Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 42.1929

DOI Heft:
Nr. 2
DOI Artikel:
Valentien, Otto: Architekt und Gartenarchitekt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0031

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Blick vom Waldwege; zu den großen Volkswielen. (Im Hintergrund rechts Planschteich, links Terrassen), Volks- und Waldpark
Wuhlheide zu Berlin-Treptow. Gartenarchitekt: E. Harrich.

So wie die Dinge liegen, glauben wir, daß die Entwicklung
zu einer klaren Plattform in der Zusammenarbeit der ver-
wandten Berufe führen wird. Mit Schuster (Aufsatz zum
Garten May, G. K. Nov. 1928) können wir einen Zustand
als idealen bezeichnen und anstreben, in dem bei der Be-
arbeitung eines gemeinsamen Projektes weder der Archi-
tekt noch der Gartenarchitekt zur Befriedigung seiner
persönlichen Eitelkeit es für nötig hält, über den sachlichen
Rahmen seiner jeweiligen Aufgaben hinauszugehen.
Es gibt eine Anzahl Architekten, das zeigte uns (trotz der klei-
nen Schwächen, die wir für untergeordnet halten) erneut der
Garten May, die einen Garten t elser zu organisieren verliehen,
als das Gros der Gartenarchitekten es vermag. Wir freuen uns
über jeden guten Garten und sind jedem dankbar, der uns bei
derLösung unserer Aufgaben helfen und fördernkann. Nicht
nur technische Berufe, sondern auch Kunst und Wissenschaft
erhalten von Zeit zu Zeit entscheidende Impulse durch Kräfte,
die ungehemmt durch akademischeRegeln einer ihnen berufs-
mäßig fremden Disziplin grundsätzliche Erweiterung bringen.
Es ist aber ein Irrtum anzunehmen, daß das Verliehen der
Architekten für den Garten allgemein ist oder noch werden
könnte. Es ist vielmehr so, daß die meisten Architekten
nicht nur keinen Garten formen können, sondern daß ihnen
tatsächlich die wirkliche Verbindung zu ihm fehlt. Ich er-
innere an die Gartenentwürfe zu den Häusern von Le
Corbusier und verweise, um dem Garten May ein örtliches
Beispiel gegenüberzustellen, auf die Straßenseite im Garten
Prof. Elsaester, Frankfurt a. M.

Es ist ja auch so, daß der Garten lieh nicht wie ein Haus
einfach fertig herrichten läßt; er bedarf nach seiner An-
lage dauernder Pflege und Weiterarbeit. Und wenn der
Besitzer nicht zufällig einer der wenigen Gartenliebhaber
ist, die lieh durch persönlichstes Interesse und langjährige
Gartenarbeit mit den auf die Pflanzen einwirkenden Boden-
und klimatischen Verhältnilsen, mit Pflanzenzucht und
-pflege vertraut gemacht haben, so ist noch lange die be-
ratende Mitarbeit des Gartenfachmannes nötig.
Unsere Zeit drängt weiter zur Spezialisierung. Wieviel
Hochbauarchitekten sind heute noch ihre eigenen Innen-
architekten und Statiker? Die Unterteilung ist ohne
Frage berechtigt und wird es immer mehr. Nötig ist,
wie schon oben betont, mehr iachliche Bescheidung, mehr
objektive Zusammenarbeit. Und je konsequenter wir uns
in den Dienst der Sachlichkeit stellen, um so schneller wird
auch die Person hinter der Sache zurücktreten, und die
Entwicklung dahin führen, daß, mit Schuster, jeder nur
„Diener am Werke” ist. Die immer nur um ihre „Kunst”
Besorgten mögen sich darüber klar sein, daß das, was wir
künstlerisch oder schön nennen, nicht im hergebrachten
Sinne schmückend oder dekorativ zu sein braucht.
Das Lebendige in jeder schöpferischen Arbeit, das lebendige
Zusammenspiel der Flächen und Linien eines ehrlich und
mit Können: geformten Gebildes ist stets vorhanden, wenn
hinter der Arbeit ein ganzer Mensch stand. Entscheidend ist
überall die Gesinnung.
Otto Valentien, Frankfurt am Main.
 
Annotationen