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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.59007#0220

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192

BÜCHERSCHAU — KLEINE MITTEILUNGEN

GRIECHISCH-RUSSISCHE KUNST
TAie christliche Kunstgeschichtsschreibung war
und ist viel zu eng auf die westeuropäische
Entwicklung eingestellt. Strzygowski, mag man
sonst zu ihm stehen, wie man will, hat das un-
geheuere Verdienst unseren Blick nach Zeit und
Raum in bisher völlig verkannte und unterschätzte
Gebiete geweitet zu haben. Nicht nur die rein
kunstästhetische und archäologische Forschung,
sondern auch Geistesgeschichte, Ikonographie.
Religionsgeschichte verlangen gebieterisch, sich
mit östlicher, byzantinischer, slawischer, russischer
Kunst zu beschäftigen.
Eine wertvolle und interessante Einführung in
das Grundgebiet bietet der schon früher in fein-
sinnigen Büchern über Griechenland hervorge-
tretene Franz Spunda in seinem Buche »Der
heilige Berg Athos« (267 S. mit 40 Bildtafeln,
Inselverlag Leipzig 1928, geb. M. 12.—). Land-
schaft und Legende lautet der Untertitel und ge-
rade dieses Zusammenschauen von wundervollster
griechischer Landschaft, religiöser Inbrunst, aske-
tischer Selbstenteignung, christlicher Mystik und
liturgischer Kunst gibt dem Buche seinen ganz
eigenartigen Zauber. Das Buch ist nicht kunst-
historisch und nicht theologisch, und gerade des-
halb gibt es tieferen Einblick in den Seelenzu-
stand, aus dem griechisch-orthodoxes Christentum
mit seiner für uns Westeuropäern fremdartigen
Andachtsglut und seinem antirationalen Wunder-
glauben emporwächst. Mit außergewöhnlichem
Takt berichtet der Verfasser über diese Welt,
indem er jeden westeuropäischen Skeptizismus
unterdrückt und mit kindlicher Einfalt (oder
besser poetischer Einfühlung) diese fremde Welt,
diese alte Kultur, diese übermenschliche christ-
liche Hingabe so hinnimmt, wie sie selber sich
fühlt.
Ein kunsthistorisches Spezialgebiet behandelt
Fürst Eugen N. Trubetzkoy in seiner »Alt-
russischen Ikonenmalerei«, herausgegeben
und eingeleitet von Nikolaus v. Arseniew (99 S. Ver-
lag Ferd. Schöningh, Paderborn, brosch. M. 3.75).
Der 1920 verstorbene hervorragende russische
Kulturphilosoph hat für seine Zeit, ähnlich wie
die Romantik und die neueste Zeit in Westeuropa,
die Bedeutung mittelalterlicher Kunst erst
wieder aus dem Schutt rationalistischer Über-
heblichkeit herausstellen müssen. In diesem Büch-
lein sind zwei seiner Aufsätze über die altrus-
sischen Ikonen (religiöse Tafelbilder) vereinigt,
in denen aus der christlichen Geistesgeschichte
die Idee der Bilder, die Komposition, die Symbo-
lik der Farbe, das geheimste Wollen dieser streng-
sten kultischen und liturgischen Kunst zu begreifen
gesucht wird. Fragen werden damit angeschnitten,
die weit über nur Kunsthistorie hinausgehen
und unser heutiges aktuelles Problem einer neuen
Kirchenkunst aufs stärkste berühren.
Den weitverzweigsten und subtilsten Wurzeln
osteuropäischer Kunst geht Wilhelm Wor r inge r
in seinem Buche »Griechentum und Gotik:
Vom Weltreich des Hellenismus« nach (108 S.
mit 124 Abb., Verlag R. Piper & Co., München
1928, geb. M. 17.50). Wie bei allen seinen Büchern
liegt der Wert dieses Werkes in der neuartigen
Einstellung zu Problemen, die wir in schulmäßiger
Auffassung als schon längst einwandfrei gelöst
betrachten. Die künstlerische Spannung Europas

