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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 7
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Garbers, Friedrich: Zur Bekämpfung des Ulmensterbens
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0122

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giften in den Holzkörper der betroffenen Baume das
Fortsehreiten der Ulmenkrankheit zum Stillstand bringen
wollte.
Woraus das von ihm angewendete und mit viel Reklame
angepriesene Mittel besteht, ist sein Geheimnis. Er hat
nach mehrfachen Versuchen (auch in Bremen) eine Schrift
herausgegeben: „Das Ulmensterben kann verhindert
werden. Abschlußbericht vom 30. Oktober 1928.“
Es ist für den auf ein örtlich begrenztes Arbeitsgebiet
beschränkten Praktiker nicht möglich, alle Angaben in
diesem sich auf ein weites Gebiet erstreckenden Bericht
nachzuprüfen. Ich bin deshalb darauf angewiesen, meine
Feststellungen mit der Nachprüfung der Angaben Illischs
über seine Erfolge in Bremen zu begründen.
In dem Bericht sind zwei Abbildungen wiedergegeben,
die eine Ulme vor und nach ihrer Behandlung mit sei-
nem „Illisan“ genannten Mittel zeigen. Über die eine
Abbildung sagt Illisch in seiner Schrift folgendes:
„Der Baum war sehr stark erkrankt und wurde am
4. Mai 1926 von mir behandelt. Ende Juni wies der
Baum nicht ein einziges Blatt auf, so daß ich schon mit
seinem vollständigen Eingehen rechnete. Wider Erwarten
konnte ich bei der Kontrolle im September 1926 eine
außerordentlich gesunde Triebbildung feststellen. Der
Baum entwickelte sich auch 1927 weiter günstig, wie die
photographische Aufnahme von Anfang Oktober zeigt.
Es handelt sich nicht um einen Zufallserfolg; denn an-
dere gesunde und vorbeugend geimpfte Bäume wiesen
eine üppigere Blattbildung auf als daneben slehende ge-
sunde, aber nicht geimpfte Bäume“. — Zu Abbildung 2,
photographische Aufnahme von August 1928 heißt es:
„Dieser Baum entwickelte sich weiter sehr günstig und
war von mir am 4. Mai 1926 mit Präparat Nr. 113 ge-
impft worden. Standort am Spielplatz Nordstraße Bremen.“
Diese nicht zutresfenden Behauptungen des Herrn Illisch
zwingen mich zu folgenden Ausführungen:
Ich will gern annehmen, daß Herr I. sich geirrt hat, ob-
gleich es befremdend ist, daß er dem Gartenamt Bremen,
zu dessen Bezirk genannter Standort des behandelten
Baumes gehört und das ihm einen Beamten — das war
ich — und Arbeiter zu seinem Versuchen an 6 Bäumen
zur Verfügung stellte, Barmittel aber verweigerte, obige
Schrift nicht zustellte. Dagegen beglückte er die erste
Tageszeitung Bremens, die „Bremer Nachrichten“, damit,
offenbar zu Propagandazwecken; eine andere Bremer
Zeitung, das „Volksblatt“ hat über ihn einen Artikel
mit einem Bilde gebracht, das ihn beim Impfen dar-
stellt. Im Bremer Gartenamt ist man ebensowenig von
der Wirksamkeit seiner Methode überzeugt, wie auf der
Biologischen Station in Bremen.
Der abgebildete Baum ist nie von der Ulmenkrankheit
befallen gewesen. Nachdem Herr Regierungsrat Dr.
Wollenweber in Bremen an Beispielen gezeigt hat, wie
die Ulmenkrankheit unfehlbar zu erkennen ist — näm-
lich daran, wenn der länglich gehaltene Schnitt durch
einen zweijährigen Trieb braune Striche zeigt, ist auch
die in Rede slehende Ulme untersucht und man hat
dabei keinerlei Krankheitszeichen entdeckt. Auch nicht
im November letzten Jahres. Sämtliche anderen
von Herrn Illisch geimpften Bäume verschie-

