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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Berichte aus Deutschland
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RUNDSCHAU: BERICHTE AUS DEUTSCHLAND

Rundschau

Berichte aus Deutschland
DIE GROSSE KÖLNER PRESSEAUS-
STELLUNG1)
f Aas Schönste an der Pressa (es ist ein entsetz-
lieh marktschreierischer Name) — darüber
ist man mit sich schnell im Reinen — ist der neu-
eröffnete Blick auf das alte Köln. In seiner
ganzen Einzigartigkeit wird von den fast zwei
Kilometer langen neuen Uferbauten des rechten
Rheinufers aus das alte heilige Köln in immer
wieder auch den alten Liebhaber überraschenden,
sich dauernd wandelnden Bildern lebendig, steigt
Architektur auf, die um ihrer selbst willen, d. h.
um Gottes willen gebaut wurde. Es ist zu natür-
lich, daß die jungen Bauten des großen rechts-
rheinischen Kölns vor einem solchen Gegenüber
einen schweren Stand haben. Da drüben ist
Maß und Ziel für die Ewigkeit errichtet; nicht
in der Form, das braucht wohl nicht betont zu
werden, aber im Gehalt. Man kommt gar nicht
um den Gedanken herum, er steigt überschattend
hinter einem türmig auf, wenn man von dem
neuen Uferweg hinübersieht, daß die ungeheuren
Summen, die die Pressa verschlungen hat, ja
auch einmal demselben eigentlichsten Sinn der
Welt hätten dienen können, der dort drüben in
solchen Gestalten sich aufgerichtet hat, daß dem
Dom gegenüber sich so ein anderer Eckstein
abendländischer Geistigkeit errichtet hätte, daß
der Strom dann als Bindeglied durch das neue
zweiufrige Köln hindurchflösse, das doch nur das
eine alte heilige ist. Denn das ist auf jeden Fall,
die große städtebauliche Aufgabe, die von jedem
zu lösen war, der das rechte Ufer Kölns bebauen
wollte: zu machen, daß der Rhein nicht mehr an
Köln vorüber, sondern durch Köln hindurch
flösse, denn das tat er ja in geographischem und
manch anderem Sinne, aber nicht im eigentlichen.
Dem Erbauer der Ausstellung, Baudirektor
Abel, war also eine Aufgabe gestellt, wie sie in
gleicher Größe in Deutschland so leicht nicht
wieder zu vergeben sein wird, die aber auch an
Schwierigkeiten nichts zu wünschen übrig ließ.
Da war einmal das kritische Gegenüber. Zum
andern ist aber zu bedenken, daß der Baumeister
im Verfolg seiner Ideen durchaus nicht frei war.
Er war an eine Reihe von Gegebenheiten ge-
bunden. Dazu gehörte unter anderem die Not-
wendigkeit, das Gebäude der Heribertsabtei zu be-
rücksichtigen, in wesentlichen Teilen die alte Kü-
rassierkaserne zu verwerten, wie die Innenbauten
der alten Messehalle. Und wenn man nun, das
Ganze betrachtet, wohl sagen kann, daß Abel die
Aufgabe, den Rhein ins Innere Kölns zu ver-
legen, gelungen ist, daß er die städtebauliche
Aufgabe, aus der größten Perspektive gesehen,
gelöst hat, so bedeutet das für den Baumeister
ein hohes Lob. Uns aber erfüllt das Geschaffene
mit froher Zuversicht im Hinblick auf das
Heraufkommen neuen architektonischen Kön-
nens, das in vielfachem Sinne die Voraussetzung
einer Neubelebung auch der anderen Künste dar-
stellt. Wenn dann auch der rechtsrheinische
ä) Anmerkung der Redaktion: Wenn auch wegen anderer
dringender Sachen zurückgestellt, bringen wir wegen der Wich-
tigkeit der Ausstellung noch nachträglich diesen Bericht.

Dom noch erst gebaut werden muß, so ist das
Vollbrachte doch einer durchfühlenden Be-
trachtung wert, denn es sind neue architek-
tonische Lebendigkeiten wachgerufen, die auch
in diesen Blättern Aufmerksamkeit verdienen,
wie denn die Grenzen profaner und sakraler
Architektur immer fließend gewesen sind, indem
die architektonischen Grundfragen für beide
Welten dieselben sind, und beide sich jeweilig
gegenseitig befruchtet und angeregt haben. Mit
der Heribertsabtei steckt aber auch eine echt
sakrale Baugruppe in der sich von dort ent-
faltenden Bauwelt.
Seine große Aufgabe ist Abel, um es gleich
einmal mit einem Begriff zu umreißen, durch
eine Bescheidenheitsleistung gelungen, indem er
sowohl die Architektur der Gärten als der Bau-
ten auf den Promenadengedanken gegenüber
dem alten Köln eingestellt hat. Zunächst einmal
im buchstäblichen Sinne: wir haben jetzt eine
wohlgebaute Promenadenstraße, d. h. einen in
den anliegenden Bauten wohl verankerten Pro-
menadenraum, bald breit, bald schmal und doch
geruhsam, dem alten Köln gegenüber, und von
der Rheinterrasse aus abwärts einen ganzen
Aussichtspark auf eine der ewigen Städte. Da-
mit ist aber der Sinn des Promenadengedankens,
wie er hier gemeint ist, noch längst nicht um-
schrieben. Damit wäre man ja immer noch auf
dem anderen Ufer wie in einem anderen Land.
Erst dadurch ist man es nicht mehr, daß die
neuen Bauten selber Wertbauten sind, echte
Architektur sind. Denn echte Architektur ist sich
immer irgendwie verwandt. Die Baugeste Abels
ist nicht nur äußerlich, sondern zum guten Teil
auch innerlich geglückt. Man kann wohl sagen,
daß die Pressabauten in ihrem edelsten Teile den
Dingen drüben auch innerlich verwandt sind.
Sehen wir daher einmal etwas näher zu und er-
ledigen dabei auch die Einzelheiten, die uns noch
im besonderen angehen.
Der geistige Drehpunkt, die archifektonische
Keimzelle der ganzen Anlage liegt an der Hänge-
brücke, in der Baugruppe der alten Benediktiner-
Abtei Deutz. Von dieser heiligen Stätte aus, von
der vor vielen hundert Jahren fromme Mönche
den Kraftstrom der Künste und Wissenschaften
in die Lande am Rhein geleitet haben, entfaltet
sich die Ausstellung. Es muß das betont werden
gegenüber der vielfach vorgebrachten Meinung,
als wenn der Organisationspunkt der weitläufi-
gen Anlage in dem Rondellplatz am Staatenhaus
gegeben wäre. Dort liegt vielmehr die Stelle der
architektonischen Desorganisation, mag er auch
zufällig die ungefähre Mitte des Ausstellungs-
geländes abgeben.
In der alten Heribertsabtei ist die katholische
Sonder schau untergebracht worden. Und das
muß man sagen, eine würdigere und stimmungs-
vollere Unterkunft als in diesen Räumen hätte
sie nicht finden können. Das architektonische
Problem, das die Ausstellung im Großen bietet,
Altes mit Neuem zu verbinden, wiederholt sich
hier auf engerem Raum. Und wiederum ist man
von den Leistungen im allgemeinen hoch erfreut.
Die Herrichtung des alten Baues, über dessen
künstlerischen Wert hier nichts gesagt zu werden
braucht, war in die Hände von Professor Domi-
nikus Böhm gelegt worden, d. h. in die richtigen
 
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