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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Matthey, Werner von: Neue sakrale Bildwerke Hildegard Domizlaffs
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Wackernagel, Martin: Helen Wiehens religiöse Wandmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0260

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230 HELEN WIEHENS RELIGIÖSE WANDMALEREIEN
Die neuzeitliche vorwiegend ästhetisch gerichtete Kunst hat den Sinn für das farbliche
Element in der Skulptur verloren. Von jeher aber war religiös bestimmte Kunst nicht
Angelegenheit der Wenigen und Kenner, sondern zu allen Zeiten lebendiges Symbol der
aufschauenden Volksgemeinschaft, von der getragen, aus deren Grund und Mitte sie
gewachsen war. Da nun im edelsten Sinne volkstümliche Kunst (d. h. jedoch ganz und
gar nicht populäre Kunst!), nach stärkerer Betonung und Nüancierung verlangt, als das
Plastische allein sie zu geben vermag, ist Farbe für das Kultbild im Kircheninnenraum
unerläßlich, soll anders es sprechen und ergreifen. Dieses war das bestimmende Moment
für die Gestaltung der Bildwerke in Weiler und Wattenscheid, und man kann sagen, daß
es sich tatsächlich von überzeugender Wirkung erwiesen hat. Aus solcher demütigen
Haltung, aus solchem Dienst im Sinne der Kirche, die das Wesen Hildegard Domizlaffs
ganz erfüllt, in williger Unterordnung in das Objektiv-Liturgische, ist echte und wirkliche
Volkskunst entstanden. Eine Kunst aber zugleich, die des Persönlichen und Eigenständigen
nicht enträt, die vielmehr Zeugnis ablegt von ausgesprochen schöpferischem Wollen und
Vollbringen. Eine Vorkämpferin ist die Künstlerin, und heute steht sie noch fast allein
da, doch liegt gerade darin ihre Bedeutung für die zeitgenössische christliche Kunst.

HELEN WIEHENS RELIGIÖSE WANDMALEREIEN
Von MARTIN WACKERNAGEL
T m Dreikönigen-Gymnäsium in Köln ergab sich unlängst, bei Anlaß der Neuher-
-*■ richtung der Aula, der Gedanke und Wunsch, auf der Eingangswand dieses Saales ein
Monumentalbild ausführen zu lassen, das als wirkungsvollster Schmuck der den ganzen
Raum überschauenden breiten Halbkreisfläche, zugleich auch die im Schulgebäude sonst
noch nicht vorhandene bildhafte Verherrlichung der heiligen Schutzpatrone der Anstalt
darstellen könnte.
Ausreichende Geldmittel allerdings standen nicht mehr zur Verfügung; für die Über-
nahme dieses Auftrags. konnte also wohl nur ein Künstler in Frage kommen, der auch
ohne ein angemessenes Honorar, schon durch die ehrenvolle Ansehnlichkeit und Anregungs-
kraft einer solchen Aufgabe sich würde locken lassen.
Gerade zu jener Zeit hatte nun eine in Köln niedergelassene junge Leipziger Malerin,
Helen Louise Wiehen, bei der Ausschmückung der Taufkapelle eines Kirchenneubaus
in der Kölner Bannmeile sich erstmals und gleich mit ausgezeichnetem Erfolg in monu-
mentaler Figurenmalerei versucht. Ihr konnte nichts willkommener sein, als diese Mög-
lichkeit, ihre bei der vorausgegangenen Arbeit freudig verspürte und erwiesene Begabung
zum großen Wandbild weiter betätigen zu dürfen, und die im beschränkten Raumgehäuse
jenes Taufkapellchens vielfach beengten Schwingen nun einmal ganz ungehemmt und
frei zu entfalten. So kam es denn — nachdem allerlei äußere Widerstände glücklich
überwunden waren — daß in den Sommermonaten dieses Jahres das große Dreikönigs-
bild ins Leben trat, das wir in den Abb. S. 231 und 232 erstmals veröffentlichen.
Zur Ergänzung der unzulänglichen Vorstellung, die diese Abbildungen vermitteln, sei
das Folgende mitgeteilt:
Im ersten Eindruck des ca. zehn Meter breiten, im Scheitel rund drei Meter hohen
Wandfeldes klingt vor allem heraus die festliche Freudigkeit und der ungemein delikate,
persönlich abgestimmte Zusammenklang der Farbe; dazu die großförmige Ruhe des ganzen
Bildaufbaues, der hier nicht, wie sonst häufig nur als eine in monumentales Format auf-
gesteigerte Dekoration erscheint, sondern als wirkliche, wesensechte Monumentalmalerei.
Diese Qualitäten des Gesamteindrucks aber werden dem näher Herantretenden vollauf
bestätigt und in ihrem Ineinandergreifen erst recht erkennbar.
Ruhevoll, flächenhaft ausgebreitete Anordnung aller Bildteile, das mußte als das erste
Gebot für eine möglichst gefestigte Monumentalwirkung vornehmlich erstrebt werden.
Daher in der Mittelpartie der Komposition die nur eben andeutende, absichtlich nicht
realistisch durchgebildete Körperlichkeit und Perspektivik des Muttergottesthrones und
des ihn umfassenden zierlichen Raumgehäuses. Daher in den seitlichen Abschnitten die
ganz knapp gefaßten Andeutungen des landschaftlichen Ortes, ein fast nur koloristisch
mitsprechender Terrainstreifen mit vignettenhaften Gebäudekulissen und darüber die große
 
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