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Patzold, Steffen; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Episcopus: Wissen über Bischöfe im Frankenreich des späten 8. bis frühen 10. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 25: Ostfildern, 2008

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34736#0351

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V. Das Wissen über Bischöfe im späteren 9. und frühen 10. Jahrhundert

schaff nicht informiert war'"'. Noch im November 867 wandte er sich daher zudem
in derselben Angelegenheit auch an Anastasius Bibliothecarius, dem er ein Argu-
ment vortrug, das sich zu einem weiteren Kommentar im Laoner Codex fügt^; erst
im Dezember dann erreichten ihn die - guten - Nachrichten aus Rom. In dieser Zeit
des Wartens und der Unsicherheit, vielleicht schon bald nach der Synode von Troyes
dürfte Hinkmar den Grundstock des Codex in Auftrag gegeben und kommentiert
haben - noch in angespannter Erwartung weiterer Angriffe. Später, nach seinem
>Sieg<, ließ er dann zunächst die Briefe hinzufügen, die seinen Erfolg dokumentier-
ten. Und schließlich erweiterte er den Codex um weitere Korrespondenz mit Rom,
nunmehr zur Frage der politischen Zukunft Lotharingiens.
Die Handschrift ist damit ein Überrest jener Erinnerungsleistung und Doku-
mentation, in deren Rahmen das Geschehen der 830er Jahre wieder und wieder
diskutiert und bewertet wurde - und in deren Rahmen zugleich jene Texte erneut
rezipiert und kopiert wurden, die zentrale Elemente des >Pariser Modells< reprodu-
zierten, wie etwa das bischöfliche münsUrüw?, die dem Bischof »anvertraute« Kir-
che, die Nichtjudizierbarkeit eines Bischofs durch den König und die Trennung
zwischen dem bischöflichen Amt und der Person seines Inhabers.

7 Hinkmars »Visio Bernoldi«
Kurz nach Karls des Kahlen Tod, jedenfalls aber noch vor dem 10. April 879, sah sich
Hinkmar von Reims veranlaßt, ein weiteres Mal auf Ebo einzugehen. In einem
Schreiben an seine »geliebten Brüder und frommen Männer«^, also die Reimser
Geistlichkeit, berichtete er über die Jenseitsvision eines gewissen Bernold, der in
der Reimser Erzdiözese wohnte'^. Nach mehrtägiger schwerer Krankheit ließ die-

655 Vgl. PERELS, MGH Epp. VIII,1,1939, Nr. 198, 205, Anm. 1.
656 Hinkmar, Ep. 200, ed. PERELS 1939, 224, Z. 9-14, fordert Anastasius auf, nach einer Entspre-
chung für das Gregor-Privileg, das möglicherweise Ebo fabriziert hatte (vgl. oben, S. 324f.), im
päpstlichen Archiv zu suchen - und impliziert damit, daß es gefälscht sei. Im Cod. Laon 407
notierte er im Anschluß an die dort eingetragene Kopie des gefälschten Gregor-Privilegs (fol.
161-1640 den Hinweis: Haec compiLfa cpisfoL ex parfc gregorn tp/mn s?Y ?nc??dax ipsa CM?'&??s mü'o
moMsfmf. tempore gregorn ex cm'MS ??o?m'??e üo coMscnhÜMr Imperator HlMdoMMicMS a& impen'o est
deputsHs . et E&o post restitutionem ?'ps?MS ünpemfon's suo et episcopaü mdicio est deposttMS . et a sergio
SMceessore gregorä SM& tatca tantam commMmcme est co?!&m?!atMS. Letztere Information dürfte
Hinkmar, wie er an anderer Stelle schreibt, dem »Liber pontificalis« entnommen haben: Vgl.
oben, S. 324, mit Anm. 467.
657 Hinkmar von Reims, Visio Bernoldi, 140 [A]: HfucmarMS episcopas ac pteHs De?' Ja/mdus ddectfs
/ratr?'&Ms et reüg?'os?'s M?'r?'s ad tp/orr???? ??ot?'t?'a?a t?aec tp?ae set?MM??tMr perMe??er?'??t. Zur Überlieferungs-
geschichte des Textes und zu seinen Rezensionen vgl. VAN DER LuGT, Tradition 1994, 119-127
die nachweist, daß die von ihr als Rezension [A] gedruckte Fassung dem Hinkmarschen Origi-
nal am nächsten kommt.
658 Datierung nach VAN DER LuGT, Tradition 1994, 126, mit Anm. 35, und CAROzzi, Voyage 1994,
346; ebd. 347-350, eine Nacherzählung des Textinhalts; DiNZELBACHER, Vision 1981, 60f., führt
Bernolds Vision als Beispiel für jene Visionen an, bei denen nicht sicher zu entscheiden ist, ob
sie tatsächlich auf ein visionäres Erlebnis zurückgehen oder eine »Fälschung« darstellen; VAN
DER LuGT, Tradition 1994, 112f. Anm. 10, macht jedoch wahrscheinlich, daß Hinkmar eine tat-
sächlich geschehene Vision zu seinen Gunsten instrumentalisierte. Vgl. außerdem zu dem Text:
SoT, L'experience 1990, bes. 488; LEVisoN, Politik 1948,242f.; FUHRMANN, Fälscher 1990,233.
 
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