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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Förster, B.: Aus Olympia
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0168

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333

Aus Olympia.

334

Die zwei Stufen des StylvbatS, die verschiedenc Bildung
der Säulenschäfte und Echinen, die verschiedenen Axen-
lveiten sind bekannt; es sei mir gestattet, zur Erklärung
dicser auffallenden Erscheinung die mich im höchsten
Gradc anmuthcnde Hypvthese Dörpfeld's hier vorzu-
tragen: der ganze Ban war ursprnnglich Holz-
ban; das Epistylivn ist bis in dic späteste Zeit von
Holz gewcsen, dadurch allein findet die ganz anffallcndc
Thatsache ihrc Erklärung, daß sich nicht ein Stlick
des Architravs, der Triglyphen nnd des Geison gc-
fnnden hat. Die hvlzernen Säulen nun wurden all-
mählich, jc nachdem sie dienstunfähig wurden, durch
steinerne ersetzt, daher ihre Verschiedenheit. Aus Pietät
vder svnstigen priesterlichen Rücksichten behielt man im
Opisthodom, wv sich natürlich die hölzernen Räume
länger erhielten, die aus Pausanias bekannte letzte Holz-
säule bei. Bergl. dic bekannten Stellen iin „Stil".

Als Biarkstein für den Uebergang aus der klassischcn
in dic Hellenistische Zeit stcht dann der elegante Rund-
bau des gewaltigen Hellenenbändigers da. Geradc
weil wir das Philippeion (die Deutnng des Gebäudes
scheint zweifellos) mit Bestimmtheit in das 7. Decen-
ninm des 4. Jahrhunderts verweisen können, wird es
nebst seinen sehr interessanten Details (dic leicht noch
durch neue Fundc in dem Gymnasivn vermehrt tverden
können) ein werthvvlles Material für dic Geschichte
der griechischen Architektur liefern. Bielleicht haben
wir hier den ältesten griechischen Rnndbau mit Jnnen-
architektur, der dann alsv am Beginn der alexandri-
nischen Perivde als Bcstätigung der bekannten Sem-
per'schen Ansicht über dic Entstehnngszeit der Central-
banten stehen würdc.

Wcnn das Gymnasion ivirklich der Diadvchenzeit
angehört, wie die Herren der Expedition hier aunehmen,
nicht etwa erst aus römischer stammt, dann hätten
wir in ihm für eine an Architekturresten arme Perivde
ein interessantes Beispiel und zahlreiche Muster für
Ornamente, Säulenbildung rc.

Es folgen die römischen und byzantinischen Bauten,
über die sich nach weiteren Ausgrabungen der Hallen,
Lie jetzt zum Vorschein gekommen sind, besser wird
berichten lassen.

Endlich muß hier die überreiche Sammlung
von Fragmenten architektonischer Theile aus gebackener
Erdc als einzig in ihrer Art hcrvvrgehoben werden;
mir wenigstens ist keiue ähnliche Zusammenstellung
bekannt, welche nns die Anwendnng des Ornaments
aus gebranntem Thon in der bcsten Zeit dcs Alter-
thums so deutlich Vvr Augen führtc. Wir müssen in
dcr Nähe vvn Olympia geradezn Fabrikcn n ln March-
Charlottenbnrg voranssetzen. Es sind znm grvßen
Theil Simen mit sehr fein geformten Lvwenköpfen; dic
Farbc des Thons ist ein schönes Hellgelb; Kyma,

Mäander meist auch die Blatt- und Palmettenreihen
sind mit dunkleren Farben aufgemalt, während ein
Rankenornament, sehr stilvoll als Basrelies gefvrmt,
zwischen den Löwenköpsen der Simen sich hinzieht.
Neben diesen häufig wiederkehrenden Motiven finden
wir noch eine ganze Reihe anderer Formen, sowohl
alterthümlichen als auch reiferen Charakters. Zahllos
sind dic als Palmetten geformten Akrotcrien verschie-
dener Gestalt, meist von sehr feiner Form. Eine über-
aus schöne farbige Rosette siel mir auf, die man sich
wohl als Füllung einer Holzkassette zu denken hat,
u. A. m. Wenn wir nach den Gebäuden forschen,
an denen diese interessanten Fragmentc verwendet
waren, müssen wir wohl zunächst an dic Thesauren
denken, doch sind auch andere kleinere Heiligthümer
des Tempelbezirks nicht ausgeschlossen.

Sonstige Spuren farbiger Ornamente haben sich
an Resten kleinerer Gebäude viclfach gefunden, indeffen
hat aus keinem Echinus vder Abacus weder des
Zeuslempels, nvch des Heraivns trvtz eifrigsten Suchens
das anfgemalte Kyma, resp. der Mäander cntdeckt werden
können, ivährend der Stucküberzug theilweise noch ganz
vvrzüglich erhalten ist.

Den Uebergang zur Skulptur bilden am besten
die Giebelgruppen des Zeustempels — jedenfalls eine
der werthvollsten Errungenschaften der Ausgrabungen.
Durch die Ausstellung im Camposanto zu Berlin und
die beiden ersten Bände der vffiziellen Publikationen
sind dieselben ziemlich bekannt. Jst auch keine Figur
vvllständig erhalten, sv fehlt dvch aus beiden Giebeln
nur nvch eine einzige Figur ganz. Die Kvmpvsition ist
durch llr. Treu's eifrige Bemühungen außer Zweifel
gestellt, und wir haben in diesen 42 Figurcn das voü-
ständigst erhaltenc Beispiel der mit Marmorgruppen
geschmückten Aötoi eines hellenischen Tempels. Das
will etwas sagen, wenn wir bedenken, daß wir außer
den Aegineten, und den Parthenvnskulpturen überhaupt
nichts nach dieser Richtung aufzuweisen haben.

Die heikle Frage über den Stil dieser Werke mag
ich heute nur berühren; sie zu erschöpfen wäre jeden-
falls erst dann möglich, wenn eine beffere Ausstellung
eine genanere Untersuchung möglich machte. Vorläufig
läßt die griechische Regierung sie noch inimer in dem
„Musenm", einem staubigen, schlecht erleuchtetenBretter-
schuppen, liegen. Daß die Füllung des Ostgiebels
wirklich vvn dem Künstler der Nike herrühren soll,
wie Pausanias behauptet, erscheint dem I)r. Treu höchst
univahrscheinlich, — mir auch. Auch hat sich bei mir
hier Vvr dcn Originalen, wie schon Vvr den Gyps-
abgüssen die Ansicht besestigt, daß wir fttr diese Gruppen
verschiedene Hände anzunehmen haben.

Soll ich noch ein Wort über den kostbaren Schatz
sagen, den wir dem vlympischen Boden verdanken?
 
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