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Der Jüdische Artzt.
Ze sie nun durch langwieriges Reisen und
Artzeneyen ihre Mittel gantz verzehret
sind sie durch Armut/ gezwungen worden / von
darauffzubrechen.Die Frau hat ihre angenehme
Bürde wieder auffgefasset/ und nach Stantz ge-
tragen. Dieses ist ein Flecken in der Schweitz /
Im Unterwalder-Lande gelegen/sechszehenMeil
von Baaden. Wie sie nun ihren Mann daselbst
einsmahls nach der Kirchen getragen / kam ein
Jude/der einMedtcus war/ und aus dem gemei-
nen Geschrei) von ihr gehöret hatte. Derselbe
versprach ihr/wie sie aus der Kirchen gieng / die
hülfflicheHand zu bieten. Dieser Jude
war durchs gantze Land berühmt / wegen seiner
guten Kunst und Euren / die er an etlichen von
den Vornehmsten deß Landes/in sehr gefährliche
Kkanckheiten/erwtesen/als an Lahmen/ Tauben/
blinden Leuthen/und an denen die der Schlag ge-
troffen. Wie er nun zu diesem Patienten kam/
gab er ihm ein Pulver/ alle Tage davon zu trin-
cken/und befahl weiter ein Kalb zu nehmen/ ihm
Den Halß abzuschneiden/ daß mittlere Blut auff-
zu fangen/solchesmit Essig und Saltz zu mischen
und wann es unter einander gesotten/eine Salbe
darans zu machen / mit derselben dicElieder 4
Wochen lang zu schmieren / alsdann solte die
Lähmung vergehen/den durch dieses Mittel hät-
te er viel Patienten curiret.
Uber das gab er ihnen ein Säcklekn eines Fin-
gers lang/in welches er ein Papierlein legte/dar-
auff zwo Zeilen Hebräische Buchstaben ohne
Puncten geschrieben stunden/ welches ein gewis-
ser Spruch war. An dem Schnürlein / damit
ersihm an den Halß hing/ war ein Stück von ei-
ner Betonien-Wurtzel gehefftet. Mit der Sal-
ben hat es die Fran nicht wagen Wolkenzüge,
brauchen / weil er ein Jude; als dem sie nichts
Gutes zu kraute/ aber das Bandlein sambt dem
Säckelein hat er stets am Halse getragen / und
'4Tage hernach merckiiche Kräffkeverspührct/
wiewohl meines Vermutens/ die Einfältige das
natürlichhMittel verwsrffen/und das aberglau»
bischedem Mann angehenckt hat.
Von Stantz trug sie ihn weiter / kn GeseS-
schafft des Jüdischen Doctors/ und führte ihn
über die höchsten und erschrecklichsten Gebirge /
als den Stattelberg/den Nitzelberg / unter wel-
chen ein jeglicher eine gantze Meile hoch ist.
Der gefährliche Fall.
/ daß diese Frau ihren
Weg zu besch!eunigen/an einem Morgen
früh umb s Uhr / den Mann auff den Rücken
uahm/und mit ihm über dem Nitzelberg / biß ge-
gen den Abend, ohne Speise oder Tranckgieng/
worauffihreine Ohnmacht zutrat/ also daß sie
anfing;n torckeln oder taumeln/ und mit dem ge-
bundenen Mann auff 9 Schritt hinunter fiel.
Oben ihr stund ein Catholischer Schweitzer/der
einen Echwcitzerischen Käse unter dem Arm
hielt.Als Dieser das erbärmliche Spectacul sähe/
rieffec mit lauter Stimme : Heylige Mutter
GOktes! Heilige Anna! beschützet diese armen
Leuche! Wie er nun gewahr worden/ daß sie sich
lom, IV.
an eine» Orth anhielten/legte er seinenKäse nke-
der/lieff zu/ und jchnitt die Bänder cntzwey/ da
mit sich die Frau an den Mann gebunden hatte/
und befand / daß ihnenbeyderseits die Glieder
gantz zerstoffen/zttterten und bebten. Er blieb ei-
ne Wei! stehen / damit diese Leuche ein wenig zu
sich selber kähmen/und die Frau sich etwas erho-
len möchte; drauff nahm der ehrliche guthertzige
Sweitzer den lahmen Mann auff die Achsell/und
trug ihn aufdic rechteLand-Strasse/un legte ihn
danieder/ denn die Frau war so mar /daßsie ihn
nicht tragen kunte. Nachdem sie aber ihre Kräff-
te wieder bekommen/ gieng sie auff das Kloster
bey Nappekswtel zu. Der Schaffner im K'oster
T t präscn-
Der Jüdische Artzt.
