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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Die Königlichen Museen in Berlin und der Preußische Landtag
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273

Die Königlichen Museen in Berlin und dor Preußische Landtag.

274

Museen gemacht worden war, nm einige kleinere Aus-
gabcn zu bedecken, wclche sich fiir das Ncu-Arrange-
ment des Knpferstich-Kabincts und einige dtebendinge
als erforderlich herausgestellt hatten.

Mommsen gab zunächst dem ncuen Muscnms-
statut seine anerkennendc Zustimmnng, indcm er sagte,
daß er sich nmsomehr vcrpflichtct fnhle, die ncn ein-
getretene Bessernng der inncrcn Organisation zn kon-
statiren, als er es gewesen sei, dcr Vvr einigen Jahrcn
auf die schrcienden Mißstände hingewiesen habe, die
in dieser Beziehnng herrschten. Er sagte:

„Wir beschwerten uns damals darüber, daß in dcn
Museen eine diktatorische Einrichtung bestände, melche alle
Veschlußnahmen in der Hand einer einzigen Person ver-
einigte, die selbstvsrständlich nicht in der Lage sein konute,
über die einzelnen Fragen aus sachlichen Grüuden zu cnt-
scheiden, welche weiter zur Folge hatte, Laß jede prompte
Erledigung einer Angelegenheit unmöglich ivurde, gerade
bei diesen Ankäufen ein äußerst tief empfundener Mißstand
war und welche endlich den AbtheilungZdirektoren einc un-
selbständige und solcher Männer durchaus unwürdige Stel-
lnng zuwies. Jch freue mich, anerkennen zu können, daß
dieses neue Reglement nach allen Seiten hin Abhilfe ge-
schaffen hat, und daß damit das erfüllt worden ist, wns
wir damals wünschten. Es ist vor allen Dingen durch eins
verständige Theilung der Fonds dafür gesorgt, daß der ein-
zelne AbthoilungSdirektor in der Lage ist, dringende Sachen
sofort zu erledigen und in einem nicht unbeträchtlichen Um
fango selbständig vorzugshen. Es ist forncr dafür gesorgt,
was auch von großer Wichtigkeit ist, daß die museale Ein-
heit aufrecht erhaltcn worden ist, indem dcr Generalverwaltung
und der Direktoreukonferenz, der Vereinigung der Abthei-
lungsdirektoren, eine wesentliche Mitwirkung bei dor allge-
meinen Verwaltung der Mussen zugewiesen ist. Es ist end-
lich ini hohen Grade anzusrkennen, daß das Ministerium
diese Gelegenheit nicht benutzt hat, wio es nahe lag, um
seine nothwendige Jngereuz zu steigern, sondern daß es
nach wie vor sich auf die Stellung beschrttnkt hat, die ihm
rechtmäßig zukommt, nämlich auf die kontrolirende und all-
gemeine überwachende Thätigkeit."

Zu dem erwähnten Abstrich Vvn 15,000 Mark
kommend, fuhr er fort:

„Sind wir wirklich so weit gekommen, daß wir nicht
blos nicht vorwärts gehen können, welches doch immer auch
ein Rückschreitsn ist, sondern daß wir in der That dirckt
zurückschreiten müssen, daß wir unseren ErwerbungSfouds
sür dis Königlichen Museen, der mätzig bemessen ist und der
sich bisher auf 325,000 Mark beliof, jetzt um cinen nicht
unbeträchtlichen Bruchtheil herabsetzen müssen, um sachliche
Bedürfnisse, deren Nothwendigkeit und Dringlichkeit ich an
sich nicht verkenne, zu befriedigen? Jch glaube, meine Herren,
der Gewinn dieser kleinen Summe wird schwer erkauft wer-
den durch das Armuthszeugnitz, welcheS wir uns damit vor
ganz Europa ausstelleu; denn dies ist eine Ziffer, welche
nicht blos in Deutschland, sondern weit über die deutschen
Grenzen hinaus beachtet wird, uud an der man im Aus-
land unseren jetzigcn Kulturzustand mit einigcm Rechte
mißt."

