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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Tietze, Hans: Deutsche Kunst
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Haupt, Richard: Schutz weltlicher Baudenkmäler in Preussen und Dänemark
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0081

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Schutz weltlicher Baudenkmäler in Preußen und Dänemark

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die hämische Interpretation Males ihm gibt. Es ist ein
bewußtes oder unbewußtes Hindrängen zum Ganzen
der Kunst, das notwendig auch andere Nationen über
die Grenzen ihrer natürlichen Veranlagung hinaus-
streben läßt — wie etwa in der französischen oder
italienischen Kunst das germanische Element gerade
in den bedeutendsten Leistungen zu entscheidender
Wichtigkeit anzuschwellen scheint; auffallender als bei
diesen Nationen, in deren Blut und Begabung jene
ethnische Gegensätzlichkeit sich vermischt und aus-
gleicht, muß dieses Aussichhinausstreben bei der aus
einheitlicherer völkischer Grundlage erwachsenen deut-
schen Kunst sein, weil die dieser zuinnerstwohnenden
Eigenschaften der Ergänzung durch Andersartiges ganz
besonders bedürfen. Empfindung und Individualismus
sind so sehr der Kern aller Kunst, daß sie — gleich-
sam körperlose Mittelpunkte — für sich nicht bestehen
können; keine Kunst ohne sie, keine Kunst aber auch
nur aus ihnen, deren reine Erscheinung weit aus der
Kunst hinausführt. Dem Deutschen in der Kunst fehlt
das rationale, wie das soziale Element, das jener Seele
den Körper bilden muß; je reiner es daher auftritt,
desto jäher bricht es ohne Fortsetzung und Nach-
wirkung zusammen, desto mehr zerflattert es in un-
zusammenhängende Einzelleistungen; um lehrbar zu
werden, um allgemeingültig zu sein — also als sich
vererbender Gemeinbesitz der Nation — braucht das
Deutsche, was die antike Kunst und ihre romanischen
Erben ihm geben können.

Der unmittelbaren Empfindung mögen — besonders
in Augenblicken nationaler Hochspannung — jene Er-
scheinungen, in denen das Deutschtum sich hemmungs-
loser entlädt, wichtiger und wertvoller erscheinen; einer
Betrachtung, die dem Ganzen der Entwicklung gerecht
werden möchte, werden die entgegengesetzten Momente
ebenso unentbehrlich dünken; es ist Ein- und Aus-
atmen, Frühling und Herbst, untrennbare Hälften des
Kreislaufs aller Lebendigkeit. Die Dinge, auf die Male
mit Spott und Hohn hindeutet, sind keineswegs Pudenda
unserer kulturellen Entwicklung; wir haben keinen
Grund, sie abzuleugnen oder zu verbergen, wir sind
ebenso stolz auf sie wie auf jene Werke, in denen
sich das nationale Element zu relativer Reinheit ver-
dichtet. Erweisen diese die grundsätzliche Kunstfähig-
keit der deutschen Veranlagung, so zeigen jene, daß
das deutsche Volk in seiner Kunst wie auf allen Ge-
bieten immer über seine natürliche Beschränkung hinaus
zum Allgemeinen gestrebt hat; daß es die Bescheiden-
heit besaß, immer wieder lernend ergänzen zu wollen,
was ihm fehlte; und die Kraft, all das Fremde, das
es aufnahm, sich zu eigen zu machen. Mögen der
deutschen Kunst die Eigenschaften, die ihr Male von
der Wurzel an nachweist, für alle Zukunft bleiben
und erstarken. HANS TIETZE.

SCHUTZ WELTLICHER BAUDENKMÄLER
IN PREUSSEN UND DÄNEMARK
Von Richard Haupt
Der größere Teil unserer Baudenkmäler ist ohne
Zweifel kirchlicher Art, und für diese zu sorgen sind
die meisten Bemühungen angewandt. Hier führt das

preußische System, die Sicherung auf dem Wege
freundlicher Verständigung zu erzielen und damit ver-
mischt auf dem Wege der Verwaltung sie zu erreichen,
auch ohne Gesetz zu ganz befriedigenden Ergeb-
nissen, meines Erachtens zu den befriedigendsten, die
überhaupt erreichbar sind und es ist dem auf Zwang
beruhenden deshalb vorzuziehen. Allerdings ist Vor-
aussetzung, daß die kirchlichen Behörden sich diese
Bestrebungen zu eigen machen und in derselben
Richtung wirken; aber anzunehmen, daß diese Vor-
aussetzung sich heute im ganzen nicht erfülle^ ist
meines Wissens kein Anlaß.

Dagegen ist die Fürsorge für die Denkmäler pro-
faner Art von vielfältigen Schwierigkeiten umgeben.
Es fehlt zwar für einen Teil davon, nämlich den, der
sich im Besitze des Staates und der verschiedenen
öffentlichen Körperschaften im Staate befindet, nicht
an gewissen Umständen, denen man günstigen Einfluß
auf die Pflege der Denkmäler zuzuschreiben geneigt
sein wird. Aber diese Erwartung ist trügerisch. Doch
sollen die Ursachen, welche die Gegenstände von
profaner Art, die dem Staate und den öffentlichen
Körperschaften unterliegen, dem Schutz viel mehr ent-
ziehen, als die im Besitz der kirchlichen Gemeinschaft
befindlichen, hier nicht erörtert werden. Denn sie zu
ändern, oder auch nur zu beeinflussen, ist unmöglich,
solange die oberste leitende Stelle im Staate nicht mit
genügender Macht und Nachdrücklichkeit ausgestattet
ist, damit sie auf ihrem Gebiete kraftvoll und unbe-
hindert walten könne. Einige besondere, in der Natur
der Gegenstände selbst begründete Schwierigkeiten
liegen übrigens darin, daß sie im ganzen mehr als
die kirchlichen den Erfordernissen des täglichen Lebens
zu dienen haben und von ihnen beeinflußt werden.

Ganz im Argen liegt die Denkmalpflege an den
in Privatbesitz befindlichen Denkmälern. Der ruch-
lose Satz, daß Privateigentum heilig und unverletzlich
sei, hat seither die Gesetzgebung beherrscht und diese
hat sich durch ihn auch noch weiter beeinflussen
lassen, indem sie sichs gefallen ließ, den Begriff des
Einzeleigentums überall da als bestimmend anzusehen,
wo er sich mit idealen, ethischen, völkischen Rechten
kreuzt oder mit ihnen streitet. Denn er ist dem
römischen Rechtsbegriff, der noch immer das juristische
Denken und die juristische Erziehung beherrscht,
allein gemäß, vertraut und erfaßbar. Gegenwärtig
allerdings weht ein anderer Wind, zum Teil mit
schneidender Schärfe durch die Gesetzgebung und
durch das ganze Volks- und Staatsleben; vielleicht
kommt dieser Zug, wenn er unser Denken und Tun
noch mehr durchdrungen hat, und sich losgelöst hat
von den Gemeinheiten des Stoffes, der gegenwärtig
das Bestimmende ist, auch dem gesamten Gebiete des
Staatslebens zugute. Er wird dann wesentlich auch
für die Denkmalpflege wirksam werden, die ja über-
haupt nur in idealer Gesinnung Grundlage und
Wurzel hat.

Es ist bezeichnend, daß die elenden Trümmer
dessen, was man jahrelang in Preußen als Denkmal-
schutzgesetz zusammenzubauen sich bemüht hatte,
sich, soweit sie nicht überhaupt in den Abraum ge-
 
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