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BÜCHERSCHAU
wichtiger monumentaler kultischer Fenster der
Neuzeit: zu Soest in seiner eigenen Kirche und
in der Deutschhauskirche zu Würzburg von
Elisabeth Colester beratend als Pfarrer mitgewirkt.
Aus dieser Tätigkeit heraus ist das Büchlein ent-
standen, das zwar in erster Linie für die Kunst-
pflege in protestantischen Kirchen geschrieben ist,
aber in seiner Annäherung an den Geist katho-
lischer Kulträume auch für jeden katholischen
Pfarrer lesenswert ist. Von hoher geistiger Warte
tritt der Verfasser an das Problem der Glasmalerei
heran, räumt auf mit der rationalisierten Ein-
stellung des 19. Jahrhunderts, als ob Glasbilder
eine intellektuelle, belehrende Aufgabe hätten, und
stellt ihre kultische, architektonische, malerische
und kompositionelle Bedeutung sehr klar heraus.
Das, was in unserem vorliegenden Hefte des
mangelnden Raumes halber nur in kurzen Linien
angedeutet werden konnte, wird in der Schrift
Girkons viel weitläufiger behandelt. So eignet sie
sich besonders für Pfarrherren, die an die Frage
herantreten, wie sie ihre Kirche mit Glasgemälden
schmücken sollen. Sie werden hier von vielen Vor-
urteilen geheilt werden und zu einer richtigen,
künstlerischen und kultischen Einstellungkommen.
Der »Reichsverband deutscher Glasmalereien«
hat ein Jahresheft 1927 »Deutsche Glaskunst«
herausgegeben (Schriftleitung: Dr. Hans Kiener,
Auslieferung: Graph. Kunstanstalten F. Bruck-
mann A.-G., München. Zu beziehen durch Glas-
malerei Ferd. Müller-Quedlinburg, M. 4.50, mit
ca. 100 Abb., 72 S.). Der Gedanke dieser geplanten
Jahreshefte ist ohne Zweifel sehr gut. Man will
mit den besten Schöpfungen des Jahres eine
Rechenschaft geben von dem Stande deutscher
Glasmalerei und damit auf die vornehmste Weise
für die deutsche Glasmalkunst Propaganda machen.
Hervorragende Künstler wie Karl Knappe, Josef
Bergmann, F. Baumhauer, Willi. Pütz, Cäsar
Klein, Karl Caspar, Sepp Frank, Rabohld, Fritz
Heubner, Max Pechstein, Seewald, Thorn-Prikker,
von Rohde, Müller-Leipzig, Müller-Quedlinburg,
Anton Wendling, Josef Dornhoff. A. Figel, W. Rup-
precht, Tuukkanen, Otto Zettler, v. Rückert, Otto
Lohr, Paul Thalheimer, von Deppen sind ver-
treten. Eine Reihe von namhaften Schriftstellern
und Gelehrten haben den Text dazu geschrieben.
So ist ein sehr stattliches repräsentatives Heft
entstanden. Nur schade, daß es keine Fortsetzung
mehr finden wird! Man konnte sich über die
Qualitätsauswahl für die Zukunft nicht einen,
sondern glaubt, man müsse die Auswahl nach
der Kopfzahl der beteiligten Glasmalereien treffen.
Wann werden deutsche Künstler und Kunstan-
stalten, aber auch Kunstauftraggeber begreifen,
daß nur die Steigerung der Qualitätsansprüche in
allen Werken und in allen literarischen Veröffent-
lichungen unsere Kunst vorwärtsbringen und ihr
Ansehen steigern kann! Ich sage dies auch für
so viele Nörgler an der Leitung unserer Zeitschrift!
