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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Aufhauser, Johann Baptist: Christliche einheimische Kunst in nichtchristlichen Ländern
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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0190

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162 CHRISTL. EINHEIMISCHE KUNST IN NICHTCHRISTLICHEN LÄNDERN


MOSCHEE IN JOHOR BEI SINGAPORE (MALAYA)
ÄLTERER BAU MIT VERWENDUNG VON RENAISSANCEMOTIVEN

und Altäre darin errichten, damit, wenn das Volk sieht, daß man seine Tempel unver-
sehrt lasse, es seinen Irrtum von Herzen ablege und sich an den nun einmal gewohnten
Stätten zur Anbetung des wahren Gottes williger sammle . . .« Auch die Opferfestlich-
keiten seien durch Einführung von christlichen Festen, etwa des Kirchweihfestes oder
der Geburtstage der heiligen Märtyrer zu heiligen, die religiösen Mahlzeiten den Neophyten
zu gestatten, doch sollten sie statt wie bisher für den Teufel, zur Ehre Gottes und zu
ihrem Genüsse die Tiere schlachten. »Denn es wäre zweifelsohne nicht möglich, störrigen
Gemütern alles auf einmal zu entreißen.« Es sind dies Grundsätze, wie sie Bischof Por-
phyrius von Gaza bei der Umwandlung des berühmten antiken Marneion in eine christ-
liche Kirche1) und auch viele andere Bischöfe des nahen Orientes angewandt haben. Gar
viele der Kirchen in Ägypten, Syrien und Vorderasien bzw. ihre heutigen Ruinen könnten
in ihren verschiedenen übereinandergelagerten religiösen Schichten davon erzählen, wie
das an einem Orte hängende Volksvertrauen von jeder neuen Religion respektiert wurde
und immer wieder aufs neue ein Heiligtum der betreffenden Religion daselbst erstand.
Ähnliche Erscheinungen begegnen uns bekanntlich auch bei der Missionierung der Romanen,
Germanen und Slaven. Diese Missionspraxis blieb auch weiterhin in der Kirche befolgt
und sicherte ihrem Missionswerk Erfolg. Sie spricht ebenso aus den Vorschriften der Pro-
paganda an die ersten apostolischen Vikare des Pariser Missionsseminars für Ostasien
(1659): »Hütet Euch, diese Völker auf irgendeine Weise zu bestimmen, ihre Zeremonien,
Gebräuche und Sitten zu ändern, sie müßten denn offenbar wider die Religion und Tugend
verstoßen. Denn läßt sich wohl etwas Ungereimteres denken, als Frankreich, Spanien,
Italien oder sonst ein Land Europas nach China verpflanzen zu wollen. Nicht unsere
Sitten müssen wir in dieses Reich pflanzen, sondern den Glauben, der auf die Sitten und
Gebräuche keines Volkes sieht oder sie verletzt, vielmehr sie zu erhalten sucht. Und da
nun einmal die Menschen so veranlagt sind, daß sie ihre Nation und all das Ihrige mehr
schätzen und lieben als das Ausländische, so gibt es für sie keinen stärkeren Anlaß zur
Abneigung und zum Hasse als die Abänderung der vaterländischen Gewohnheiten, zumal
wenn sich dieselben durch ihr Alter empfehlen. Bewundert und lobt also, was Lob ver-
dient! Was aber des Beifalls unwert ist, das muß man zwar nicht nach Art feiler
Heuchler preisen. Doch fordert die Klugheit, daß man über diese Dinge kein Urteil
ausspreche, sie jedenfalls nicht kurzerhand und ohne überzeugende Gründe verdamme.
Sollten aber jene Gebräuche wirklich schlecht sein, so mißbilligt man sie zunächst durch

’) Marei Diakoni, Vita Porphyrii episcopi Gazensis, Leipzig 1895, S. 54Ä.
 
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