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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0319

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DENKMALPFLEGE

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Klerus den Sinn für das Schöne, den guten Ge-
schmack und das Gefühl für Qualität auf dem
Gebiete der religiösen Kunst zu schärfen und ein
tieferes Verständnis und genügend künstlerische
Bildung einzupflanzen, unter anderm auch Ab-
haltungen von Tagungen und Kursen für christ-
liche Kunst in den einzelnen Diözesen und De-
kanaten empfohlen.
Aber auch der Staat hat ein Interesse daran,
die Ziele und Grundsätze der kirchlichen Denk-
malpflege weiteren Kreisen zu vermitteln. Es ist
deshalb auch vom kirchlichen Standpunkt aus mit
Freude zu begrüßen, daß gerade in Ober-
schlesien von amtlichen Stellen solche Kurse
veranstaltet und gefördert werden.
Einen großzügigen Auftakt in dieser Richtung
hat der oberschlesische Provinzialkonservator,
Pfarrer Hadelt, dem die Fürsorge für die
Kunstdenkmäler Oberschlesiens von Seiten des
Staates und der Provinz anvertraut ist, in dem
vom 6. bis 8. November d. Js. vom ober-
schlesischen Provinzialdenkmal-
amt und Bund für Heimatschutz ver-
anstalteten „K ursus für kirchliche
Kunst und Denkmalspflege“ gegeben.
Die Tagung fand im Heimgarten zu Neiße
statt, in einer Stadt also, die schon durch ihre
Vergangenheit als alte Bischofstadt und durch
die Fülle gerade ihrer kirchlichen Kunstschätze
den passenden äußeren Rahmen bot. Es war ein
erster Versuch im Osten, der aber — wir können
es bald sagen — von schönstem Erfolg gekrönt
war. Neiße hatte in den letzten Wochen eine
ganze Reihe wissenschaftlicher Kurse aufzuwei-
sen, und deshalb war es wohl gewagt, diesen auch
noch einen Kursus für kirchliche Kunst und
Denkmalspflege folgen zu lassen. Trotz der etwas
verspäteten Ankündigung des Kurses war die Be-
teiligung eine äußerst zahlreiche aus den Kreisen
der Geschichts- und Kunstfreunde, der Geistlich-
keit und Verwaltungsbeamten. Gerade der Geist-
liche auf dem Lande ist ja vielfach der einzige
Konservator am Orte, und seine vorhandene oder
nicht vorhandene Einsicht und Kenntnis entschei-
det zuweilen über Sein oder Nichtsein von Denk-
mälern von hoher Bedeutung. Kardinal Bertram
von Breslau, der Oberpräsident und Landes-
hauptmann von Oberschlesien, die Stadt Neiße
und der Schlesische Bund für Heimatschutz aus
Breslau hatten ihre Vertreter entsandt. An den
Verhandlungen nahm auch der Staatskon-
servator von Preußen, Ministerial-
rat Dr. Hiecke, Berlin, teil, der damit von
neuem sein warmes Interesse an der oberschle-
sischen Denkmalpflege bekundete. Das Programm
des Kufsus war geschickt und klar aufgestellt
und fest umrissen. Als besonders glücklich anzu-
sprechen ist der leitende Gedanke, der
nicht zu verkennen war, nämlich das richtige Be-
streben, Denkmalpflege und lebendige
kirchliche Kunst immer mehr zu-
sammenzubringen. Zugrunde gelegt wurden
den Verhandlungen die Bestimmungen der oben
erwähnten päpstlichen Enzyklika, und als leiten-
der Faden durch alle Vorträge zog sich die For-
derung, daß die Künstler sich stärker als bisher
mit den Anforderungen der Kirche bekannt-
machen und sich mehr in die liturgischen und
symbolischen Belange der Kirche einfühlen müs-
sen. Der Kursus schloß am dritten Tage mit
einer kunstgeschichtlichen Besichtigungsfahrt
nach den Städten Ottmachau, Patschkau und