Zuletzt sei noch einem historischen Werke ge-
dacht. Die berühmte Veröffentlichung: »Die
rheinischen Glasmalereien vom 12. bis
zum 16. Jahrhundert« von Dr. Heinrich
Oidtmann hat nunmehr in ihrem 2. Band, den
der Sohn Dipi.-Ing. Heinrich Oidtmann nach dem
Tode seines Vaters fortgesetzt hat, ihren Abschluß
gefunden. (Lexik.-Form., 150 S., mit 42 Tafeln und
237 Abb. im Text. L. Schwann, Düsseldorf 1929,
M. 100.—). D amit ist ein Werk von grundlegender Be-
deutung vollendet. Der 2. Band behandelt die Werke
des 15., 16. und 17. Jahrhunderts in den Rheinlan-
den, bringt Exkurse über das Zunftwesen, rheini-
sche Glasmaler, technische Einrichtungen und die
Ursachen des Verfalls. An erster Stelle stehen an
erhaltenen Werken die Glasfenster in Kölner Kir-
chen (Dom, St. Maria im Kapitol, St. Severin,
St. Georg, Antoniter, St. Maria-Lyskirchen, St. Pe-
ter, St. Pantaleon), dann aber auch viele andere
größere und kleinere Orte der Rheinlande (Xanten,
Trier, Koblenz, Dortmund, Ehrenste'in usw.). Die
Beschreibungen sind sehr weitgehend, sowohl in-
haltlich wie farbig. Die Lesbarkeit des Buches
wäre ohne Zweifel gesteigert worden, wenn man
die großen, wichtigen Punkte der Entwicklung in
einer kunsthistorischen Einleitung zusammenfas-
send an die Spitze gestellt hätte und den beschrei-
benden Katalog in einer neuzeitlichen Systematik
prägnanter gefaßt hätte. Dadurch, daß die Druck-
legung des 2. Bandes sich über 17 Jahre verspätet
hat, ist natürlich auch manch bemerkbarer Bruch
entstanden, wie etwa die Nichtbenützung des Ber-
liner Glasgemäldekataloges. Die Zuschreibungen
und Stilvergleichungen an und mit den gleichzei-
tigen rheinischen Malern und Kupferstechern dürf-
ten wohl noch mancher Ergänzung bedürfen. Da-
mit ist der unvergleichliche, sozusagen urkundliche
Wert dieses Werkes nicht geschmälert. Er beruht
in der inventarmäßigen Erfassung des gesamten
Materials, in der Beschreibung wie in dem fast
vollständigen Abbildungsmaterial. Gerade dieGlas-
gemälde bieten ungeheure Schwierigkeiten bei der
Autopsie. Schon das Vorlegen in so ausgezeich-
neten Abbildungen erleichtert die Forschung und
weitere Zuschreibung an Hand von Vergleichen.
So wird das vollendete Werk Glasmalern, Freun-
den christlicher Kunst und Ikonographie, Wissen-
schaftlern wie Kunstfreunden eine willkommene
und wertvolle Gabe sein. Georg Lill
Buch erschau
TD ichard Krautheimer, Die Kirchen der
Bettelorden in Deutschland. 1925, Augsburg,
Filser. Brosch. RM. 13.—, geb. RM. 16.—.
Das gut ausgestattete und sehr gut geschriebene
Buch gibt einen Überblick über die Geschichte
der »Werkkirchen«, die im Dienste der sog. Bettel-
orden, der Dominikaner und Franziskaner, auf
deutschem Boden im 13. und 14. Jahrhundert
entstanden sind. Es greift somit eine der bedeut-
samsten Eigenbewegungen unter den künstlerischen
Wandlungen im späten Mittelalter heraus und
folgt ihrem Ablauf, den Krautheimer — darin
ein echter Schüler Paul Frankels — als eine
Vorwegnahme oder Vorausbildung des spätgoti-
schen Problems im Sinne einer spezifisch deutschen
Angelegenheit erkennt. Daß diese These, nament-
lich im Hinblick auf die Sonderraumformen der
»Predigerkirchen« und die städtebauliche Vor-
bildlichkeit der Bettelordenkirchen für das spät-
gotische Stadtmiinster überhaupt größte Bedeu-
tung besitzt, ist kein Zweifel.
Krautheimer faßt das Problem von zwei
Seiten. Der systematische Teil folgt den Typen:
Saal, Flachdeckbasilika, Gewölbebasilika und Halle.
Am ersten Typ erkennt er bewußte Tendenzen
zur Profanierung, »zur unfeierlichen Haltung«
(S. 15) gegenüber der älteren Vorstellung vom
Kirchenraum, etwa bei der Kathedrale. Für den
zweiten Typ ist ihm das Wegfällen der »maß-
gebenden« (S. 19) Vierung wesentlich, die flach-
gedeckte Basilika bedeutet ihm ein Rückgreifen
BÜCHERSCHAU
wichtiger monumentaler kultischer Fenster der
Neuzeit: zu Soest in seiner eigenen Kirche und
in der Deutschhauskirche zu Würzburg von
Elisabeth Colester beratend als Pfarrer mitgewirkt.