liegt nach ihm zwischen Gräzismus und Latinis-
mus, denen wieder entspricht Gotik und Renais-
sance und zwar nicht in einer zeitlosen Paralleli-
tät, sondern in einem ununterbrochenen, wenn
auch mehr musikalischem, doch tatsächlichem Zu-
sammenhang. Der Gräzismus dauert vom Archais-
mus über den Hellinismus, indischer Kunst, byzan-
tinischer Kunst, französischer Gotik bis zur russi-
schen Kunst des 18. Jahrhunderts. Seine Aufstel-
lungen sind geistreich, verblüffend, sehr zum Nach-
denken geeignet, aber wenn man dann Einzelheiten
mit schärferer Exaktheit zu Leibe geht, keines-
wegs von absolut überzeugender Kraft; man ver-
gleiche etwa die Reihung: Alkamenesherme, Kopf
eines Königs von Chartres, Hl. Petrus, Metropolit
von Moskau, die entwicklungsgeschichtlich un-
möglich aneinandergereiht werden können. Wor-
ringer bezeichnet selbst sein Buch als kunstge-
schichtliche Skizze, so mag man es als geistvolle
Anregung gelten lassen. Einen endgültigen Ab-
schluß dürfte erst eine Generation neuer Forscher-
arbeit auf diesem Gebiete vergleichender Kunst-
wissenschaft zu leisten imstande sein. Das Buch
ist mit einem ausgewählten und seltenen Bild-
material illustriert. Georg Lill
Kleine Mitteilungen
GROSSER WETTBEWERB
TAie Firma »Subirana«, Barcelona (Spanien),
schreibt für Künstler aller Länder einen Wett-
bewerb zur Erlangung einer Herz-Jesu-Statue
mit einem einzigen Preis von 50000 Gold-Pesetas
aus. Einlieferungstermin: Vor dem 1. Mai 1929 in
Barcelona. Die etwas komplizierten Bedingungen
können von der Firma bezogen werden und können
außerdem im Geschäftslokal der »Deutschen Ge-
sellschaft«, München, Wittelsbacherplatz 2, ein-
gesehen werden. (Mitteilung leider verspätet in
unseren Besitz gekommen.)
STIPENDIUM
A us der Professor-Georg-Busch-Stipendienstif-
tung in München kann ein Stipendium im
Betrag von RM. 398.— verliehen werden. Das
Stipendium wird an einen »deutschen, würdigen,
strebsamen, katholischen Künstler, Maler oder
Bildhauer« verliehen, der »seine Lebens- und Ar-
beitskraft in den Dienst der religiösen Kunst auf
den Grundlagen des katholischen Glaubens stellt«.
Unter mehreren Bewerbern haben die Nachkom-
men des Stifters oder seiner Geschwister den Vor-
rang, im übrigen Bildhauer den Vorzug vor Malern.
Schriftliche Bewerbungen (mit einem kurzen Ab-
riß des Lebensganges und mit Mitteilungen über
Arbeiten und Schöpfungen) sind bis 3. April 1929
beim unterzeichneten Vorsitzenden der Vermö-
gensverwaltung der Stiftung, München, Rückert-
Straße 9/I, einzureichen. Gleichzeitig wird ein-
geladen zur Teilnahme an einer hl. Messe, die in
der St. Paulskirche am 25. März 1929, früh 7°s Uhr,
zum Gedächtnis verstorbener christlicher Künst-
ler gelesen wird.
München, den 5. Februar 1929.
Stiftungsverwaltung:
Martin Graßl, erzbischöfl. Finanzrat.

Für die Redaktion verantwortlich : Dr. Gg. Lill, München 2, NO5, Prinzregentenstr. 3 ; Dr. Mich. Hartig; Dr. Rich. Hoffmann.
Für den Inseratenteil verantwortlich: Direktor A. Dümpelmann. Verlag der Gesellschaft für christliche Kunst, GmbH.,
Wittelsbacherplatz 2a. Druck von F. Bruckmann A.-G. — Sämtliche in München.
 
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