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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Forschungen
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Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0318

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284

FORSCHUNGEN — DENKMALPFLEGE

Die ausgegrabene Basilika ist ein einschiffiger,
mit Apsis und Vorraum versehener Raum von
ca. 25 m Länge. Beachtenswert ist, daß der Vor-
raum, der gegen die Fassade von S. Maria Maggiore
gerichtet ist, seitlich mit Konchen oder Nischen
abschließt. Vor der einen Nische liegt außer der
Kirche ein kleiner Begräbnisplatz mit sorgfältig
gemauerten Gormae (Bodenvertiefungen), während
aus den gegenüberliegenden Konche eine Türe ge-
brochen ist. Das Langhaus der Kirche zeigt eben-
falls nach dieser Seite hin offene Pfeilerstellung,
sodaß längs dieser Seite ein Innenhof angenommen
werden durfte. An der anderenWandseite des Lang-
hauses sind Rechtecknischen ausgespart.
Hinter der Apsis werden die Reste anschließender
und wohl zugehöriger Wohnräume aufgefunden.
Ein kleiner Nischenraum hat noch sein Fußboden-
mosaik erhalten, das frei empfundene Ornament-
muster enthält. Ein zweiter Fußbodenmosaik zeigt
in gleicher schwarzer Zeichnung auf weißem Grunde
Reste einer Weinernte mit einem Putto auf der Lei-
ter, sowie den sitzenden rebenbekränzten Bacchus
mit demThyrsosstab und einem weiteren Putto, der
davoneilt. Eine Mosaikinschrift am Boden nennt
die Namen der Familie, der das Haus gehörte :
• Domus Aripporum et Ulpiorum Vibiorum felix«.
Es ist möglich, daß diese Räumlichkeiten später
zur Wohnung der Priester gehörten, als der Ver-
sammlungssaal in eine christliche Kirche umge-
wandelt wurde.
Ein ähnliches Beispiel für die Umwandlung von
ursprünglich privaten oder profanen Zwecken die-
nenden öffentlichen Gebäuden in ein christliches
Heiligtum ist bei einer anderen Freilegung zutage
getreten, die in der Nähe der Caracallathermen
ausgeführt wird. Es ist dies die Kirche der h 1. B a 1 -
bina auf dem kleinen Aventin, der zwischen den
genannten Antoninianischen Bädern, also im Ge-
biete des antiken Wurzelmarktes, und dem großen
Aventin liegt, der mit den bekannten Kirchen der
hl. Sabina, Priska, Alexius und Anselm geschmückt
ist. Man hatte geglaubt, die Restauration durch
Kardinal Barbo im 15. Jahrhundert hätte aus einer
dreischiffigen Kirche erst den großen Saal ge-
schaffen. Die Freilegungen der Wände und die
Grabungen aber haben ergeben, daß es sich auch
hier ursprünglich um einen großen Apsidensaal
handelt, der bis an die Dachlinie seine römischen
Mauern und weiten Bogenfenster bewahrt hat, die
allerdings später vermauert worden sind. Die Fres-
kenreste in den seitlichen Wandnischen des Lang-
hauses sind meist hochmittelalterlich und schlecht
erhalten. An der Stelle in der vorderen Hälfte der
Kirche, wo nach älterem liturgischem Brauche der
Sängerchor mit Schranken und Tribünen meist
seinen Platz hatte, wurden Fundamente aufge-
deckt, für die bisher keine einleuchtende Erklä-
rung gefunden werden konnte.
Sehr überraschend sind die Ausgrabungsresul-
tate bei der bekannten Kirche der hl.Pudenziana.
Der Fußboden derselben liegt heute ca. 4 m unter
dem modernen Straßenniveau. Soweit man jetzt
schon sehen kann, steht diese Kirche ebenfalls mit
einem antiken Hause in Verbindung, ja für die
Mauern wurden zum Teil Wände von unterein-
ander verschiedenen Räumlichkeiten ausgenützt
und übernommen. Auffallend ist besonders, daß
auch für die Nische der Apsis, welche das be-
rühmte und wohl älteste erhaltene römische Apsis-
mosaik mit dem thronenden Christus und Aposteln,
sowie den beiden Gestalten der Juden- und Heiden-
kirche schmückt, die bisher meist für das Schwe-