Kloster Kamenz, wo
alter oberschlesischer
befinden.
*

sich wertvolle Denkmäler
Profan- und Kirchenkunst

Zum ersten Teil des Programms über die mo-
derne kirchliche Kunst sprachen Architekt
R. Witte B.D.A., Dresden, der Geschäfts-
führer der Tagung für Christliche Kunst, und
der Benediktinerpater Prof. Dr. Anselm
Weißenhofer, Dozent für christliche Kunst
an der Universität Wien. Prälat Dr. Hartig,
München, war leider durch seine Romreise am
Erscheinen verhindert. Gerade mit P. Weißen-
hofer hatte man eine glückliche Wahl getroffen,
denn in ihm lernten wir nicht nur einen tüchtigen
Kunstpädagogen von feinstem psychologischem
Geschick, sondern auch einen feinsinnigen Inter-
preten moderner Kunst kennen. Das zeigte sich
nicht nur in seinem öffentlichen Abendvortrage
über „D ie christliche Kunst als Kul-
turaufgabe der Gegenwart“, sondern auch
in seinen oft von köstlichem Humor gewürzten
geistvollen und überzeugenden Ausführungen am
zweiten Tage. Die Themen des ersten Tages be-
handelten in drei Vorträgen die Kirche als
Bauwerk, ihre Innenausstattung
und ihre Kleinkunst in Paramenten, Ge-
räten und Gefäßen, alles praktische Fragen, zum
Teil mit ernsten Problemen verknüpft, die in die
Formengebung und den Geist der Gegenwart
Übergriffen und bei der zahlreich vertretenen
Geistlichkeit angespannte Aufmerksamkeit und
Beachtung fanden.
Der zweite Tag des Kursus stand unter dem
Zeichen der kirchlichen Denkmalpflege. Ihm gab
neben dem zahlreichen Klerus eine Reihe von
Vertretern der Regierung, der Bauämter und
Verwaltungsorgane, auch Künstlern und Kloster-
schwestern ein eigenes Gepräge. Der Provinzial-
konservator von Oberschlesien, Pfarrer Ha-
delt, Altwette, sprach zunächst in klarer und
sachlicher Art über „Kirchliche Denk-
mal p f 1 e g e“. Er entwickelte ein Programm
seiner Tätigkeit und zeichnete Richtlinien, wie
sie für die kirchliche Denkmalpflege von Seiten
des Staates sowohl wie auch in dem päpstlichen
Erlaß von Seiten der Kirche anerkannt sind. Die
kirchliche Denkmalpflege hat neben theoretischen
Belangen aber auch praktische Forderungen zu
berücksichtigen. Die Kirche soll ja kein Museum,
sondern ein würdiges Gotteshaus sein. Deshalb
ist jede Restauration nach den besonderen Um-
ständen, Bedingungen und Verhältnissen zu be-
urteilen. Die Kirche hat von jeher Denkmalpflege
in fürsorglichster Weise getrieben, lange ehe man
staatlicherseits den Begriff überhaupt kannte.
Der päpstliche Erlaß sowohl wie die darauf
fußenden Diözesanbestimmungen gehen in ihren
Forderungen im allgemeinen konform mit den
Grundsätzen der staatlichen Denkmalpflege.
Ministerialrat Dr. Hiecke, Berlin,
betonte in seinen Ausführungen über „D i e B e -
Ziehungen des Staates zur kirch-
lichen Denkmalpflege und ihre prak-
tische Auswirkung“ eindringlich die ethi-
schen Grundlagen aller Denkmalpflege und emp-
fahl besonnene Kritik sowohl dem Alten wie
auch dem Neuen gegenüber. Starre Grundsätze
hier aufzustellen, ginge nicht an. Jede Denkmal-
pflege müsse individuell betrieben werden, je
nach besonderen Umständen. Die einzige Mög-
 
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