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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 2,3): Die Bildnisse der römischen Kaiser: Von Pertinax bis Theodosius — Stuttgart u.a., 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.1111#0226

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4

212 Constantin der Grosse.

Constantin war ein tapferer, unerschrockener Mann, von scharfem
Verstand, klarem Willen und von unermüdlich vielseitiger Thätig-
keit, aber in seinem ganzen Streben nicht sowohl von genialen
staatsmännischen Gedanken als von seinem persönlichen Ehrgeiz
und von seiner Herrschsucht geleitet. Adel der Gesinnung, Pietät,
Hochherzigkeit war ihm fremd, kalte Politik das Alles beherrschende
Motiv seiner Handlungen. Man hat ihn seinem Charakter und
seiner Weltstellung nach einen zweiten Augustus genannt; noch zu-
treffender, wenigstens für den Charakter, dürfte der Vergleich mit
Napoleon I. sein.

lieber sein Aeusseres liegen keine zuverlässigen Nachrichten
vor. Denn die gelegentlichen panegyrischen Auslassungen des Eu-
sebius, wonach sich Niemand an Schönheit und Stattliclikeit des
Körpers mit ihm vergleichen konnte x, so dass er unter den Andern
wie ein Abgesandter der Gottheit erschien1 2, dürften, selbst wenn
etwas formell Bestimmtes damit angedeutet wäre, nicht auf jenes
Prädikat Anspruch machen. Noch weniger die Angaben des Malalas,
die übrigens grade hier ungewöhnlich kurz sind, indem er bloss
einen hohen Wuchs und rötliche Hautfarbe an ihm hervorhebt3.
Doch besitzen wir noch die Schilderung eines andern Byzantiners,
Cedrenus, der möglicher Weise auf bessere Quellen zurückgeht.
Danach4 war Constantin „mittelgross, von breiten Schultern und
fettem Nacken, weshalb man ihn Trachelas (dicknackig) nannte. Er
hatte eine rpte Hautfarbe, dünnes und schlichtes Haar, sowie einen
spärlich sprossenden, nur hier und da ins Gesicht tretenden Bart,
eine etwas gekrümmte Nase, Löwenaugen und eine immer heitere
Miene“. Dass er als Kaiser einen Bart getragen, wie man aus
dieser Stelle entnehmen sollte, scheint allerdings sehr zweifelhaft;
die Münzen bestätigen es nicht. Vielleicht liegt in der Angabe des
Cedrenus von dem unschönen Wuclis des Bartes nur der Grund,
warum Constantin sich rasierte; grade wie bei Hadrian ein ähn-
liches Motiv für das Wachsenlassen des Bartes angegeben wird5.
Den dicken Nacken oder vielmehr den darauf basierten Spitznamen
finden wir schon bei Aurelius Victor6 überliefert; er deutet ihn
aber in bildlichem Sinn als Bezeichnung eines Irrisors, worin ihm
der Physiognomiken Polemo zur Seite steht.

1 Eus. I. 19.

2 Eus. III. 10. 3.

3 Mal. 13. p. 316. 5.

4 Cedren. I. 472. 23 ff.

5 Rom. Ikonogr. II. 2. p. 106.

6 Vict. Epit. 41.
 
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