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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Schlegel, Arthur: Die Deutschordenskommende Donauwörth
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0138

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116

DIE DEUTSCHORDENSKOMMENDE DONAUWÖRTH
Von ARTHUR SCHLEGEL
TAer Deutsche Ritterorden hat das ganze 18. Jahrhundert hindurch in Süddeutschland
eine äußerst rege Bautätigkeit entfaltet. Die meisten Ordensbauten sind in den zwanziger
und dreißiger Jahren entstanden, aber auch noch das letzte Drittel des Jahrhunderts brachte
mehreren Kommenden ansehnliche Neubauten. Ja der größte Kirchenbau des Ordens, die
St. Elisabethkirche in Nürnberg, wurde erst im Jahre 1780 begonnen, aber die Geschichte
wollte es, daß der Deutsche Orden die Vollendung dieses Bauwerkes nicht mehr erleben
sollte. Bei der Aufhebung des Ordens im Jahre 1805 und Besitzergreifung der Nürnberger
Ordensniederlassung durch Bayern war die Kirche vollendet.
Doch es soll hier von einer anderen späten Bauschöpfung des Deutschen Ordens in
der Bailey1) Franken die Rede sein, dem Ordenshaus in Donauwörth, das als Werk eines
der bedeutendsten Architekten seiner Zeit einige Beachtung verdient. Das in einer engen
Straße gelegene Gebäude, in dem jetzt das Finanzamt und Forstamt Donauwörth unter-
gebracht sind, erregt im allgemeinen weder die Aufmerksamkeit des Einheimischen, noch
des Fremden. Man geht an der schlichten Front (Abb. S. 118) achtungslos vorüber, und erst
dem zufällig Eintretenden macht das Vestibül des Gebäudes stutzig.
In der Tat geht der Bau auf den Entwurf keines geringeren, als des bekannten Architekten
der Benediktinerstiftskirche St. Blasien im Schwarzwald, Michel d’Ixnard, zurück. Der
Bau wurde in den Jahren 1774—78 ausgeführt von dem Ellinger Ordensbaumeister Matthias
Bindner,2) der seinerzeit einen noch ganz in den Formen des späten Rokoko gehaltenen
Entwurf vorgelegt hatte. Dieser Entwurf, dem derjenige d’Ixnards vorgezogen wurde,
ist erhalten und befindet sich jetzt im Donauwörther Heimatmuseum.3)
Michel d’Ixnard hat in seinem 1792 in Straßburg erschienenen Werk »Recueil d’Architec-
ture« seinen Entwurf für die Ordenskommende Donauwörth veröffentlicht (Abb. S. 117).
Aus diesem Stichwerk ist ersichtlich, daß die Anlage größer geplant war; der hier wieder-
gegebene donauseitige Flügel ist nicht zur Ausführung gekommen. Dagegen stimmt der
der Stadt zugekehrte Trakt, der die alte Ordenskapelle einbezieht, mit dem bestehenden
Bau im wesentlichen überein. Die 2V2 geschossige Front zählt 9 Achsen, die 3 mittelsten
springen risalitförmig im Grundriß vor und werden beim ausgeführten Bau von einem
Frontispiz abgeschlossen, während d’Ixnard streng horizontalen Abschluß durch Konsolen-
galerie und Dachbalustrade nur mit einem stehenden Wappen in der Mitte vorgesehen
hatte. Dieses Frontispiz kann eigenmächtige Zutat des ausführenden Meisters Bindner
sein, der sich an die bisherige Baugewohnheit des Ordens hielt. (Vgl. das von Bindner
entworfene und ausgeführte Ordenshaus in Dinkelsbühl 1764.) — Die Mitte des Baues
wird betont durch das nachträglich 1807 bei Verwendung des Gebäudes als Hallamt
vergrößerte Portal, das Wappen des Landkomturs Freiherrn von Lehrbach über dem
mittelsten Hauptgeschoßfenster und das Wappen des Hoch- und Deutschmeisters des
Herzogs Karl Alexander von Lothringen im Giebelfeld.
Die horizontalen Gliederungsmittel sprechen beim Entwurf d’Ixnards noch stärker als
in der Ausführung. Es sollte nicht nur das Gurtband, welches Erdgeschoß und 1. Ober-
geschoß trennt, durchlaufen — beim bestehenden Bau wohl durch die nachträgliche Er-
weiterung des Portals in der Mitte ausgebrochen — sondern es sollte auch am Risalit
ein Fries zwischen Hauptgeschoß und Mezzaninfenstern wie an den Rücklagen angebracht
werden. Endlich bedeutet die bereits erwähnte Abänderung des Risalitabschlusses eine
Verminderung der Horizontalen.
Wenngleich also der Entwurf d’Ixnards nicht rein zur Ausführung gekommen ist, läßt
die Fassade des bestehenden Baues doch noch deutlich d’Ixnards architektonische Sprache
erkennen. Die Gliederungsmittel sind sparsam und mit äußerster Zurückhaltung ange-
wendet, der ganze Bau besitzt wieder Blockform wie im Frühbarock. (Das Risalit sollte in

*) Der Ordensbesitz in Deutschland war in 12 Provinzen oder Balleyen eingeteilt. Jede Bailey wurde
von einem Landkomtur verwaltet, die einzelne Ordensniederlassung — Kommende genannt — von einem
älteren Ordensritter, der den Titel Komtur führte. Die Kommende Donauwörth gehörte wie auch Ulm
und Regensburg zur Bailey Franken, deren Landkomtur in Ellingen (Mittelfranken) residierte. —
2) Vgl. Verfasser im Zentralblatt der Bauverwaltung 1923, Heft 95 — 98. Der Barock in der Deutsch-
ordensresidenz Ellingen. — 3) Für Hinweise und Aufschlüsse ist der Verfasser dem Bibliothekar des
Donauwörther Kassianeums Herrn J. Traber zu großem Dank verpflichtet.
 
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