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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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BERICHTE AUS DEM AUSLAND

hunderts zu trennen, ihn aber auch stark damit
zu verbinden.
Man bedauert es, daß Abel nach diesem Über-
gang mit dem Material gewechselt hat, d. h. zum
Ziegelstein gegriffen hat, nicht etwa, weil der
Ziegelstein in Köln nicht heimisch wäre, sondern
weil er ihm offenbar als Baustoff nicht so sehr
liegt. Dem Baugedanken an sich, wie er dem
Umbau der Messehalle zugrunde liegt, kann man
wiederum nur beipflichten. Der Turm an der
Nordwestecke der ungeheuren kubischen Bau-
masse ist in seiner Vertikalwirkung stark genug,
diese in etwa emporzureißen. Das Verhältnis
im großen ist geglückt. Nur fehlt die Erfin-
dungsgabe im einzelnen. Und da hat man eben
das Gefühl, wenn man von dem durchaus ge-
lungenen Bau der kulturhistorischen Abteilung
herkommt, daß das Material dem Baumeister zu
spröde war. Gewiß handelt es sich um einen
Mantel, der in Falten gehen kann. Nur darf das
Gefältel nicht monoton werden. Die ewig ver-
setzten Ziegel machen den Eindruck, als wenn
weitergebaut werden sollte. Und der Turm darf
nicht zu deutlich der Kampanile von Venedig
plus Helmlösung des Turmes an der Piazza del-
l’Erbe von Verona sein. Die Treibarbeiten von
Wissel sind monumental wirksam. Der Pegasus
an der Nordseite ist eine vergrößerte Wieder-
gabe des Abflusses einer sehr schönen grie-
chischen Vase von Nicopol, die sich in der Ere-
mitage befindet. Von ihr heißt es in Lüer und
Creutz, Geschichte der Metallkunst: „Sie ist von
einer Größe der Zeichnung, daß eine monumentale
Vergrößerung denkbar wäre.“
Der Rondellplatz bringt nun die architek-
tonische Aufsplitterung. Das Unorganische dieses
Platzes als Ausdruck moderner Spannungen an-
zusprechen, geht nicht an. Brutal unterbricht die
Rheinterrasse die Beziehungen zwischen den Bau-
ten und dem Rheinpark, die aufzunehmen Auf-
gabe des Architekten war. Diese Aufgabe mußte
er erfüllen, ohne dabei diejenige vernachlässigen zu
brauchen, die er erfüllt hat in der Rheinterrasse,
eine Gelegenheit zu schaffen, das neue zweiufrige
Köln zu erleben. Das Staatenhaus, das nach den
Gärten hinausschwingt, kann diesen Bruch nicht
wett machen. Der Rondellplatz hätte im ganzen
das sehr schöne architektonische Bild haben
können, das man jetzt nur bei besonders ge-
schickter Aufstellung an den Pfeilern des Staaten-
hauses vorbei auf den Pressaturm hat.
Weiterhin sieht man noch den Turm der
Kaffeefirma Haag, ein Monstrum von absoluter
Ungehörigkeit; Häßlichkeit ist nicht das richtige
Wort; er sollte verboten sein, so unrichtig ist
er, wenn er auch eine Funktion richtig erfüllt,
die der Blickführung zum Vergnügungspark hin,
den man sonst hinter den gehaltenen Baum-
gruppen des Parkhauses nicht vermuten sollte.
Von der sogenannten evangelischen Ge-
meindeburg, die zusammenhanglos hinter dem
Staatenhaus aufgebaut ist, kann man bei unserer
Betrachtung von den Ummauerungen absehen.
Dann bleibt die Stahlkirche von Bartning übrig.
Aber warum auch Gemeindeburg, warum Stahl-
kirche, das erinnert an Heeresberichte. Was ist
das für eine seltsame Einstellung; diese Kirche
erwächst nicht aus einer Welt, sondern über
einem Begriff, wie Großkampfschiff oder der-
gleichen. Eine Kirche ist die architektonische
Auffahrt oder Einsenkung in Gott. Warum
stehen diese kupfergepanzerten Türme so ge-

