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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Grundsätzliches
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i86 RUNDSCHAU: GRUNDSÄTZLICHES — BERICHTE AUS DEUTSCHLAND

Rundschau

Grundsätzliches
MODERNER KÜNSTLER
UND RELIGIÖSE KUNST
Im Novemberheft der von den Professoren der
katholischen Mailänder Universität herausgege-
benen Zeitschrift »VitaePensiero« veröffentlicht
Vicenzo Costantini einen Aufsatz über die reli-
giöse Kunst in Italien, der wegen seiner grundsätz-
lichen Einstellung zur modernen Kunst auch über
Italien hinaus Interesse beanspruchen darf. Die
Hauptgedanken Costantinis seien hier in Kürze
herausgehoben.
Die neueste Kunst (L’arte avanguardista) in-
spiriert sich am Grauenhaften und Häßlichen, weil
die Seele des Künstlers abgeirrt und ungesunden
krankhaften Strömungen ausgeliefert ist. Und doch
sind diese modernen Künstler nicht einfach bei-
seite zu lassen, zu verachten oder zu verlachen,
denn sie stellen das Beste, das Lebensvollste der
gegenwärtigen Gesellschaft dar, deren Exponenten
sie sind.
Costantini verweist auf die sympathischen und er-
folgreichen Bemühungen der katholischen Schweiz,
die gerade Architekten und Maler der modernen
Richtung mit Aufträgen bedacht hat. Vorher hat
sich freilich das religiöse Bewußtsein der Künstler
neubelebt. Nachdem einmal der neue Geist, die
katholische Seele neugebildet war, kam der Aus-
druck, die Form, die religiöse Kunst von selbst,
mit innerer Notwendigkeit.
Auch in Italien sind seit dem Kongreß von
Ravenna 1921 Anstrengungen in diesem Sinne ge-
macht und wiederholt religiöse Exerzitien für
Künstler veranstaltet worden. Aber im allgemeinen
wird in Italien gerade den hervorragenden Künst-
lern nur selten ein Auftrag religiöser Kunst er-
teilt. So werden die besten Talente nicht in dieser
Richtung orientiert und bleiben sich selbst über-
lassen. Gern erkennt Costantini die Verdienste der
Mailänder Kunstschule Scuola Beato Angelico
an, die das rein Handwerksmäßige in der reli-
giösen Kunst wirksam bekämpfe. Aber damit ist
die Frage nicht gelöst. Was nottut ist dieses: die
Gabe der schöpferischen Kraft muß dort gesucht
werden, wohin sie die Vorsehung verliehen hat.
Und die begabten Männer, die wirklichen Künst-
lerberuf und Künstlerbefähigung haben, stehen
immer in der vordersten Reihe. Allerdings, das
sei zugegeben, die besten Talente sind heute vom
Wege abgeirrt. Sollen wir sie aber deshalb auf-
geben? Nein, wir dürfen sie nicht darum abweisen,
weil sie sich ausdrücken in einer künstlerischen
Sprache, die wir nicht teilen. Es wäre stumpf-
sinnig, ihnen künstlerische Befähigung abzuspre-
chen, weil sie stilistische Verbildungen schaffen,
die uns beunruhigen. Nicht deshalb schaffen sie
solche Verbildungen, weil es ihnen an Talent fehlt,
sondern weil ihre Seele aus trüben Quellen schöpft.
Wenn ihr Talent heute solche Werke schafft, mor-
gen kann es den würdigen Ausdruck finden, der
erfüllt ist von wahrhaft religiöser Inspiration.
Rich. M. Staud

Berichte aus Deutschland
RELIGIÖSE EINKEHR
FÜR BILDENDE KÜNSTLER
IN DER ERZABTEI BEURON
Ein erster Versuch des Kunstvereins der
Diözese Rottenburg
TAie Jahrhundertfeier der Diözese Rottenburg sah
bekanntlich eine Ausstellung religiöser Gegen-
wartskunst. Tausende von Besuchern fühlten erst-
mals dieser Art die vorwärtsdrängenden Kräfte,
Ideen und Probleme der religiösen Kunst unserer
Tage. Die Ausstellung darf als gelungen bezeichnet
werden und legt Wiederholungen nahe.
Allein mit der Ausstellung lenkte sich der Blick
wie von selbst auf die Künstler, die sie beschickt
hatte, auf die geistige Umwelt, in der sie leben.
Und wenn nun durch die Welt von heute, soweit
sie gläubig, ein Zug der Selbstbestimmung und
Vertiefung geht; wenn wir die Welt der Akade-
miker, der werktätigen und studierenden Jugend,
unsere sonstigen katholischen Verbände von der
»Unruhe zu Gott« erfaßt sehen: da sollen die-
jenigen abseits stehen, deren Werke wie keine an-
deren aus Menschenhand unmittelbar von Gott
sprechen, deren Werke wahre Wesensmerkmale
des Christentums tragen oder tragen sollen? Was
sagt ein Fra Angeliko: »Die Kunst fordert viel
Ruhe, und um Christi Dinge zu malen, muß man
mit Christus leben.«
Nein, die Welt unserer schöpferisch tätigen
Künstler folgte mit Freuden einer Einladung des
Diözesankunstvereins, näherhin seines so rührigen
Vorsitzenden, Pfarrer Albert P f e f f e r - Laut-
lingen, zu Einkehrtagen in der Erzabtei Beuron, so
weit nicht persönliche Verhinderung im Wege stand.
Auch aus Baden waren einige Berufsgenossen
aus dem Reiche der bildenden Kunst erschienen.
Die Erzabtei Beuron, diese Gottesburg inmitten
der Felsen- und Waldeswelt der Donau, bot einen
Willkomm, der erkennen ließ, wie auf diesem Fleck
Erde die schönen Künste und ihre Vertreter ge-
wertet werden; der hochwürdigste Herr Erzabt
A. Raphael Walzer selbst eröffnete die Tagung
im Festsaale der Abtei, der eine so diskrete und
doch feierliche farbige Einstimmung zeigt. Erz-
abt Dr. Walzer fand bei Darlegung der inneren
Beziehungen zwischen Kirche und Kunst, die beide
einander brauchen, Worte, die das Feingefühl für
die Psychologie des Augenblicks verrieten und die
Herzen so recht aufschlossen für das, was sonst
die Tage boten, forderten an innerem und äuße-
rem Erleben inmitten eines Gottesstaates, dessen
Erdenzweck Anbetung in Liebe und Frieden ist
und dessen feierliche Ämter ein »Schreiten im
Ebenmaß vor der Arche« sind, so hehr wie der
»Gang des Heeres der Sterne«.
Es kann hier nicht der Ort sein, die Grundge-
danken der Vortragsreihe zu geben, die sich in den
Tagen des 9.—13. November vollzog. Da der in
der Diözese Rottenburg beschrittene Weg aber
auch anderwärts zur Nachahmung reizt, ja reizen
muß, sei das Programm in seinen Hauptzügen
hier wiedergegeben. Es sprach bei der Eröffnung
nach dem hochwürdigsten Erzabt Dr. Walzer
 
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