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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0307

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611

Kunstliteratur,

612

und an iiamhaften Städten fast nur das einzige Osna-
brück bietet, ist betannt; dennoch invchte es wenige
Gegenden Deutschlands gebeu, die, mit Ausnahme des
hier in Betracht kvmmenden Theiles von Westfalen
(Fürstenthum OSnabrück), in Bezug auf die, Geschichte
nnd die Denkmale der Bergangenheit, tvenn sie sich
auch meistens in sehr kleinen, unbedeutenden Ortschaften
besinden, so wenig durchforscht sind, ivie dic hier be-
handelteu, was begreiflicher Weise für Lingen, Bent-
heim und Arenberg - Mephen in jenem Mangel an
größeren Städten und an Verkehrsmitteln seinen Grund
hat, Daß aber das nnstreitig mühsame, mit vielen
Schwierigkeitcn verbundene Durchforschen dieser Ge-
gcnden seine rcichen Früchte getragcn hat, beweist der
vorliegendc Band hinläuglich, Gerade diese Land-
striche bieten nns an, wenn auch nicht bedeutenden,
kirchlichen Denkmalen, theils nnversehrten, theils in
Ueberresten, eine überaus große Zahl, die bisher un-
genannt und ungekannt waren,

Wie in den früheren Bänden, so schickt auch hier
der Verfasser der alphabetischsn Reihe der Ortschaften
eine Einleitung voraus, die nach einem kurzen kirchen-
und kulturhistorischen Ueberblick die Resultate seiner
Fvrschungen in Bezug auf die Kunstdenkmale zusammen-
stellt, Es erhellt darauS, daß fast atle Gotteshänser,
insbesondere dic aus rvmanischer Zeit, in späteren
Jahrhunderten mannigfache Verändcrnngen erlitten
haben, darunter vor Allem der bedeutsndste Bau
der ganzen Gegend, der in seiner Basilikenform hier
als ein Nuicuin dastehende Dom zu Osnabrück, daß
also der romanische Stil in seiner Ursprünglichkeit und
Reinheit ohne gothische oder nvch spätere Zusätze nur
spärlich vertretcn ist, Jn dieser Beziehung hebt der
Verfasser insbesvndere die dortige StiftSkirche St.
Johann hervor, die, 1256 begonnen, in ihren West-
thürmen und in der Stellung der Arkadenpfeiler uoch
als rvmanische Anlage, ini Uebrigen aber als eine
dreischiffige Hallenkirche fast gothischen Stils erscheint
und als frühestcs Beispiel der bekanntlich besonders in
Westsalen (aber auch überhaupt im nordwestlichen
Deutschland) sich kundgebenden Umwandlung der
Basilika in die Hallenkirche von Bcdeutung ist, Be-
kanntlich kam der gothische Stil in allen diesen
Gegenden verhältnißmäßig spät zur Herrschaft, so daß
man sagen kann, daß er hier eigentlich mit vvller
Entschiedenheit erst vvm Beginn deS 14, Jahrhunderts
an auftritt, So besonders iu den Osnabrücker Kirchen
St, Maricn, St, Katharina und der Kreuzkirche des ehe-
maligen Dominikancrklosters, Später folgt dann in
anderen Ortschaften eine zicmlich bedeutende Reihe
kleinerer gvthischer Kirchen, die, meistens dem 15, Jahr-
hundert angehörend, entweder Hallenkirchen sind vder
nur einschiffige, Mit Ausnahme des Domes zu Osna-

brück zeigen also alle dreischiffigen Kirchen dic Hallen-
form, natürlich sehr setten mit Qnerschiff, Wo zwei-
schiffige sich finden, da ist das ztveite Seitenschiff (bald
nvrdlich, bald südlich) ein späterer Zusatz, Auch unter
den einschiffigen Kirchen ist die Kreuzesforni selten,
Der Chor ist nicht nur im romanischen und im Ueber-
gangsstile meistens rechteckig, sondern sogar häufig im
gothischen Stil; eine für diesc Gegend seltene Aus-
nahme ist der (1872 gut restaurirte) Chvr dcr Marien-
kirche in Osnabrück, der um seinen polygvnen Schluß
einen ebensv gcfvrmten, niedrigeren Unigang mit Strebe-
bvgen hat, Zwei Westthürme haben nur die größeren
Kirchen, Dom und St, Johann daselbst, alle übrigen
cntweder nur einen Westthurm oder nur einen Dach-
reiter, Ein von der Kirche isolirter Glockenthurm
(wic er auch zweimal im Oldenburgischen vorkommt)
findet sich zn Gildehaus (Amt Bentheim), Schmuck-
reiche Portale sind nur das romanische der Südseite
des DomeS zu OSnabrück, das gothische der Marien-
kirche daselbst und das in der Laibung mit phan-
tastischen Gestaltcn versehene gothische zu Ueffeln (Amt
Fürstenau); vollständig erhaltene Kreuzgänge nur am
Dom und an St, Johann in Osnabrück.

Jm Ganzen recht spärlich sieht cs mit dem un-
beweglichen Kirchenschmuck, alsv mit Wand- und Glas-
malereieu, Altarschrcinen, Kanzeln, Chorstühlen, Grab-
steinen u, dergl, aus, Unter den Altarschreinen ist nur
ein einziger vollständiger, spätgothischer in der genannten
Marienkirche, der in den heftigen Bewegungen und
Geberdeu seiner Figuren ziemlich unschön, aber, müssen
wir hinzusetzen, durch die Zusaminenstellung der Apostel,
deren Spruchbänder das Credo enthalten, mit 12 Pro-
pheten Vvn besonderem Jnteresse ist, Reicher ist da-
gegen der Vorrath an betveglichen Utensilien, namentlich
noch inimer, trotz mancher Verluste, im Domschatz zu
Osnabrück, wo unter den fUnf Religuienkästen beson-
ders die der Heiligen Crispinus und Crispinianus,
der Regina und der Cordula und unter den übrigen
Gegenständen manche von vortrefflicher Arbeit sind,
Ebenso im Dom das bedeutendste kirchliche Werk, der
bereits aus anderen Beschreibungen (z. B, Lübke,
Westfalen, S, 417) bekannte kupferne Taufkessel, der,
abgebildet auf einer der beigefügten Tafeln, an's Ende
des 12, Jahrhunderts zu setzen, alsv, abgesehen von
dem Lütticher Taufgefäß, wohl der ülteste in Deutsch-
land ist.

Was die nichtkirchlichen Bauwerke, namentlich die
Schlösser und Burgen betrifft, so stand zwar die Zahl
derselben in einem natürlichen Verhältniß zu den viel-
fachen Fehden und Kriegen, die im Mittelalter im Hoch-
stift Osnabrück, im Lingen- und Meppenschen und in
der Grafschaft Bentheim geführt wnrden, aber an
Ueberresten derselben ist heutzutage wenig mehr zu
 
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