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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,3): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Von Pertinax bis Theodosius — Stuttgart u.a., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.1111#0157

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Büsten im Braccio nuovo, in Berlin, im Louvre.

143

Die Büste des Braccio nuovo (1) ist die bestgearbeitete und
die besterhaltene von den dreien, und wenn man die schönsten
Münztypen zu Grunde legt wie z. B. das Wiener Medaillon (Münz-
taf. IV. 4), auch die bestempfohlene. Sie giebt das Alter, die all-
gemeine Kopfform, den Lauf der Haargrenze, die charakteristische
Form der Nase und des Mundes dieser Münztypen in nicht zu be-
streitender Aehnlichkeit wieder. Auch der düstere, fast leidende
Ausdruck der Augen, der übrigens bei dem Vater des jungen Phi-
lippus nicht befremden kann, scheint bis zu einem gewissen Grad
auf dem genannten Medaillon und seinen Wiederholungen angedeutet.
Die Frage ist, darf man es auf diesen einen Münztypus oder auf
diese eine Gruppe von Münzen abstellen, wenn andere und zahl-
reichere widersprechen? zumal da doch auch ein paar Züge, wie
die horizontal laufenden Brauen und die leichte Ausladung des
Stirnhaares an jenem Medaillon gemessen als unphilippisch er-
scheinen ?

Die Berliner Büste (9) hat vor den beiden andern den über-
lebensgrossen Massstab voraus. Sie ist, wie auch die Pariser, flüch-
tiger gearbeitet als die des Braccio nuovo, obwohl vielleicht eben
deshalb mehr im Stil der in Frage stehenden Zeit, namentlich
was die Ausführung von Haar und Bart betrifft. Ihre Benennung
gründet sich nicht sowohl auf das genannte Medaillon, als auf den
Durchschnitt der Grossbronzen, welche meist einen unruhigeren
Ausdruck und weniger edle Formen zeigen (ein Beispiel Mtinz-
taf. IV. 5). Die schräge kleine Furche links auf der Stirn wird
von den Herausgebern des Skulpturenverzeichnisses als Narbe ge-
fasst und mit einer ähnlichen am Kopf des Braccio nuovo in Ver-
bindung gebracht.

Die Benennung der Pariser Büste endlich (6) würde am
ehesten durch diejenigen Medaillons beglaubigt, wo der Kaiser mit
seiner Gemahlin und seinem Söhnchen zusammen dargestellt ist (ein
Beispiel Münztaf. IV. 8)1; doch ist die Beglaubigung entschieden
schwächer als hei den beiden vorigen. Die Büste unterscheidet sich
von ihnen durch die schräg zur Nasenwurzel gezogenen Brauen und
durch die breiten Lider, welche dort vom Augenmuskel verdeckt
sind, ferner durch die volle Unterlippe und das gerundete Kinn,
namentlich aber durch die grössere, auch auf den Hals sich er-
streckende Bärtigkeit. Sie für die gleiche Person zu nehmen wie
eine von jenen beiden, könnte kaum gerechtfertigt werden.

1 Noch ähnlicher das Exemplar bei Grueber u. Poole Rom Med. in the
brit. Mus. pl. 44. 3.
 
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