Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0120

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
237

Korrespondenz.

238

daß dieses große, kostspielige Werk auf Kostcn eines
Privatmannes ausgeführt worden. Zu loben ist die
nnglaublich kurze Zeit, während welcher dies geschehen.
Der edle Spender, Cav. Fissola, gab allen bei der
Arbeit Beschäftigten schließlich ein Festessen. So oft
der Blick des jetzt so leicht und beguem Dahinschreitenden
auf den schönen Fußboden und dessen gefällige Zeich-
nung hinabgleitet, ist er genöthigt, des anspruchslosen
Mannes, der so Nützliches geschaffen, in Dankbarkeit
zu gedenken.

Die Jnangriffnahme einer totalen Rekonstruktion
der Fayade der Marcuskirche scheint, Dank der da-
gegen ankämpfenden Stimmen, einstweilen hinausge-
schoben zu sein. Man hat mit Bleiklammern atle
Fugen gesichert, somit auf längere Zeit einem Herab-
fallen der Jncrustation vorgebeugt.

Endlich ist airch die Loggetta des Marcusthurmes,
wclche durch Entfernung der häßlichen Buden nach
beiden Seiten nackt und blos gelegt worden, einer
Restauration unterworfen. Man begann in den letzten
Wochen mit derselben.

Der Kirche S. Moisb drohte die gänzliche Abtra-
gung. Die Fa^ade (1668) kostete der Familie Fini
36,000 Dukaten. Vor längerer Zeit schon eutfernte
man, weil ihr der Einsturz drohte, alle sie belastenden
größerenStatuen, sowie dcn Sarkophag mit darüber ge-
stellter Pyramide nud Büste des Stifters. Es schien das
nur eine Vorarbeit für die gänzliche Abtragung der ba-
rocken Fayade und Kirche zu sein. Zur Freude aller
derer, denen Venedigs Kunstdenkmale, auch jene der
Berfallzeit nicht ausgenommen, am Hcrzen liegen, sah
inan jedoch diesen Sommer von Neuem Gerüste aufsteigen,
und jetzt nach beendeter Arbeit zeigt die Fayade wieder
ihren srüheren überreichen plastischen Schmuck. Auch die
genannle Pyramide übcr dem Hauptportal ist zurück-
gekehrt, sowie hochoben der posauneblascnde Engel. —
Jedenfalls verweilt unser Auge lieber auf dem ma-
lerisch tiefen Steintone als auf der Tünche eines
mvdernen Zinshauses so jammervoller Art, wie sie
die „Viu Vittoris. bimaunsls," der Stolz des mo-
dernen Venezianers, zum abschreckenden Beispiele dar-
bietet. Solchen Hintergrund würde der Campo S.
Moiss erhalten haben!

Da von den Kirchen die Rede ist, so bleibt nur
zu bedauern, daß die Restauration von Sta. Maria
dei Miracoli, diesem Schatzkästlein der herrlichsten
Ornamentik, in Stocken geratheu ist. Die Arbeit wurde
auf unbestimmte Zeit eingestellt. — Ebenso beklagens-
werth ist, daß S. Salvatore, eine der Hauptkirchen
der Stadt, von Tullio Lombardo begonnen, von San-
sovino beendet, jetzt seit Jahr und Tag geschlossen ist,
der Restauration halber. Jm Laufe der letzten acht
Jahre ivurden die sämmtlicheu Kuppeln neu gebant I

und die bedeutende Restauration zu Ende geführt.
Schon seit mehr als einem Jahre verließen alle Hand-
werker die Kirche; es schien Alles beendet. Da zeigte
sich, daß der Fußboden durch die Schwere der lastenden
massenhnften Gerüste gelitten und alle Kirchengeräth-
schaften, als Bänke, Beichtstühle u. s. w. im Laufe der
Restauration unbrauchbar geworden waren. Um alle
Schäden zu repariren, besonders die Marmorplatten
des Fußbodens, sind 30,000 Frcs. nöthig, welche bis-
her nicht aufzubringen waren. So ist denn dieses
schöne Gotteshaus mit den schönsten Grabmonumenten,
darunter Sansovino's bester Arbeit, auf wer weiß
wie lange noch unzugänglich und somit eine der be-
deutendsten Sehenswürdigkeiten Venedigs dem Studium
entzogen.

Auch die fich neigende Säule in S. Giovani e
Paolo steht uoch immer, wie vor vielen Jahren, von
einem Wald von Balken umgürtet, während endlich
nach Vollendung der sechs Kapellen zu beiden Seiten
des Chores auch dieser sein ersehntes Licht erhält.
Vor Kurzem kamen die farbigen Glasscheiben von
Mailand an, und man begann dieselben einzusetzen.
So wird denn, so Gott will, das schönste Monument
BenedigS, das Grabmal Vendramin Calergi, nicht mehr
in traurig düsterem Helldunkel, sondern im Tageslicht
zu sehen sein. Bisher war seine Schönheit mehr zu
errathen, als zu sehen. Der Verlust der dasselbe
flankirenden Statuen, Adam und Eva, wird um so
mehr zu beklagen sein. Falsches Schamgefühl der
Erben des Grabmals, der Familie Orleans (Herzogin
von Berry), hat die beiden Statuen aus der Kirche
entfernen lassen. Die Eva ist im Palaste Vendramin
zu sehen, der Adam dagegen, werthvoller als jene
Statue, versteckt sich in einem der Schlösser Frank-
reichs. Ungemein auffallend ist, daß man, die Gefahr
nicht achtend, welcher jene sich neigende Säule das
ganze Gebäude aussetzt, diese wichtige Restauration
nicht in Angriff nimmt, sondern zuerst den Chor fertig
macht; oder denkt man, daß, wenn auch Alles zusammen-
stürzt, der Chor ivohl nicht mitgerissen werde. Man
ist hier allgemein der Ansicht, daß ein Unglücksfall
nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liege. Hoffen
wir, daß die häßlichen Gerüste endlich einmal aus der
so schönen Kirche verschwinden werden!

An zwei Punkten des Canal grande, wo zwei
Geldaristokraten sich Prächtige Wohnsitze herrichten,
wird rüstig darauf losgearbeitet. Die Conti Papa-
dopoli haben den Palast Tiepolo gekauft und prächtig
restauriren lassen, ja sich sogar Platz. für einen kleinen
Garten, am Canal grande selbst, geschasfen. Maler
und Bildschnitzer sind vollauf beschäftigt, die inncre
Einrichtung deS dem Rialto nahe gelegenen Palastes
zu Ende zu führen.
 
Annotationen