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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Berichte aus dem Ausland
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Neue Kunstwerke
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BERICHTE AUS DEM AUSLAND — NEUE KUNSTWERKE

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aufruht, ist zum Teil sumpfig und zum Teil sand-
haltig. Kleine Wasserläufe, die sich immer wie-
der von neuem ihren Weg um die Basis des
Turmes und durch seine Fundamente bahnten,
haben schon in alten Zeiten zu Vorsichtsmaß-
regeln Anlaß gegeben, aber erst im Jahre 1573
entschloß man sich zu einer radikalen Maßregel:
Man schuf rings um den Turm einen zementier-
ten ringförmigen Graben, der das Wasser abfan-
gen und weiterleiten sollte. Auch diese Wasser-
läufe sind genau untersucht worden. Die Quelle
zieht sich von Süden nach Norden, also im Ge-
gensinne zu der Neigung des Turmes. Hier, wo
die Neigung am stärksten ist, auf der Südseite,
geht eine sehr alte Verletzung fast durch das
ganze Gebäude. Man hat festgestellt, daß alle
marmornen Platten, die noch aus der Zeit der
Erbauung stammen, und die als Architrave der
Türen und der Fenster dienen, zerbrochen sind,
trotzdem aber noch scheinbar fest zusammmen-
halten, während alle, auch die älteren Architrav-
platten, die aus der Zeit der Wiederherstellung
stammen, unversehrt geblieben sind. Auch die
Treppenstufen weisen zum Teil Sprünge auf. Sehr
beschädigt sind namentlich die Stufen, die vom
dritten in das vierte Stockwerk führen. Im sie-
benten, dem letzten Stockwerk sind die steiner-
nen Glockenstühle noch imstande, aber die
Schlüssel und Bögen, vor allem der nach Süd-
westen, haben infolge der Erschütterungen beim
Läuten der Glocken gelöst. An den Säulenhallen
der äußeren Umkleidung des Turmes ist sehr viel
schon in früheren Zeiten erneuert worden; alte
Nachrichten aus den Rechnungsbüchern der
Dombauhütte bezeugen, daß seit der Mitte des
14. Jahrhunderts fortwährend Säulen, Kapitäle
und Postamente ausgewechselt worden sind.
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchungen ist,
daß die Neigung des Turmes dauernd zunimmt
und jetzt 4,22 m beträgt. Da die vorliegenden
älteren Messungen meist nicht zuverlässig genug
sind und die neueren Untersuchungen einen zu
geringen Zeitraum umfassen, so kann die Frage
nicht endgültig beantwortet werden, ob die Nei-
gung des Turmes gleichmäßig zunimmt, oder ob
elementare Ereignisse, wie das Erdbeben von
1846 und unvorsichtige Einsrriffe. wie «Re r8so er-
folgte Ableitung der unterirdischen Wasserläufe
in eine benachbarte Zisterne eine plötzliche Zu-
nahme der Senkung bewirkt haben. Außer Zwei-
fel ist jedoch, wie der Schreiber dieser Zeilen
wiederholt festgestellt hat, daß der Winddruck
und das Läuten der schweren Glocken deutlich
wahrnehmbare sogar beängstigend starke Schwan-
kungen des Turmes hervorrufen.
Nun ist ein englisches Unternehmen, das über
ein besonderes Plombierungsverfahren durch
Einlassen von flüssiger Zementmilch unter 7—8
Atmosphären Druck verfügt, mit der Aufgabe
betraut worden, die Einsturzgefahr zu beseitigen.
Ein ähnliches Verfahren ist mit großem Erfolg
am Mainzer und am Kölner Dom zur Anwen-
dung gelangt. Die Injektormaschinen, aus denen
Zement von besonderer Zusammensetzung in die
Höhlungen und Poren des brüchigen Gesteins
eingeführt wird, sind bereits in Pisa eingetrof-
fen, und die so dringend notwendige Arbeit
könnte beginnen, wenn nicht das faschistische
Syndikat der Ingenieure von Pisa dagegen Ein-
spruch erhoben hätte. In einer Tagesordnung, die
durch die Zeitungen verbreitet wird, heißt es,
daß die Sicherungsarbeiten am Campanile nicht

