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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

DOI Artikel:
Schlegel, Arthur: Die Kirche auf dem Petersberg bei Dachau
DOI Heft:
Technisches
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0242

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214

RUNDSCHAU: TECHNISCHES

PETERSBERG BEI DACHAU VON SÜDOSTEN


Wer Kirchenräume
richtig erleben will,
muß sich bemühen,
den Raum als etwas
Körperhaftes aufzu-
fassen, in ihm das
Wesentliche zu sehen
und nicht in den Au-
ßenwänden, die den
Raum umschließen.
Eine solche Erfas-
sung des Räumlichen
fällt in der Petersber-
ger Kirche ungemein
leicht,weil dieRaum-
anlage infolge ihrer
Einfachheit äußerst
klar und übersicht-
lich wirkt, und weil
sie nicht durch spä-
tere Einbauten oder

Veränderungen be-
einträchtigt wird. Das Mauerwerk der Kirche ist in Bruchstein ausgeführt und verputzt.
Irgendwelche Schmuckformen fehlen am Außenbau völlig. Zu beachten sind nur die
Streben an den Ecken des Baues und auf der dem Abhang zugekehrten Nordseite, Vor-

boten der gotischen Strebepfeiler. Auch das Innere ist arm an Details. Die Kapitelle
der Mittelschiffpfeiler weisen eine denkbar rohe Form auf: Viertelkehle und Platte. Bei

einem Rundpfeiler (Abb. S. 215 unten rechts) hat man versucht, ein Würfelkapitell zu
bilden, aber die gefundene Lösung mit der breiten, niedrigen Würfelstirn und dem
derben Rundstab wirkt sehr unbeholfen. Basen sind nicht vorhanden, an deren Stelle

fungieren einfache Sockel. Alles ist denkbar roh und primitiv.
Alan muß bedenken, daß die Petersberger Kirche nicht auf altem Kulturboden steht.
Die Altbayern waren in romanischer Zeit weit hinter den Schwaben, Franken und Nieder-

sachsen zurück; sie mühten sich mit der Schwerfälligkeit eines Bauernvolkes und anderer-
seits mit der ganzen Kraft und dem Ungestüm eines jugendfrischen Stammes um die
Aneignung der ihnen fremden Bau- und Schmuckformen. Was sie schufen, sind Werke
von großer Derbheit und eigenwilligem Charakter, die einer gewissen Größe und Monu-
mentalität nicht entbehren. Das Land war nicht reich an Baugedanken, aber einmal ge-
fundene Lösungen werden sicher und konsequent zu Ende gedacht. Die Einfachheit des
Bauprogramms, die Beharrlichkeit in dessen Durchführung und die urwüchsige Derb-
heit der einzelnen Bauformen verleihen den romanischen Kirchen auf altbayerischem
Boden ihren besonderen Reiz.

Rundschau

Technisches
DER KALKSANDSTEIN
ALS KIRCHENBAUSTOFF1)
ÄA/'cnn die berufenen Vertreter von Handel, Ge-
’ ’ werbe und Industrie einen Abbau der Kir-
chensteuer verlangen, wenn wir von Kritiken über
1) Im Heft 1 des laufenden Jahrganges, S. 8, hat Prof. Dr.
Gg. Lill anläßlich der Beurteilung der beiden Kirchen in Nürn-
berg und Erlangen von Oberbaurat Prof. Fritz Fuchsenberger
seine kritische Meinung über die Verwendung von Kunststein
aus Kalk und Sand beim modernen Kirchenbau geäußert. Bei
der finanziellen Bedeutung der Angelegenheit geben wir dem Er-
bauer, Herrn Oberbaurat Prof. Fritz Fuchsenberger, in einem
befürwortenden Aufsatz das Wort zur Diskussion. Die Red.

die Höhe von Kirchenneubaukosten hören, in
unseren Zeiten der Wohnungsnot und wirtschaft-
lichen Vernichtung des Mittelstandes, und dazu
in Parallele stellen die Schwierigkeiten der Herein-
bringung der Kirchensteuer und Opfergelder, die
Vernichtung unserer Stiftungsgelder, so verste-
hen wir den Notschrei nach billigen Kirchenbau-
ten, der vor allem laut in der Diaspora erschallt
und hier auch ernstlich zur Diskussion steht.
Gegen eine Flut von Voreingenommenheit und
übler Gegenbeispiele muß in diesem Ringen nach
Verbilligung angekämpft werden.
Die sog. sparsame Bauweise der Nachkriegs-
zeit mit ihren Ersatzbaustoffen und die hiermit
gemachten üblen Erfahrungen wirft ihre Schatten
 
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