Jn sehr gehaltvokler Rede entwickelte dep Ab-
geordnetc Kanfmann (Bonn) seine Ansichten über
dic oben crwähntcn Punkte und über die Bedeutung
der Musecn im Staatshaushalte überhaupt; und es
ist sicher in hohem Grade erfreulich, daß derartige
Anschaunngen, in so sachlicher Weise vorgetragen, in
einem deutschcn Parlamcnte znr Sprache kommen.

„Mir ist es, sagte Kaufmann, aufgefallen, daß in eiu
und demselben Etatsentivurf für einzelne Kunstiiistitute, die
unter staatlicher Pflege fteheu, Erhöhimgen vorgeschlagen
sind, währeud bei den größten und den auderen gewitz nicht
an Bedeutung uachstehenden Kunstanstalten, Abstrichs vor-
geuommen wordeu sind, wie ebeu schon bemerkt, mit 15,000
Mark an den Eriverbungsfonds für die Königlichsn Museeu.
Das knnn leicht den Zweifel hervorrufen, ob die Königliche
Staatsregierung bei der Vertheilung der ihr zu Gebots
stehenden Fonds auch von richtigeu Prinzipien ausgegangen
ist, namentlich ob man die einzelnen bisher von verschiedenen
Ministerien ressortirenden Kunstnnstalten auch unter einen
Gesichtspunkt gebracht hat. Jch begrütze es sreudig, daß
man siir die Königliche Porzellanmanufaktur eine Erhöhung
im Betrags von 65,450 Mark eingestellt hat, man hat auch
für das Gewerbemuseum eine Erhöhung eintreten lassen
im Betrage von 10,570 Mark, auch an der genannten An-
stalt die Assistentengehülter erhöht, während das bei den
Königlichen Museen nicht der Fall ist.

Jch habe im vorigen Jahre Veranlassung genommen,
über das Königliche Kupferstichkabinet zu sprcchcn und auf
manche Nebelstünde hinzuwcisen, die sich in demselben bs-
merkbar gemacht haben. Jch glaube, datz auch unter Zu-
rechnung dcr 9000 Mark, die von dsm Erwerbungsfonds nb-
geschnitten und zu Restauratiousarbeiten im Kupferstichkabinet
verwendet werden sollen, die vorhandenen Mittel nicht aus-
reichen werden, um den gerechten Ansprüchen der sehr sach-
verständigen Direktion entsprechend mit Energie an den sehr
glücklich begonnenen Arbeiten fortzufahren.

Aus alledem könnte man die Folgerung ziehen, als
halte die kgl. StaatSregierung dis Förderung der sogenannten
nützlichen Kunstinstitute für wichtiger als die der Museen, die
mehr einen theoretischen oder wisfenschnftlichcn Charakter
zu tragen scheinen. Sollte eine solche Ansicht bei dcr Staats-
regierung obwalten, so würde das meines Erachtens ein
großes Mitzverständniß sein, dem auf das Entschiedenste
entgegen getreten werden müßte. Alle Kunstanstalten ver-
folgen, wenn auch auf verschiedenen Wegen, dnsselbe Ziel:
dis Kunstbildung des Volkes. Sie sind alle von eminent
volkswirthschaftlicher Bedeutung, sodatz man sagen kann, sie
gehören heutzutage zu den nothwendigen und unentbehrlichen
Requisiten eines wvhlgeordneten modernen Staates. Die
staatlichs Kunstpslege hnt gegenwürtig eine ganz andere und
tiefer einschneidende Bedeutimg, als man ihr bisher zuge-
standeu. Man hat einsehen gelernt, namentlich nach den
großen Weltausftellungen, datz die idealen Aufgaben der
Kunst sich in emincnt praktischen Resultatsn verwirklichen,
vaß die Kuiist cin mächtiger Faktor zur Hebung des Volks-
wohlstandes werden kann. Es ist allgemein anerkannt, daß
Kunstindustrie am besten auf dem Boden dcr Kunstbildung
sich gründen und entfalten läßt. Jch Lrauche uur auf unser
Nachbarland Frankreich hinzuweisen, dessen große industrielle
Mncht. ganz entschieden auf künstlerischem Boden ruht; ich
weise auf Amerika hin; bei den sehr nüchternen und vor-
 
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