Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

DOI article:
Pfister, Rudolf: Das Bayerische Handwerk: Handwerks-Ausstellung München 1927
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0389

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
XXXVUl. JAHRG.

DARMSTADT.

OKTOBER 1927.

»DAS BAYERISCHE HANDWERK«

HAND WERKS-AUSSTELLUNG MÜNCHEN 1927

Die Ausstellungen sind aus der »Messe« her-
vorgegangen und also letzten Endes eine mit-
telalterliche Einrichtung; sie haben heute noch mit
ihrer frühesten Form den praktischen Zweck ge-
meinsam, zum Kaufen anzuregen und einen auf
engen Raum gedrängten bequemen Überblick über
eine artmäßig oder lokal begrenzte Produktion zu
bieten. Ideelle Forderungen wurden an die Messe
nicht gestellt und auch nicht an die frühesten Aus-
stellungen aus dem Anfang des vergangenen Jahr-
hunderts. Es handelte sich ehedem ausschließlich
um das zur Schau gestellte Objekt, nicht um die
Art wie dies geschah. Die Form, in welcher die
Objekte dargeboten wurden, gewann erst Bedeu-
tungmit dem Entstehenberufsmäßiger Ausstellungs-
bauten, also etwa mit der ersten Weltausstellung
des Jahres 1851 in London. Seitdem verschiebt sich
fast stetig das Gewicht der Ausstellungen vom
»Was« auf das »Wie«, und bei der modernen
Kunstgewerbe-Ausstellung pflegt das wirklich We-
sentliche fast weniger im ausgestellten Objekt als
vielmehr in der Form der Darbietung zu liegen, im
vergänglichen Rahmen, im modischen Kleid, in der
»neuen Fatzon«, wie Dürer sagte. Die Bedeutung
moderner Ausstellungen bemißt man durchaus nicht

1927. X. 1.

mehr nach der Qualität der Ausstellungs-Gegen-
stände allein, sondern nach der Übereinstimmung
von Inhalt und Rahmen, nach dem Grad der er-
reichten künstlerischen Einheit, nach der Harmoni-
sierung der Gesamtwirkung. So kommt es, daß die
Ausstellungs-Architektur für unsere Zeit so große
Bedeutung erlangt hat: jene leichter geschürzte Gat-
tung der erdenschwersten und im Materiellen ge-
bundensten aller Künste, die andere Maßstäbe ver-
langt als ihre verantwortungsreichere, um nicht zu
sagen solidere Schwester. Ihr Wert will an ihrer
Lebensdauer gemessen werden. Für kurze Zeit
bestimmten Dingen als adäquater Rahmen und Hin-
tergrund zu dienen ist ihre Aufgabe; den Betrach-
ter des ausgestellten Objektes sich wohl fühlen zu
lassen und günstig zu stimmen ihre fröhliche geheime
Sendung; unter Umständen auf Kosten des eigenen
Vorteils dem Objekt zu schmeicheln ihre Aufopfe-
rung und Zurückhaltung erfordernde künstlerische
Pflicht. Ausstellungs-Architekturist »Sechsmonats-
kunst« und also in gewissem Sinne vergänglicher
noch als die Bühnen-Dekoration. Es kann für den
Künstler kaum eine freundlichere Aufgabe geben,
als vergängliche Architektur zu schaffen ohne die
große Verantwortung vor den Jahrhunderten, als
 
Annotationen