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PAGENSTECHER, DAS LETZTE RENNEN DES KURFÜRSTEN AUGUST V. SACHSEN VI. BAND
Pferden gelangen, besonders in den langbehaarten
Fesseln und den Hufen zeigt), so lebendig die
ganze Situation auch aufgefafst ist, dafs diese
Pferde nur ausgestopfte Holzpferde sein können,
denn sie stehen auf Brettern mit niedrigen aber
festen Rädern aus einem Stück, sind ein Mecha-
nismus, eine Rennmaschine! Eine photographische
Wiedergabe würde das sehr dunkle Bild nur
schwach vorführen können, aber die beigegebene
Abbildung, welche ich nach einer genauen Pause
gezeichnet habe und die sich genau, ohne jede
sogenannte Verbesserung, an die Umrisse des
Originals hält, zeigt deutlich, wie der Mechanis-
mus beschaffen war. Das Pferd des Kurfürsten
steht auf einer sehr dicken Holzplatte, welche auf
vier Rädern ruht, von denen drei sichtbar sind.
Das Pferd des Gegners dagegen ist auf einem
breiten und starken Holzrahmen befestigt, welcher
ebenfalls auf vier Rädern läuft, von denen auch
drei sichtbar sind. Beide Gestelle werden an der
Schmalseite von zwei in ziemlicher Entfernung
voneinander angebrachten runden Löchern durch-
stofsen und zwar das Rahmengestell Dehns an
Vorder- und Rückseite, das des Kurfürsten nur
an der Kopfseite. Durch diese Löcher laufen
parallel zueinander zwei starke gewundene Taue,
deren Verlauf man von ihrem Austritt aus dem
Gestell des fürstlichen Pferdes durch das Kopf-
brett des Dehnschen Pferdes, unter diesem selbst
weg durch die Leiste der Rückseite bis zu ihrem
Verschwinden rechts am Rahmen verfolgen kann.
Die Löcher, durch welche die straff angezogenen
Seile führen, sind grade so weit, dafs die Taue
durchlaufen können. Zwischen den Kopfgestellen
beider Maschinen befinden sich um die Taue ge-
wickelte, enganschliefsende hänfene Ringe; der
am vorderen Seil befestigte näher zum Fürsten,
der andere am zweiten hinteren Seile befestigte
näher zu Dehn hin. Der ganze Apparat diente
offenbar dazu, beide Fahrgestelle wie richtige
Pferde im schnellen Tempo des Galopps gegen-
einander zu bewegen und mag in der Weise wie
folgt gehandhabt worden sein. Zunächst mufs man
sich klar machen, dafs die beiden Seile, welche wir
sehen, tatsächlich nur ein einziges sind, jedoch
bleibe ich, wo es zum besseren Verständnis dienen
kann, bei der Benennung „erstes“ oder „zweites“
Seil. Das zweite Seil, das im Bilde weiter rück-
wärts liegende, denke man sich mit seinem Ende
auf einer drehbaren, aber mit dem Boden unver-
rückbar verbundenen Rolle aufgewickelt. Da,
wo es durch die hintere Leiste des Dehnschen
Pferdes durch das Rahmengestell eintritt, denke
man sich einen Knoten, der auf der Abbildung
weil er verdeckt ist, nicht sichtbar ist und welcher
ein Durchziehen des Seiles nach vorne unmöglich
macht. Im weiteren Verlaufe durchstöfst das Tau,
wie ersichtlich ist, die Kopfleiste. Der jetzt fol-
gende Ring umschliefst zwar das Seil eng, ist
aber dennoch verschiebbar. Nun durchstöfst das
Tau vermutlich in langer Bohrung das Gestell
des anderen Pferdes und läuft wahrscheinlich über
ein im Gestell liegendes flaches Rad, tritt aus
dem Gestell in einer parallel zur ersten Bohrung
liegenden zweiten aus, läuft durch einen zweiten
ebenfalls verschiebbaren Ring und läuft als erstes
Tau entgegen der ersten Richtung, aber parallel
zu ihr ungehindert durch das Gestell des Dehn-
schen Pferdes hindurch. An sein Ende mufs man sich
ein oder mehrere Pferde gespannt denken, welche
zum Galopp angetrieben beide Holzpferde gleich-
mäfsig in Bewegung setzen. Beide F'ahrgestelle
rollen nun, indem sie ein wenig schlenkern, wozu
die Abbildung den Beweis liefert; gleichmäfsig oder
auch ruckweise, je nach der Bodenbeschaffenheit
gegeneinander. Die Hanfringe, je einer vor jedem
Gestell, werden durch den starken Druck vor-
geschoben und dienen im Momente des Zusammen-
treffens als Puffer, um die Gestelle vor Beschä-
digung zu bewahren. Dächte man sich die Ringe
ganz fest und unverrückbar, dann wäre nur eines
der Gestelle, in diesem Falle das des Fürsten, zu
bewegen, und zwar so, dafs an beiden Enden des
Taues gleichmäfsig gezogen würde. Das ent-
spricht aber nicht dem Komment, weil dann doch
derjenige, der unverrückbar fessteht, allein den
furchtbaren Stofs auszuhalten hätte, und erscheint
auch hier schon deswegen nicht wahrscheinlich,
weil die Decken beider Pferde gleichmäfsig flat-
tern, also beide Pferde als in Aktion gewesen
dargestellt und gedacht sind. Auch müfste das
Dehnsche Pferd am Boden befestigt sein, und
warum durchstofsen die Taue das Kopfgestell des
fürstlichen Pferdes? Eine Befestigung aufsen an
gewundenen Haken wäre jedenfalls praktischer.