durch ein ausländisches Unternehmen, sondern
durch italienische Techniker und Baumeister er-
folgen müsse. Um diesem Verlangen den nötigen
Nachdruck zu geben, wird über den ministeriel-
len Sachverständigen-Ausschuß hinaus an die
höchsten Partei-Instanzen appelliert. Alles schön
und gut, wenn nur nicht wiederum durch ge-
kränkten Nationalstolz die schon seit Jahren ge-
planten und unaufschiebbaren Arbeiten zum Still-
stand kommen! Walter Bombe

FUNDE IN RAVENNA
Oei den letzten Grabungen an der Ostseite von
-'-'Santa Croce, der ältesten Kirchen von Ra-
venna, fanden sich die Mosaikfußböden zweier
Säle, die nach der Meinung des Leiters der Frei-
legungsarbeit, des Direktors des Museo Nazio-
nale, Dr. Filippo Di Pietro, zu dem römischen
Palatium, dem um das Jahr 402 errichteten
Palast des Kaisers Honorius, der Ravenna
zu seiner Residenz erwählt hatte, und zu dem
noch prächtigeren der Schwester des Kaisers, der-
Witwe des Westgoten-Königs Athaulf und spä-
teren Gemahlin des Kaisers Konstantins III., der
Galla Placidia, gehört haben.
Der eine dieser Mosaikböden muß, nach den
Ausmaßen der geometrischen Muster und des
breiten schwarzen Randes zu urteilen, außeror-
dentlich groß gewesen sein, der andere ist durch
den Einbau der Kirche Santa Croce sehr verklei-
nert worden. Die Mosaiken zeigen Rosetten,
Sterne, Flechtbandmuster, Ranken und Pfauen.
Die neu gefundenen Räume liegen auf gleicher
Höhe, wie die bekannte Grabkapelle der Galla
Placidia, und in unmittelbarer Nähe der Kirchen
Santa Croce, Sant’ Apollinare in Veclo und Santa
Maria Maggiore, die alle drei von der Kaiserin
gegründet wurden. Ein Teil des Palastes ist nie-
dergelegt worden,' um Platz für die nach 435 als
kaiserliche Hauskapelle errichtete Kirche Santa
Croce zu schaffen. Im 9. Jahrhundert hat Santa
Croce eine neue, höher gelegene Apsis erhalten,
weil sich der Boden Ravennas gehoben hatte.
Die neuen Funde werfen neues Licht auf die
letzten Jahre vor dem Untergange des weströmi-
schen Weltreiches, das hier in Ravenna seinen
Tod fand und damals von den Westgoten be-
drängt wurde. Angesichts der großen Wichtig-
keit der bisherigen Grabungsergebnisse ist es
sehr erfreulich, zu vermelden, daß die Arbeiten
mit Energie fortgesetzt werden. Walter Bombe
Neue Kunstwerke
Tn Neubiberg, einem östlichen Vorort Mün-
1 chens, wurde am 18. November eine mittelgroße
„Rosenkranz“-Kirche nach dem Entwürfe von
Architekt Bommel- München eingeweiht. Die
Kirche zeigt den Übergang von bodenständigerober-
bayerischer Bauweise zur modernen Auffassung.
In Friedrichshafen fand am 25. Novem-
ber die Einweihung der großen St. Petrus-Cani-
siuskirche statt. Erbaut wurde sie im modernen
Stile nach den Entwürfen der Architekten Prof.
W. L a n g - Friedrichshafen und Regierungsbau-
meister H. Schlösser - Stuttgart.
Für die Herz-Jesu-Kirche in Koblenz hat
die Kunstwerkstätte Cosmas L e y r e r - München
einen Christus-Rex als großes Altarstandkruzifix
mit sechs Leuchtern aus vergoldetem Kupfer nach
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