Ze sie nun durch langwieriges Reisen und
Artzeneyen ihre Mittel gantz verzehret
sind sie durch Armut/ gezwungen worden / von
darauffzubrechen.Die Frau hat ihre angenehme
Bürde wieder auffgefasset/ und nach Stantz ge-
tragen. Dieses ist ein Flecken in der Schweitz /
Im Unterwalder-Lande gelegen/sechszehenMeil
von Baaden. Wie sie nun ihren Mann daselbst
einsmahls nach der Kirchen getragen / kam ein
Jude/der einMedtcus war/ und aus dem gemei-
nen Geschrei) von ihr gehöret hatte. Derselbe
versprach ihr/wie sie aus der Kirchen gieng / die
hülfflicheHand zu bieten. Dieser Jude
war durchs gantze Land berühmt / wegen seiner
guten Kunst und Euren / die er an etlichen von
den Vornehmsten deß Landes/in sehr gefährliche
Kkanckheiten/erwtesen/als an Lahmen/ Tauben/
blinden Leuthen/und an denen die der Schlag ge-
troffen. Wie er nun zu diesem Patienten kam/
gab er ihm ein Pulver/ alle Tage davon zu trin-
cken/und befahl weiter ein Kalb zu nehmen/ ihm
Den Halß abzuschneiden/ daß mittlere Blut auff-
zu fangen/solchesmit Essig und Saltz zu mischen
und wann es unter einander gesotten/eine Salbe
darans zu machen / mit derselben dicElieder 4
Wochen lang zu schmieren / alsdann solte die
Lähmung vergehen/den durch dieses Mittel hät-
te er viel Patienten curiret.
Uber das gab er ihnen ein Säcklekn eines Fin-
gers lang/in welches er ein Papierlein legte/dar-
auff zwo Zeilen Hebräische Buchstaben ohne
Puncten geschrieben stunden/ welches ein gewis-
ser Spruch war. An dem Schnürlein / damit
ersihm an den Halß hing/ war ein Stück von ei-
ner Betonien-Wurtzel gehefftet. Mit der Sal-
ben hat es die Fran nicht wagen Wolkenzüge,
brauchen / weil er ein Jude; als dem sie nichts
Gutes zu kraute/ aber das Bandlein sambt dem
Säckelein hat er stets am Halse getragen / und
'4Tage hernach merckiiche Kräffkeverspührct/
wiewohl meines Vermutens/ die Einfältige das
natürlichhMittel verwsrffen/und das aberglau»
bischedem Mann angehenckt hat.
Von Stantz trug sie ihn weiter / kn GeseS-
schafft des Jüdischen Doctors/ und führte ihn
über die höchsten und erschrecklichsten Gebirge /
als den Stattelberg/den Nitzelberg / unter wel-
chen ein jeglicher eine gantze Meile hoch ist.
Der gefährliche Fall.
/ daß diese Frau ihren
Weg zu besch!eunigen/an einem Morgen
früh umb s Uhr / den Mann auff den Rücken
uahm/und mit ihm über dem Nitzelberg / biß ge-
gen den Abend, ohne Speise oder Tranckgieng/
worauffihreine Ohnmacht zutrat/ also daß sie
anfing;n torckeln oder taumeln/ und mit dem ge-
bundenen Mann auff 9 Schritt hinunter fiel.
Oben ihr stund ein Catholischer Schweitzer/der
einen Echwcitzerischen Käse unter dem Arm
hielt.Als Dieser das erbärmliche Spectacul sähe/
rieffec mit lauter Stimme : Heylige Mutter
GOktes! Heilige Anna! beschützet diese armen
Leuche! Wie er nun gewahr worden/ daß sie sich
lom, IV.
an eine» Orth anhielten/legte er seinenKäse nke-
der/lieff zu/ und jchnitt die Bänder cntzwey/ da
mit sich die Frau an den Mann gebunden hatte/
und befand / daß ihnenbeyderseits die Glieder
gantz zerstoffen/zttterten und bebten. Er blieb ei-
ne Wei! stehen / damit diese Leuche ein wenig zu
sich selber kähmen/und die Frau sich etwas erho-
len möchte; drauff nahm der ehrliche guthertzige
Sweitzer den lahmen Mann auff die Achsell/und
trug ihn aufdic rechteLand-Strasse/un legte ihn
danieder/ denn die Frau war so mar /daßsie ihn
nicht tragen kunte. Nachdem sie aber ihre Kräff-
te wieder bekommen/ gieng sie auff das Kloster
bey Nappekswtel zu. Der Schaffner im K'oster
T t präscn-