sternpaar Pudenziana und Praxedis gehalten wur-
den, eine Nischenrundung benützt wurde, die einem
großen Badesaal angehört hatte. Angrenzend wurde
ein mehrstöckiges römisches Mietshaus, eine so-
genannte Insula, aufgefunden, die in christlicher
Zeit wohl als Wohnung für die Presbyter der an-
grenzenden Kirche gedient haben dürfte.
Die angeführten Beispiele aus neuesten Aus-
grabungen lassen zur Genüge erkennen, daß in
altchristlicher Zeit nicht ein bestimmtes, starres
Schema für den Kultbau eingehalten wurde; in
weitestem Ausmaße wurde Rücksicht genommen
auf die gegebenen Verhältnisse, die durch Mangel
an freiem Gelände oder durch Schenkung bestehen-
der profaner Gebäude gegeben waren. Was dem
Raum das entscheidend christliche Gepräge gab,
war die versammelte gläubige Gemeinde und der
sie beherrschende Opfergedanke, für dessen geheim-
nisvolle Feier in der Apsis ein wahrhaft sakraler
Hintergrund geschaffen war. Dr. P. Markthaler, Rom
Denkmalpflege
BEWAFFNETE DENKMALPFLEGE
Tn Peyrissas, einem friedlichen Dörfchen Süd-
westfrankreichs, hatte der Bürgermeister unbe-
fugterweise die schönen romanischen Kapitelle der
alten Dorfkirche einem Antiquitätenhändler ver-
kauft. Als die Arbeiter des Käufers erschienen,
um die wertvollen Skulpturen abzunehmen, wurden
sie von der Bevölkerung mit Heugabeln empfangen
und mußten unverrichteter Sache abziehen. Die
staatliche Denkmalverwaltung nahm daraufhin die
hauptsächlichsten Teile der Kirche in die Liste
der historischen Denkmäler auf, auch die so tapfer
verteidigten Kapitelle. Stand
KIRCHLICHE KUNST UND DENK-
MALPFLEGE IN OBERSCHLESIEN
TAie Kirche ist als die älteste Kulturträgerin
nicht nur die Schöpferin, sondern auch zu
allen Zeiten die fürsorglichste Hüterin aller jener
Kunstschätze gewesen, die heute ihr kostbarstes
Erbgut bilden, und die so manches Gotteshaus in
Stadt und Land zu einem Arsenal christlicher
Kunst gestalten. Die Kirche hat als Besitzerin
dieser wertvollen Denkmäler der Geschichte und
Kunst auch zur Denkmalspflege stets ein inneres
gesetzmäßiges Verhältnis gehabt. In unseren Ta-
gen aber erhebt sie erneut ihre Stimme zur Wah-
rung ihres in den letzten Dezennien oft durch
Verständnislosigkeit und Gleichgültigkeit so stark
gelichteten Bestandes an Kunstwerken und lenkt
das Augenmerk aller derer, denen die Fürsorge
ihrer Schätze anvertraut ist, auf die Wichtigkeit
dieser scheinbar äußerlichen aber für die Kultur-
mission der Kirche und ihr religiöses Wirken in
der Gegenwart doch nicht belanglosen Dinge. So
hat Papst Pius XI. durch ein besonderes
Rundschreiben vom 1. September
1924, das vom Staatssekretariat zunächst an die
Bischöfe Italiens gerichtet war und dann allen
Ordinariaten der Gesamtkirche übermittelt wurde,
allen denen, in deren Händen die treue Bewah-
rung und der Schutz des ganzen ausgedehnten
Erbgutes der Kirche an künstlerischer Kultur
liegt, erhöhte Fürsorge und besondere Wachsam-
keit ans Herz gelegt und als Mittel, um dem
 
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