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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Pfister, Rudolf: Das Bayerische Handwerk: Handwerks-Ausstellung München 1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0390

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370

INNEN-DEKORATION

MAX WIEDERANDERS UND T. PARZINGER-MÜNCHEN DIE »GOLDENE STADT«. AUSSTELLUNG MÜNCHEN

die kleineren oder größeren Exaltationen der Phantasie,
wenn auch nur in Holz und Pappe — realisieren zu
dürfen, während sie der Fachgenosse früherer Jahrhun-
derte nur der Kupferplatte anvertrauen konnte. So kurz
aber auch die Lebensdauer, so intensiv sind doch die
Auswirkungen — insbesondere auf die Laien — und die
schulbildende Kraft. Hat man es doch oft genug erlebt,
daß gerade Ausstellungen die Stilbildung von Jahrzehn-
ten entscheidend beeinflußt haben. — Und hier liegt die
große Verantwortung der Ausstellungs-Archi-
tektur! Bedeutet sie doch für den betrachtenden Laien
und den fachlichen Nachwuchs einen General-Appell,

eine Heerschau über das zeitgenössische Können.....

Im ephemeren Charakter der Ausstellungs-Architektur
liegt deren Reiz, aber auch eine Quelle der Gefahr. Es
ist nichts naheliegender, als die unserer Zeit so konforme
Film-Oberflächlichkeit jener Raumgestaltung der Film-
bühne durch Dekorateure, die ernster architektonischer
Arbeit fern stehen, auf die Gestaltung der Ausstellungen
zu übertragen, als eine allzu willfährige Anpassung an
das Reklame-Bedürfnis unserer Zeit, an Aufdringlich-
keit und Aufsehen-Erregen um jeden Preis, das einer
ungesunden Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage
letzten Endes seine Entstehung verdankt. Das ist die
große Kunst ausstellungsmäßiger Gestaltung: die unver-
rückbaren, zeitlos-ernsten Gesetze jeder Raum-Bildung,
den Formwillen der Zeit und ein wohlabgewogenes Maß

von Humor, wie wir ihn meinen, zur Synthese zu führen.
Freilich muß es jener echte, im Ethischen fundierte
Humor sein, ohne den es keine Kunst gibt, am wenigsten
»Sechsmonatskunst«. Beileibe wolle man das, was wir
Humor heißen, nicht gleichstellen mit Oberflächlichkeit
und flachem Witz. Spaßmacher und Hanswurste haben
wir mehr als genug, die echten Humoristen aber sind
dünn gesät in unserer Zeit des Gelächters ohne Kultur. .

München ist klassischer Boden für das Ausstellungs-
wesen. Hier entstand das erste deutsche Ausstellungs-
gebäude, knapp zwei Jahre nach dem ersten europäischen,
hier reihten sich regelmäßig wiederkehrende und außer-
gewöhnliche Ausstellungen in dichter Folge aneinander
und hier entstand auf der Theresienhöhe die erste dauer-
hafte Stätte als Rahmen für den Begriff der modernen
Kunstgewerbe-Ausstellung. Alte Tradition auf dem Ge-
biet der Dekorationskunst aller Art bot fruchtbar berei-
teten Boden. Die Theatermaler aus dem Anfange und
der Mitte des 19. Jahrhunderts, die ehedem berühmten
Münchener Faschingszüge und Künstlerfeste gehören in
diesen Zusammenhang und entspringen der gemeinsamen
Wurzel der süddeutschen Begabung für das Dekorative,
für optisch-sinnliche Wirkungen, für ephemere Augen-
blickskunst in liebenswürdiger Ausformung ohne An-
spruch auf Geltung vor den Jahrhunderten. Heitere
Dekorationen zu schaffen hat man von jeher in München
meisterhaft verstanden und man versteht es heute noch..
 
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