Aus dieser Tätigkeit heraus ist das Büchlein ent-
standen, das zwar in erster Linie für die Kunst-
pflege in protestantischen Kirchen geschrieben ist,
aber in seiner Annäherung an den Geist katho-
lischer Kulträume auch für jeden katholischen
Pfarrer lesenswert ist. Von hoher geistiger Warte
tritt der Verfasser an das Problem der Glasmalerei
heran, räumt auf mit der rationalisierten Ein-
stellung des 19. Jahrhunderts, als ob Glasbilder
eine intellektuelle, belehrende Aufgabe hätten, und
stellt ihre kultische, architektonische, malerische
und kompositionelle Bedeutung sehr klar heraus.
Das, was in unserem vorliegenden Hefte des
mangelnden Raumes halber nur in kurzen Linien
angedeutet werden konnte, wird in der Schrift
Girkons viel weitläufiger behandelt. So eignet sie
sich besonders für Pfarrherren, die an die Frage
herantreten, wie sie ihre Kirche mit Glasgemälden
schmücken sollen. Sie werden hier von vielen Vor-
urteilen geheilt werden und zu einer richtigen,
künstlerischen und kultischen Einstellungkommen.
Der »Reichsverband deutscher Glasmalereien«
hat ein Jahresheft 1927 »Deutsche Glaskunst«
herausgegeben (Schriftleitung: Dr. Hans Kiener,
Auslieferung: Graph. Kunstanstalten F. Bruck-
mann A.-G., München. Zu beziehen durch Glas-
malerei Ferd. Müller-Quedlinburg, M. 4.50, mit
ca. 100 Abb., 72 S.). Der Gedanke dieser geplanten
Jahreshefte ist ohne Zweifel sehr gut. Man will
mit den besten Schöpfungen des Jahres eine
Rechenschaft geben von dem Stande deutscher
Glasmalerei und damit auf die vornehmste Weise
für die deutsche Glasmalkunst Propaganda machen.
Hervorragende Künstler wie Karl Knappe, Josef
Bergmann, F. Baumhauer, Willi. Pütz, Cäsar
Klein, Karl Caspar, Sepp Frank, Rabohld, Fritz
Heubner, Max Pechstein, Seewald, Thorn-Prikker,
von Rohde, Müller-Leipzig, Müller-Quedlinburg,
Anton Wendling, Josef Dornhoff. A. Figel, W. Rup-
precht, Tuukkanen, Otto Zettler, v. Rückert, Otto
Lohr, Paul Thalheimer, von Deppen sind ver-
treten. Eine Reihe von namhaften Schriftstellern
und Gelehrten haben den Text dazu geschrieben.
So ist ein sehr stattliches repräsentatives Heft
entstanden. Nur schade, daß es keine Fortsetzung
mehr finden wird! Man konnte sich über die
Qualitätsauswahl für die Zukunft nicht einen,
sondern glaubt, man müsse die Auswahl nach
der Kopfzahl der beteiligten Glasmalereien treffen.
Wann werden deutsche Künstler und Kunstan-
stalten, aber auch Kunstauftraggeber begreifen,
daß nur die Steigerung der Qualitätsansprüche in
allen Werken und in allen literarischen Veröffent-
lichungen unsere Kunst vorwärtsbringen und ihr
Ansehen steigern kann! Ich sage dies auch für
so viele Nörgler an der Leitung unserer Zeitschrift!
