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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,3): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Von Pertinax bis Theodosius — Stuttgart u.a., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.1111#0167

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Capitolinische Büste (ja). Behelmte Statue (nein).

153

ziemlich individuelles Bildnis, in dem Energie und Gutmütigkeit
eigentümlich gemischt erscheinen (Münztaf. IV. 11. 12) h

Von Denkmälern, die mit Recht auf Trajan Decius bezogen
werden, kenne ich nur eines, nämlich

Die Büste des capitolinischen Kaiserzimmers Nr. 70 (abg.
Taf. XLVI)1 2: Ein älterer, ca. 60jähriger Römer des 3. Jahr-
hunderts von verwittertem Aussehen, überlebensgross, von frappanter
Aehnlichkeit mit den eben beschriebenen Münzen. Er hat eine
schmale Kopfform, kurz geschorenes über den Schläfen in Winkeln
zurücktretendes Haar, die Stirn an den Seiten kantig abfallend, von
Runzeln durchfurcht, namentlich in der Mitte der Unterstirn, tief-
liegende Augen und Wangenfalten. Nase, Mund und Kinn im
Profil ganz den Münzen entsprechend, indem auch die etwas hoch
sitzenden Nasenflügel sich so vorfinden. Höchstens geht der kurz-
geschnittene Bart etwas weiter am Hals herab. Eine charakter-
volle, trotz der militärischen Rauheit anziehende Physiognomie, die
mit nahezu vollkommener Sicherheit den Namen Decius bean-
spruchen darf.

Was für ein „schönes Brustbild des Decius“ der Cardinal
Albani nach England gehen liess, weil er es zu gut für diesen
Kaiser ansah3, weiss ich nicht.

Daneben hat nun neuerdings C. L. Visconti auch eine bei den
Grabungen auf dem Esquilin zu Tage gekommene, jetzt im Hof
des Conservatorenpalastes aufgestellte Porträtstatue (abg. im
Bullet, munic. 1879, Taf. 19. 20; vgl. p. 123 ff.) dem Decius zu-
gesprochen. Dieselbe ist in heroischer Nacktheit mit zurück-
geworfener Chlamys dargestellt, der Kopf von einem anschliessen-
den Helme bedeckt, ein Costiim, das nach römischer Symbolik
darauf zu deuten scheint, dass die betreffende Person als Mars ge-
fasst sei. Eine solche Auffassungsweise in Verbindung mit dem über-
lebensgrossen Massstab (2,50 m), meint Visconti, passe nur für einen
Kaiser und von Kaisern könne den Gesichtszügen nach nur Decius ge-
meint sein. Dazu stimme einerseits sehr gut der kriegerische Charakter
des letzteren, andrerseits die der Mitte des 3. Jahrhunderts an-
gehörige Arbeit der Statue. Wenn das Alter etwas jünger er-
scheine, so sei dies durch die vergöttlichte Auffassung motiviert.

1 Dem unter Nr. 12 gegebenen Typus (mit der Strahlenkrone) ist der schöne,
aber ohne Zweifel moderne Onyx bei Ca des 41. Nr. 597 nachgebildet.

2 Bottari II. 72.

3 Winck. W. VI. 1. p. 337.
 
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