Da ich meineVermutungen an einem kleinen Mo-
delle, und zwar mit Erfolg, praktisch erprobt habe,
darf ich sagen, dafs die hier von mir abgegebene
Erklärung der Maschine durchaus möglich ist.
Der Katalog der Gewehrgalerie vom Jahre
1900 nennt dieses Rennen einen Fastnachtsscherz.
Diese Vermutung liegt zunächst nahe, wenn man
die Gelegenheit berücksichtigt, bei der das Rennen
stattfand. Die Inschrift, welche über dem Bilde
angebracht ist und welche ebenso lautet wie die
zum gleichen Bilde im Turnierbuch, sagt; „ein
Rennen mit Hannfs Dehnen gethan, der ist alleine
gefallen Anno 66 im Februar zu Drefsten an der
Fastnacht!“ Also ein Rennen zur Fastnachtszeit.
Der Umstand ist aber auch der einzige, welcher
auf etwas Närrisches hindeuten könnte. Nun
fanden aber sehr häufig an der Fastnacht Rennen
PAGENSTECHER, DAS LETZTE RENNEN DES KURFÜRSTEN AUGUST V. SACHSEN VI. BAND
Pferden gelangen, besonders in den langbehaarten
Fesseln und den Hufen zeigt), so lebendig die
ganze Situation auch aufgefafst ist, dafs diese
Pferde nur ausgestopfte Holzpferde sein können,
denn sie stehen auf Brettern mit niedrigen aber
festen Rädern aus einem Stück, sind ein Mecha-
nismus, eine Rennmaschine! Eine photographische
Wiedergabe würde das sehr dunkle Bild nur
schwach vorführen können, aber die beigegebene
Abbildung, welche ich nach einer genauen Pause
gezeichnet habe und die sich genau, ohne jede
sogenannte Verbesserung, an die Umrisse des
Originals hält, zeigt deutlich, wie der Mechanis-
mus beschaffen war. Das Pferd des Kurfürsten
steht auf einer sehr dicken Holzplatte, welche auf
vier Rädern ruht, von denen drei sichtbar sind.
Das Pferd des Gegners dagegen ist auf einem
breiten und starken Holzrahmen befestigt, welcher
ebenfalls auf vier Rädern läuft, von denen auch
drei sichtbar sind. Beide Gestelle werden an der
Schmalseite von zwei in ziemlicher Entfernung
voneinander angebrachten runden Löchern durch-
stofsen und zwar das Rahmengestell Dehns an
Vorder- und Rückseite, das des Kurfürsten nur
an der Kopfseite. Durch diese Löcher laufen
parallel zueinander zwei starke gewundene Taue,
deren Verlauf man von ihrem Austritt aus dem
Gestell des fürstlichen Pferdes durch das Kopf-
brett des Dehnschen Pferdes, unter diesem selbst
weg durch die Leiste der Rückseite bis zu ihrem
Verschwinden rechts am Rahmen verfolgen kann.