duckt? Kirchentürme müssen Kränze göttlicher
Schönheit tragen. Wie das Periskop eines Unter-
seebootes lugt das überaus dünne Kreuz, das
man darauf gestellt hat, vorsichtig aus. Der
Turmbau ist unbedingt unsakral. Das aufgeklebte
Kreuz ändert daran nichts, und wäre es noch so
groß, oder wären es ihrer drei oder mehr. Wie
man denn heute vielfach glaubt, durch das Auf-
stecken von Kreuzen einem Bau sakralen Sinn
geben zu können. Derjenige Bau ist sakral, der
das Kreuz innerlich enthält. Ich habe das in
diesen Blättern schon einmal gesagt, möchte es
aber hier noch einmal wiederholen: Den Dom
oder St. Aposteln wird niemand mit einer Burg
verwechseln, dieser Turmbau ist aber eine leib-
haftige Kriegsangelegenheit. Der parabolische
Kirchenraum ist von draußen gesehen erträglich,
im Innern eine Zange, die einen auf den Turm
zurückwirft. Die im Sinne der gotischen ein-
gezogenen Strebepfeiler nach innen verlegten
dünnen Stahlstreben fügen dem Druck der para-
bolischen Kurve die Vorstellung eines Käfigs
hinzu, über dem oben irgendwie, nur nicht
organisch, eine schwere Putzdecke aufgehängt
ist. Die Glaswände von Elisabeth C o e s t e r, Eise-
nach, treiben die Beunruhigung zum Äußersten,
indem sie uns über Riesenflächen hin in einem
chaotischen Durcheinander von stark mit
Schwarzlot gewischten Scheiben, die die Er-
innerung an wüstes Lavagekröse wachrufen,
nach Gestalt suchen lassen, wovon man denn auch
zuweilen einmal ein Stückchen entdeckt, bis sich
dann schließlich nach der Achsel bin allmählich ein
Gebild herausschält, ein auffahrender Christus von
Engeln und Gestalten umgeben. Es sei zuge-
geben, daß sich hier und da einmal feine Farb-
zusammenklänge ergeben, die echter Glasmalerei
gleichgehen, auch einmal eine Gestaltgebung ge-
lungen ist. Der Künstler soll aber nur Gestalt
geben und nicht Chaos. Auch das Chaos selber
kann in künstlerischem Sinne nur als Gestaltetes
erscheinen, und wenn es der Teufel ist. Darum ist
diese Stahlkirche im ganzen noch etwas höchst Un-
befriedigendes, und man fragt sich, wie man sich
das oft bei modernen Bauten fragen muß, warum
es denn nun gerade Stahl und Beton sein muß,
wo wir das herrlichste gewachsene Material in
Fülle zur Verfügung haben. Es gibt keinen Ge-
sichtspunkt, zu allerletzt den der Billigkeit, der
im Dienste des Höchsten das edelste Material
ausschalten könnte.
Doch dieser Bau bleibt ja nicht. Das, was von
der Ausstellung bleibt, ist auf jeden Fall so be-
schaffen, daß man von ihm aus weiß, wo man
eigentlich hingehört: in das Innerste des alten
heiligen Köln. Berthold Paeschke
Berichte aus dem Ausland
DER SCHIEFE TURM VON PISA
IN GEFAHR?
TTurch die Presse gehen alarmierende Nach-
richten über die Stabilität des weltberühmten
schiefen Turmes von Pisa. Durch Bohrversuche
in der Erde, namentlich in der Mitte des Turmes
und am Rande der Fundamente hat eine Kom-
mission von Fachleuten festgestellt, daß die
Fundamente nur 3,6 m tief sind und in der Breite
nur dem festen Mauerkern des Turmes entspre-
chen. Das Erdreich, auf dem die gewaltige Masse
 
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