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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Rungg, Joseph: Zur Frage der Raumgestaltung: aus dem Schaffen des Architekten Prof. Dr. Fritz Müller, Innsbruck
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0106

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ZUR FRAGE DER RAUMGESTALTUNG


FRITZ MÜLLER-INNSBRUCK U. KARL SEVERIN UNTERBERGER-SCHWAZ: KRIEGERDENKMAL B. BRIXLEGG

Als Lösung des Konfliktes des Menschensterbens steht alles beherrschend im Raum
auf einem mit der Axt gehauenen Balkentor aus Holz das von sanften Lichtwogen
umflossene Kreuz von einem Rundbogen überhöht. Unter diesem Tor der Pforte, durch
die wir alle einmal durchmüssen, steht ernst und majestätisch der Sarkophag. So ein-
fach und so wuchtig wirkt dieser Sarkophag, als ob er das Horazische: „Monumentum
aere perennius“, — ein Denkmal dauerhafter als Erz und Stein — verkünden wollte. Und
über dieser dunklen Wucht schwebt das lichte Kreuz. Wahrlich die schönsten Gedanken
eines Christen und Künstlers! Vom erhöhten Teil des Raumes führen Stufen zu einem
quadratischen Parterre, auf dessen Rändern auf Ziegelsockeln in Tischhöhe Holzbalken
rundum laufen. 50 Balkenstücke ragen aus den herumlaufenden Holzbalken heraus; auf
jedem ist ein offenes Licht gestellt und ein Kranz gehängt. Dahinter steht immer eines
von den 50 großen Bänden des Ehrenbuches. Inmitten des Raumes entbreitet auf wildem
Felsblock, der aus dem Boden zu entspringen scheint, der rote Adler Tirols, geschmückt
mit dem goldenen Geschmeide seines Ruhmes, die Schwingen, als ob er alle die Toten,
die in diesen Büchern, die rings an den Wänden aus Tannenreisig wie eine lebendige
Bilanz des großen Ereignisses hervorschauen, in Schmerz und Liebe umfassen wollte.
Und vor diesen Büchern, deren jedes die Toten eines Gerichtsbezirkes enthält, flackert
die Öllampe ruhig und geheimnisvoll wie in Grüften.
 
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