Die Löcher, durch welche die straff angezogenen
Seile führen, sind grade so weit, dafs die Taue
durchlaufen können. Zwischen den Kopfgestellen
beider Maschinen befinden sich um die Taue ge-
wickelte, enganschliefsende hänfene Ringe; der
am vorderen Seil befestigte näher zum Fürsten,
der andere am zweiten hinteren Seile befestigte
näher zu Dehn hin. Der ganze Apparat diente
offenbar dazu, beide Fahrgestelle wie richtige
Pferde im schnellen Tempo des Galopps gegen-
einander zu bewegen und mag in der Weise wie
folgt gehandhabt worden sein. Zunächst mufs man
sich klar machen, dafs die beiden Seile, welche wir
sehen, tatsächlich nur ein einziges sind, jedoch
bleibe ich, wo es zum besseren Verständnis dienen
kann, bei der Benennung „erstes“ oder „zweites“
Seil. Das zweite Seil, das im Bilde weiter rück-
wärts liegende, denke man sich mit seinem Ende
auf einer drehbaren, aber mit dem Boden unver-
rückbar verbundenen Rolle aufgewickelt. Da,
wo es durch die hintere Leiste des Dehnschen
Pferdes durch das Rahmengestell eintritt, denke
man sich einen Knoten, der auf der Abbildung
weil er verdeckt ist, nicht sichtbar ist und welcher
ein Durchziehen des Seiles nach vorne unmöglich
macht. Im weiteren Verlaufe durchstöfst das Tau,
wie ersichtlich ist, die Kopfleiste. Der jetzt fol-
gende Ring umschliefst zwar das Seil eng, ist
aber dennoch verschiebbar. Nun durchstöfst das
Tau vermutlich in langer Bohrung das Gestell
des anderen Pferdes und läuft wahrscheinlich über
ein im Gestell liegendes flaches Rad, tritt aus
dem Gestell in einer parallel zur ersten Bohrung
liegenden zweiten aus, läuft durch einen zweiten
ebenfalls verschiebbaren Ring und läuft als erstes
Tau entgegen der ersten Richtung, aber parallel
zu ihr ungehindert durch das Gestell des Dehn-
schen Pferdes hindurch. An sein Ende mufs man sich
ein oder mehrere Pferde gespannt denken, welche
zum Galopp angetrieben beide Holzpferde gleich-
mäfsig in Bewegung setzen. Beide F'ahrgestelle
rollen nun, indem sie ein wenig schlenkern, wozu
die Abbildung den Beweis liefert; gleichmäfsig oder
auch ruckweise, je nach der Bodenbeschaffenheit
gegeneinander. Die Hanfringe, je einer vor jedem
Gestell, werden durch den starken Druck vor-
geschoben und dienen im Momente des Zusammen-
treffens als Puffer, um die Gestelle vor Beschä-
digung zu bewahren. Dächte man sich die Ringe
ganz fest und unverrückbar, dann wäre nur eines
der Gestelle, in diesem Falle das des Fürsten, zu
bewegen, und zwar so, dafs an beiden Enden des
Taues gleichmäfsig gezogen würde. Das ent-
spricht aber nicht dem Komment, weil dann doch
derjenige, der unverrückbar fessteht, allein den
furchtbaren Stofs auszuhalten hätte, und erscheint
auch hier schon deswegen nicht wahrscheinlich,
weil die Decken beider Pferde gleichmäfsig flat-
tern, also beide Pferde als in Aktion gewesen
dargestellt und gedacht sind. Auch müfste das
Dehnsche Pferd am Boden befestigt sein, und
warum durchstofsen die Taue das Kopfgestell des
fürstlichen Pferdes? Eine Befestigung aufsen an
gewundenen Haken wäre jedenfalls praktischer.
Da ich meineVermutungen an einem kleinen Mo-
delle, und zwar mit Erfolg, praktisch erprobt habe,
darf ich sagen, dafs die hier von mir abgegebene
Erklärung der Maschine durchaus möglich ist.
Der Katalog der Gewehrgalerie vom Jahre
1900 nennt dieses Rennen einen Fastnachtsscherz.
Diese Vermutung liegt zunächst nahe, wenn man
die Gelegenheit berücksichtigt, bei der das Rennen
stattfand. Die Inschrift, welche über dem Bilde
angebracht ist und welche ebenso lautet wie die
zum gleichen Bilde im Turnierbuch, sagt; „ein
Rennen mit Hannfs Dehnen gethan, der ist alleine
gefallen Anno 66 im Februar zu Drefsten an der
Fastnacht!“ Also ein Rennen zur Fastnachtszeit.
Der Umstand ist aber auch der einzige, welcher
auf etwas Närrisches hindeuten könnte. Nun
fanden aber sehr häufig an der Fastnacht Rennen