Zuletzt sei noch einem historischen Werke ge-
dacht. Die berühmte Veröffentlichung: »Die
rheinischen Glasmalereien vom 12. bis
zum 16. Jahrhundert« von Dr. Heinrich
Oidtmann hat nunmehr in ihrem 2. Band, den
der Sohn Dipi.-Ing. Heinrich Oidtmann nach dem
Tode seines Vaters fortgesetzt hat, ihren Abschluß
gefunden. (Lexik.-Form., 150 S., mit 42 Tafeln und
237 Abb. im Text. L. Schwann, Düsseldorf 1929,
M. 100.—). D amit ist ein Werk von grundlegender Be-
deutung vollendet. Der 2. Band behandelt die Werke
des 15., 16. und 17. Jahrhunderts in den Rheinlan-
den, bringt Exkurse über das Zunftwesen, rheini-
sche Glasmaler, technische Einrichtungen und die
Ursachen des Verfalls. An erster Stelle stehen an
erhaltenen Werken die Glasfenster in Kölner Kir-
chen (Dom, St. Maria im Kapitol, St. Severin,
St. Georg, Antoniter, St. Maria-Lyskirchen, St. Pe-
ter, St. Pantaleon), dann aber auch viele andere
größere und kleinere Orte der Rheinlande (Xanten,
Trier, Koblenz, Dortmund, Ehrenste'in usw.). Die
Beschreibungen sind sehr weitgehend, sowohl in-
haltlich wie farbig. Die Lesbarkeit des Buches
wäre ohne Zweifel gesteigert worden, wenn man
die großen, wichtigen Punkte der Entwicklung in
einer kunsthistorischen Einleitung zusammenfas-
send an die Spitze gestellt hätte und den beschrei-
benden Katalog in einer neuzeitlichen Systematik
prägnanter gefaßt hätte. Dadurch, daß die Druck-
legung des 2. Bandes sich über 17 Jahre verspätet
hat, ist natürlich auch manch bemerkbarer Bruch
entstanden, wie etwa die Nichtbenützung des Ber-
liner Glasgemäldekataloges. Die Zuschreibungen
und Stilvergleichungen an und mit den gleichzei-
tigen rheinischen Malern und Kupferstechern dürf-
ten wohl noch mancher Ergänzung bedürfen. Da-
mit ist der unvergleichliche, sozusagen urkundliche
Wert dieses Werkes nicht geschmälert. Er beruht
in der inventarmäßigen Erfassung des gesamten
Materials, in der Beschreibung wie in dem fast
vollständigen Abbildungsmaterial. Gerade dieGlas-
gemälde bieten ungeheure Schwierigkeiten bei der
Autopsie. Schon das Vorlegen in so ausgezeich-
neten Abbildungen erleichtert die Forschung und
weitere Zuschreibung an Hand von Vergleichen.
So wird das vollendete Werk Glasmalern, Freun-
den christlicher Kunst und Ikonographie, Wissen-
schaftlern wie Kunstfreunden eine willkommene
und wertvolle Gabe sein. Georg Lill
Buch erschau
TD ichard Krautheimer, Die Kirchen der
Bettelorden in Deutschland. 1925, Augsburg,
Filser. Brosch. RM. 13.—, geb. RM. 16.—.
Das gut ausgestattete und sehr gut geschriebene
Buch gibt einen Überblick über die Geschichte
der »Werkkirchen«, die im Dienste der sog. Bettel-
orden, der Dominikaner und Franziskaner, auf
deutschem Boden im 13. und 14. Jahrhundert
entstanden sind. Es greift somit eine der bedeut-
samsten Eigenbewegungen unter den künstlerischen
Wandlungen im späten Mittelalter heraus und
folgt ihrem Ablauf, den Krautheimer — darin
ein echter Schüler Paul Frankels — als eine
Vorwegnahme oder Vorausbildung des spätgoti-
schen Problems im Sinne einer spezifisch deutschen
Angelegenheit erkennt. Daß diese These, nament-
lich im Hinblick auf die Sonderraumformen der
»Predigerkirchen« und die städtebauliche Vor-
bildlichkeit der Bettelordenkirchen für das spät-
gotische Stadtmiinster überhaupt größte Bedeu-
tung besitzt, ist kein Zweifel.
Krautheimer faßt das Problem von zwei
Seiten. Der systematische Teil folgt den Typen:
Saal, Flachdeckbasilika, Gewölbebasilika und Halle.
Am ersten Typ erkennt er bewußte Tendenzen
zur Profanierung, »zur unfeierlichen Haltung«
(S. 15) gegenüber der älteren Vorstellung vom
Kirchenraum, etwa bei der Kathedrale. Für den
zweiten Typ ist ihm das Wegfällen der »maß-
gebenden« (S. 19) Vierung wesentlich, die flach-
gedeckte Basilika bedeutet ihm ein Rückgreifen