Zwischen-
räume sind nicht ausgefüllt (Abbildung 4).
Sämtliche vier Blätter sind unten ausgebogen
und treten über die Spangen hervor. Die beiden
Blätter, die durch die über dem Nasenrücken
sitzende Spange zusammengehalten werden, haben
an dieser Spange nur eine Höhe von 14,8 cm,
während sie auf den anderen beiden Seiten eine
solche von 17,3 bis 17,8 cm besitzen. Auf diese
Art ist die Helmkappe mit einem Gesichtsausschnitt
versehen, wie er uns an den in Miniaturen abge-
bildeten fränkischen Helmen bekannt ist; diese
Helme haben jedoch über diesem Ausschnitte
eine Auftreibung, die an den Rand eines Morion
erinnert. Bei dem uns hier beschäftigenden Helme
ist statt dieser Auftreibung nur ebenso wie an
den anderen Randstellen eine kleine Ausbiegung
vorhanden.
Im Gegensatz zu dem Helm von Baldenheim
und den anderen früh mittelalterlichen Helmen,
die Rudolf Henning so ausführlich und klar be-
schrieben hat, hat unser Helm kein unteres Band,
er hat auch wohl nie ein solches besessen. Es
sind gar keine Reste eines solchen Bandes vor-
handen; die am unteren, etwas ausgebogenen
Helmrand befindlichen kleinen Löcher enthielten
auch keine Reste von Nieten.
Links und rechts von dem Gesichtsausschnitt,
direkt über den Ohren des Trägers befinden sich
in Abständen von 2,5 mm je drei sorgfältig ge-
arbeitete Löcher nebeneinander, an ihnen waren
jedenfalls die beiden Riemen, die die Kappe auf
dem Kopfe des Trägers festhalten sollten, befestigt.
Wangenklappen hat die Helmkappe wohl nie
besessen, diese Klappen wären auch nicht mit
dem ausgebogenen Helmrand in Übereinstimmung
zu bringen. Diese Kinnriemenlöcher sind vom
Helmrand 6 bis 8 mm entfernt. Es befinden sich
ferner in jeder Spange in derselben Gröfse wie
die Kinnriemenlöcher je zweiLöcher nebeneinander,
 
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