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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,3): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Von Pertinax bis Theodosius — Stuttgart u.a., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.1111#0159

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Mögliche Otacilien.

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wölbte Stirn, eine eclel geformte gerade Nase, ein schönes und
stolzes Gesicht von vollen, doch nicht fetten Formen.

Von den Marmorbildnissen mit entsprechender Frisur werden
verhältnismässig ziemlich viele auf Otacilia bezogen, wie denn diese
Kaiserin, abgesehen von Salonina, auch länger als die andern hier
in Betracht kommenden ihrer Würde genoss (5 Jahre). Indes finde
ich keine darunter, mit denen sich der Münztypus in völlig zu-
treffender Weise deckt. Und gerade weil der letztere hier einmal
ein so bestimmtes und einheitliches Bild giebt, verlangt man auch
von den Büsten mehr als blosse Aehnlichkeit, oder kann man
wenigstens nur dann ein sicheres Bildnis anerkennen, wenn der
Eindruck der Gleichheit auch wirklich ein überzeugender ist.

Als am ehesten zu dem Namen Otacilia berechtigt nennen wir
zunächst noch einmal die bei Tranquillina erwähnten zwei Bildnisse
des Museo Chiaramonti Nr. 233 (sogenannte Mamaea) und im
Lateran Nr. 193, mit den breit aufliegenden Augenlidern. Wenn
dieselben freilich mit den Büsten des brit. Museums und in
Bossie Priory (oben p. 138), welche das gleiche Merkmal zeigen,
identisch, so wird man der Beziehung auf Tranquillina den Vorzug
geben müssen. Sonst aber, vorausgesetzt, dass sie ein und dieselbe
Person darstellen, also ein historisches Bildnis repräsentieren, liegt
Otacilia entschieden am nächsten.

Ferner hebe ich eine Münchener Büste, Glyptoth. Nr. 240 (abg.
Taf. XLIV) hervor, die in ihrer Art ebenso mit den Münzen über-
einstimmt, und die auch ihrer Unversehrtheit und sorgfältigen Arbeit
wegen für ein. gutes Paradigma angesehen werden müsste; offenbar
keine unbedeutende Person und im Alter (30—40 Jahre) zu Otacilia
passend. Doch sind mir keine weiteren Darstellungen von ihr be-
kannt, es müsste denn die gleich zu nennende Florentiner Büste
eine solche sein. Auch zeigt sie bei aller Aehnlichkeit eben doch
kleine Abweichungen von den Münzen, wie die mehr zugespitzte
als flache Scheitellinie, den schräg abfallenden Wirbel, die gerade,
oben nicht zurückgewölbte Stirn und die hässlich hohe Nasenlippe,
die es zusammen zweifelhaft machen, dass die Benennung die richtige.
Die Formen scheinen überhaupt für Otacilia nicht edel und regel-
mässig genug, der Ausdruck umgekehrt zu energisch. Das Brust-
stück könnte ursprünglich ebensogut einer männlichen Büste ange-
hört haben.

Sehr ähnlich und ebenfalls mit hoher Nasenlippe die unter-
lebensgrosse sogenannte Tranquilla (sic) in Florenz, Uffizien
Nr. 226 (Dütschke III. 227), die aber höher gewölbte Brauen hat

Bernoulli, Ikonographie. II. 3. 10
 
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