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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,3): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Von Pertinax bis Theodosius — Stuttgart u.a., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.1111#0169

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Münzen der Etruscilla. Wiener Büste.

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Gotenkrieg, der zur Erhebung des Decius führte (249), bereits eine
Befehlshaberstelle unter seinem Ämter inne, was doch ein Alter von
mindestens 20 Jahren voraussetzen lässt, daher wird man die
Kaiserin nicht viel unter den Vierzigen schätzen dürfen.

Auch die Münzen lassen im Ganzen auf ein höheres Alter
schliessen, sowohl die Münztypen an sich, als der Umstand, dass
Etruscilla auf denselben zum Teil noch mit der Frisur der Mamaea
erscheint (Münztaf. IV. 14) 1. Sie geben aber kein so einheitliches
Bild wie die der Otacilia und es sind nicht leicht bestimmte Züge als
ihr eigentümlich hervorzuheben. Das Profil ihres Kopfes hat, mit
j ener verglichen, einen magereren und man möchte sagen, bescheideneren,
weniger stolzen und vornehmen Charakter. Das Untergesicht tritt
mehr zurück,- Stirn und Käse bilden vielleicht einen stärkeren
Winkel. Das greifbarste Unterscheidungszeichen und eines, das
auch den übrigen Kaiserinnen gegenüber Geltung hätte, wäre die
Schlichtheit des Haares. Dieselbe findet sich aber nicht überall,
sondern nur da (ob immer?), wo sie nach der Mode der Zeit (wie
Tranquillina, Otacilia) frisiert ist, mit bis auf die Höhe des Kopfes
emporgelegter Nackenflechte (Münztaf. IV. 13). Wo sie das Haar
nach Art der Mamaea trägt, ist dasselbe gewellt.

Je nachdem mehr dieses oder jenes Kriterium (Haar, Profil,
Charakter) betont, dieser oder jener Gesichtspunkt in den Vorder-
grund gestellt wird, kann man sehr verschiedene Büsten für Etrus-
cilla nehmen.

In Beziehung auf die allgemeinen Proportionen, auf Frisur
und Charakter der Haare würde dem Münzbild, so weit ich nach-
träglich urteilen kann, vielleicht eine Wiener Büste am nächsten
stehen (abg. Taf. XLVII)2. Eine angehende Matrone mit reichem,
schlicht gekämmtem Haar und herübergelegtem Scheitelzopf, von
trübem, mürrischem Ausdruck, der teils auf den schmalgeschlitzten
oder nur wenig geöffneten und abwärts gerichteten Augen, teils
auf den etwas emporgezogenen Mundwinkeln beruht, mit horizontal-
laufenden Brauen, anmutig geschwungenen Lippen und leichtem
Doppelkinn, im Ganzen allerdings von einem Adel der Formen, wie
man ihn den Münzen nach eher bei Otacilia als bei Etruscilla
suchte. Indes gerade ein paar der schöneren Grossbronzen, wie
z. B. das Medaillon bei Lenormant Icon. pl. 61. 6, stimmen sehr

1 Imhoof Porträtköpfe auf röm. Münzen Taf. III. 49.

2 Nach der Publikation bei v. Sacken Die ant. Skulpturen, Taf. 26. 2.
Wahrscheinlich die angebliche Sabina im Cat. v. Sack. u. Kenn. Nr. 285.
 
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