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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,3): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Von Pertinax bis Theodosius — Stuttgart u.a., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.1111#0128

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114

Mamaea.

Münzbildnis und zwar das einer jüngeren Kaiserin darbieten, welches
besser oder auch nur gleich gut mit der Visconti-Mongez’schen
Büste stimmt, so wäre die Frage entschieden und es müsste ein
für allemal von Mamaea abstrahiert werden. Wir möchten ver-
muten, dass in dem Typus ihrer Schwiegertochter Orbiana in der
That ein solches Bildnis vorliegt, und dass es sich bei dem jugend-
lichen Pariser Kopf vielmehr um diese handelt (vgl. p. 106 f.).

Die oben erwähnten elf bis zwölf Köpfe nebst einigen etwa
übersehenen Bepliken derselben scheinen so ziemlich Alles zu sein,
was in Marmor von Mamaea noch vorhanden ist. Der Kopf der
Pariser Statue (14) mit seinem senkrechten, zwischen Stirn und
Käse stark eingezogenen Profil Hesse sich zwar zur Kot mit einigen
Münzen noch vereinigen, stellt aber offenbar eine von der obigen
verschiedene Person dar und zeigt in der unschönen, hinten grad-
abfallenden Form des Wirbels, in den flachen Augen, in Mund und
Käse und Haartracht Züge, welche dem Mamaeatypus fremd sind.

Ueberhaupt scheint es sehr gewagt, Köpfe von abweichender
Haartracht in den Bereich der Betrachtung zu ziehen. Denn durch
die Münzen ist nur die eine überliefert, und physiognomische Aehn-
lichkeiten, denen nicht eine gewisse Uebereinstimmung in der Haar-
tracht zur Seite geht, können leicht zufällig sein. Gleichwohl hat
Visconti zusammen mit der otricolanischen Büste (4) noch eine
zweite, auf dem Esquilin gefundene und jetzt im Museo Ohiara-
monti aufgestellte (3) als Mamaea publiciert, wo die Haare, statt
sich um den Kacken zu legen, in ein kleines, den Hinterkopf ab-
spitzendes, aus gedrehten Strängen bestehendes Kest geordnet sind.
Dieses Kest ist allerdings ergänzt, aber nach Visconti von der Hand
eines nur um wenig späteren Bildhauers. Da das Gesicht offen-
bar (?) Mamaea darstelle, so müsse, behauptet er, der jetzige Zu-
stand der Büste daraus erklärt werden, dass man infolge des
Wechsels der Mode die ursprüngliche Haartracht teilweise - weg-
gesclilagen und durch eine andere ersetzt habe. Allein wenn die
Haartracht früher eine andere war, so konnte es nicht die gewöhn-
liche der Mamaea gewesen sein • denn die Haare der chiaramonti-
schen Büste haben von jeher den oberen Teil der Ohren bedeckt,
während dort gerade das Herabhängen hinter den Ohren und das
freie Vortreten der letzteren das Charakteristische bildet. Und
wiederum ist die angeblich an ihre Stelle getretene jetzige Frisur keine,
die in der damaligen Zeit Analogieen hat, man müsste denn den
Kopf der Paulina, der Gemahlin des Maximin (Mtinztaf. III. 13) als
solche nehmen, unter deren Schleier ein ähnliches Knäufchen sich
zu verbergen scheint. Doch sitzt es tiefer und die Seitenhaare sind
 
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