denen Alters (etwa 15—35 Jahre) am Spielplatz
Nordstraße sind restlos eingegangen und ent-
fernt worden. Der Baum, der beim Impfen am
4. Mai keine Blätter mehr hatte, ist zuerst beleitigt wor-
den, da er vollkommen abgestorben war. Der abgebil-
dete Baum ist nicht blattlos gewesen. Warum hat Herr
Illiich ihn nicht in diesem Zustand photographiert? Die
Blätter waren heller und an den Triebspitzen nicht voll
entwickelt, aber sie waren vorhanden. Es soll zugegeben
werden, daß gerade dieser Baum sich im Herbst durch
große Blätter und dunkleres Laub auszeichnete: Gleiches
habe ich aber im Herbst 1926 auch an anderen Stellen
in Bremen beobachtet, wo besonders Ulmen der Gattung
U. Pitteursi, sehr üppig waren, ohne geimpft zu sein.
Die Ursache ist darin zu suchen, daß nach trockener
Sommerszeit Ende September feuchtwarmes Regenwetter
einsetzte, was bei allen Gehölzen einen Anreiz zum Trieb
und späten Wachstumsabschluß zur Folge hatte.
Nun noch ein Wort über die Präparate. Herr Illisch
hat mir für weitere Versuche eine kleine Apotheke von
Präparaten, auch von Mitteln gegen Blutlaus, Blattlaus,
Pilzkrankheiten usw. an Obst- und Wildgehölzen zur
Verfügung gestellt. Ich habe mehrere Obstbäume gegen
Blutlausbefall geimpft, ohne jeden Erfolg, auch gegen
Blattlaus mit gleichem negativen Ergebnis. Als ich die
kühl aufbewahrten Präparate nach einiger Zeit wiedersah,
waren sie sämtlich mit einer dicken weißen Schicht von
Schimmelpilzen überzogen. Kann ein solches Präparat
gegen einen Pilz wie das gefährliche Graphium ulmi
wirksam sein? Auf meinen Vorhalt erklärte Herr Illisch,
sein Drogist habe ihn bei der Lieferung des Konservierungs-
mittels schlecht bedient.
Den Gedanken, durch Impfung erfolgreich gegen das
Ulmensterben und ähnliche Krankheiten vorzugehen, halte
ich an und für sich für durchaus diskutabel. Die in
Bremen beim Gartenamt vorgenommenen Versuche Illischs
sind ebenso wie meine eigenen nach seinem Rezept bis-
her ergebnislos verlaufen. Nach wie vor führt auch hier
die Axt das Regiment und beseitigt kranke Ulmen jeg-
lichen Alters. Wenn man irgendwo Scheinerfolge bei
Anwendung des Illischschen Verfahrens feststellen zu
können glaubte, so dürften sie darauf zurückzuführen
sein, daß das Anbohren namentlich bei älteren Bäumen
eine ähnliche Wirkung wie das Schröpfen ausübt und die
Bäume zu lebhafter Funktion anreizt. An eine Wirkung
des Impfstoffes glaube ich nicht.
Friedrich Garbers, Bremen.
Die vorstehenden Ausführungen des Herrn Garbers, für
deren Richtigkeit er nach jeder Richtung hin die Ver-
antwortung zu übernehmen bereit ist, haben wir hier
zum Abdruck gebracht in der Annahme, daß sie als
Ausgangspunkt einer umfastenden und gründlich vorbe-
reiteten Rundfrage über den derzeitigen Stand der Be-
kämpfung des Ulmensterbens bei den deutsehen Garten-
verwaltungen dienen können. Eine unlängst unternom-
mene Rundfrage, die im wesentlichen sich auf Hamburg,
Hannover, Köln, Nürnberg und Breslau erstreckte, hatte
noch kein durchschlagendes Ergebnis gezeitigt. Schltg.

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