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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Habicht, Victor Curt: Vierthalers Majolikaplastiken an der St. Antoniuskirche in Hannover
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Berichte aus Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0305

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BERICHTE AUS DEUTSCHLAND 271
Linie. Die dabei, bzw. dafür gewählten Motive: Knien, Tragen des Kruzifixes und
Entrücktheit im Antlitz mit den fast geschlossenen Augen und bewußtes Beiseiteschieben
aller Konvention und weitgehende Verleugnung des Kreatürlich-Leiblichen — anstatt
Wiedergabe süßlicher »Schönheit« — zeugen nicht allein für ein tiefgehendes Verständnis
für das »Heilige«, sondern auch für eine gesammelte, bildhauerische Kraft, diese Erlebnisse
und Vorstellungen in überzeugende und packende Form zu bringen.

Rundschau

Berichte aus Deutschland
DAS BERLINER AUSSTELLUNGS-
JAHR 1928
TAas Berliner Ausstellungsjahr ist zu Ende ge-
gangen. Wenn man eine Bilanz aus dem vielen,
was gerade hier im Laufe der letzten Ausstellungs-
perioden geschehen ist, ziehen will, so kommt man
zu den verschiedenartigsten Ergebnissen. In die-
sen Spalten interessiert jedoch in erster Linie das,
was irgendwie zum Stoffkreis religiösen und spe-
ziell auch kirchlichen Kunstschaffens gehört. Im
großen Ganzen kann man nicht sagen, daß es an
ernsten Versuchen, sich mit religiösen Problemen
zu befassen, gefehlt hätte. Aber die unumgäng-
liche Bindung fehlte zumeist und fehlt. Persön-
liche Auseinandersetzungen, individualistische Lei-
stungen nützen uns nichts, wenn nicht die Auf-
gabe Einordnung und Brauchbarkeit der Objekte
erzwingt. Die Frage »der Wiederbegegnung von
Kirche und Kultur« wird immer brennender, und die
Parteien müssen angesichts der sich erneut so stark
mehrenden Auswirkungsmöglichkeiten einander
finden, soll nicht auf lange Zeit hinaus kostbares
ideelles Gut ungenutzt bleiben, zum Schaden aller.
Wie als große Mahnung und rechten Auftakt
möchten wir die BerlinerDürerausstellung in
der Akademie der Künste an den Anfang dieses
Sammelberichts stellen. Nahezu das gesamte gra-
phische Werk des Meisters, viele Handzeichnungen
und Entwürfe gab das Kupferstichkabinett her;
die preußischen Museen, Berlin und Kassel, liehen
ihre Dürerbilder, ehe sie nach Nürnberg wander-
ten. Schlicht und würdig wurde innerhalb solchen
Rahmens die Säkularfeier begangen. Dann folgte
die auf beträchtlicher Höhe stehende Frühjahrs-
ausstellung der Akademie, die auch jüngeren
Talenten mehr und mehr ihre Pforten geöffnet hat,
und zwar auch mit eigenem Gewinn. Daneben wur-
den besonders geehrt der märkische Altmeister Karl
Hagemeister und der Bildhauer August Kraus.
Die diesjährige »GroßeBerliner Kunstausstel-
lung« war als eine Art Aggregat verschiedenartig-
ster Verbände Richtungen und Stoffkreise schon
recht verwirrend und unübersichtlich geworden; sie
umfaßte das inzwischen entstandene »Kartell« der
Vereinigten Verbände bildender Künstler Berlins,
unter denen sich auch Gruppen wie »Der Ring«,
die bekannte Architektenvereinigung, die Abstrak-
ten, der frische Verein der Künstlerinnen u. a. be-
fanden. Das vielseitige Gesamtbild wurde durch
Kollektionen wie des alten Berliner Architektur-
malers Eduard Gaertner (1801—1877), dann vor
allem durch das imponierende Werk von Peter
Behrens, dem führenden Bauschöpfer, von dem
man auch die Wiedergaben St. Peters zu Salzburg
oder die Entwürfe für die Kirche zu Essen-Rel-

linghausen sah, ergänzt; hinzu traten die Wan-
derausstellung »Internationale Bankunst«, die sehr
reichhaltig ist, ferner Schweizer und problemati-
sche Russenkunst. Die »Berliner Sezession« be-
zog im Laufe des Jahres ihr neues, vom Architekten
Nachtlicht eingerichtetes Haus am Tiergarten;
nicht minder wichtig ist die Durchorganisation
dieser Berliner Künstlergruppe, die ebenfalls Blut-
zufuhr dringend benötigte. Ihre Veranstaltungen
zeigten Frische und Lebendigkeit, zuletzt stellte
sie einen ihrer neuen Führer, Karl Hofer, zur
Feier seines 50. Geburtstages kollektiv heraus;
das Bild dieses stilformenden, aus deutschem
Süden hierhergezogenen Meisters hat sich auch
mehr und mehr zu innerer Geschlossenheit und
Einheit abgerundet. Interessant ist aber dann auch
immer die »Juryfreie«, die der unermüdliche und
mutige Organisator Sandkul wiederum geleitet hat.
In ihr wurde, wenn auch nicht in dem Maße wie
im Vorjahre, abermals der religiösen Kunst
unserer Tage breiter Raum gewährt; es ging
darum, die Kontinuität dieses Ausstellungsge-
dankens zu wahren. Das ist dankenswert. Um
einen nach akustischen Gesetzen erbauten, eirun-
den Festsaal Hennings legten sich Räume, die
neuere Kirchenbaukunst, dann vor allem hervor-
ragende neue Werke musivischer Kunst, großenteils
freilich auch in Entwürfen, aufgenommen hatten.
So sah man Entwürfe und Modelle von Holzmei-
ster, Herkommer, Muesmann, Wach, auch
von neuerer Berliner Baukunst wie von Bischoff
und einem jüngeren, recht interessanten Archi-
tekten, Gör res; neben diesen katholischen Pro-
jekten waren auch solche der evangelischen Kon-
fession zu sehen, wir nennen Bräunings Rund-
kirche auf dem Tempelhofer Feld, dann für sich zu
werten als ein Hauptstück Mendelsohns israe-
litische Friedhofskapelle für Königsberg. In zwei
axialen Räumen sah man einen bedeutenden Wett-
bewerb, den für die Fenster der obengenannten
evangelischen Kirche: Waskes glutvolle Kartons
standen den zur Ausführung gelangten, gleißend
schönen und architektonisch glücklich erfaßten
Entwürfen Cesar Kleins gegenüber, die dem sa-
kralen besonderen Zweck, wie es sich an Ort und
Stelle heute ergibt, in hohem Maße gerecht ge-
worden sind. Mosaikentwürfe vonPlontke und
ausgeführte Mosaikausschnitte nach Eberz, für
die Frankfurter Frauenfriedenskirche, und Bab-
berger, für die Stiftskirche in Neustadt a. H., be-
reicherten das Bild stark. Auffallend überhaupt,
in welch hohem Maße süddeutsche und westdeut-
sche Kunst hier mitsprach und wie gut sie sich
auch dem Berliner Milieu einfügte. Als Plastiker
ragte unbedingt der Rheinländer Hein Minken-
b erg hervor, von ungewöhnlicher Schönheit waren
dieTeppiche, Stickereien von WilhelmRupprecht
(Gröbenzell); aus ihnen sprach der Geist, der
sakral zu denken und auszuführen versteht.
 
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