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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0021

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6

Standortbestimmungen

den gängigen Verwendungen^ soll im Rahmen dieser Arbeit die Sichtweise noch ein-
mal erweitert und besondere zeremonielle Situationen im Umfeld der Herrscherweihe
einbezogen werdend Denn bevor die Krönung im Kircheninneren stattfinden konnte,
musste der zu krönende Herrscher zunächst zum Krönungsort reisen und in die Stadt
einziehen, während sich Krönungsmahl, Belehnungen und weitere Feierlichkeiten an
den Empfang der Krone anschlossen.'
Die verschiedenen Bedeutungsebenen des Begriffs finden sich auch in den Quel-
len wieder, obgleich nur vereinzelt eine klare Differenzierung zu erkennen ist. Eben-
falls eher selten kommt es zu Aneinanderreihungen, die eine Abfolge verschiedener
Handlungssequenzen implizieren (znhonzzafMS ronscrmiM?; znMHgzfMr ci coroyMfw). Zu-
meist wird hingegen einer der zur Verfügung stehenden Begriffe als namengebend für
den Gesamtakt ausgewählt (Mncho, ordmaho, roronaho)/' Für diese Pars-pro-Toto-Be-
zeichnungen ist im Verlauf des Mittelalters eine Häufigkeitsverschiebung von der Sal-
bung hin zur Krönung zu beobachten/ was bereits einen Wandel in der Auffassung des
Gesamtrituals andeutet, der sich im Sinne einer gewissen Entsakralisierung interpre-
tieren ließe.
Was das Verhältnis der einzelnen Bestandteile der Herrschererhebung insgesamt
betrifft, so hat die Forschung schon früh auf deren enge Verflechtung hingewiesen. Be-
reits Heinrich Mitteis sprach treffend von einer »Kettenhandlung« und einer »fortge-
setzten Wahl«: »Daher muß die ganze Herrschererhebung als ein einheitlicher, sich stu-
fenweise verwirklichender Akt gesehen werden. Die selbstständige Bedeutung, die
etwa einzelnen Teilakten in seinem Rahmen zukommen kann, ist von durchaus unter-
geordneter Bedeutung. Nur in ihrer Gesamtheit, in ihrer geschlossenen Folge geben sie
die Gewalt am Reich«/ Obgleich Mitteis' weitergehende Thesen in der Forschung zu
Recht kritisiert und modifiziert wurden/ sind seine Grundgedanken in der Folgezeit
weiter verfolgt und ausgebaut worden, wenn auch eher selten unter direkter Bezug-
nahme. Ausgehend von der Beobachtung, »daß die Erhebung des römisch-deutschen
Königs im Hochmittelalter kein einheitlicher Vorgang war, sondern in eine Vielzahl
zeitlich und örtlich getrennter Akte zerfiel, deren rechtlicher Charakter bald konstituti-
ver, bald deklarativer Natur war«, hat Georg Scheibeireiter für die Jahre 1056 bis 1138

3 Vgl. ScHNtTH, Krönung, Sp. 1547.
4 Analog gilt dies für die Behandlung der Wahl, deren Untersuchung sich ebenfalls nicht auf den
Wahltag selbst beschränken kann.
5 Während für das Früh- und Hochmittelalter auch die Mitkönigserhebungen zu Lebzeiten des
Vaters und die an hohen Feiertagen begangenen »Festkrönungen« einzubeziehen sind, stellen
für das Spätmittelalter die »Erstkrönungen« des Herrschers den zentralen Gegenstand der
Untersuchung dar.
6 Der Versuch von WoLF, Königinnen-Krönungen, S. 62, »methodisch ... zwischen allgemeineren
Aussagen wie: Nwedz'cü'o, cowsecraü'o (Mwcü'o), coMSÜ'fMÜ'o oder Ähnliches und expressis verbis aus-
gesprochener coroMaüo« zu unterscheiden, scheint vor diesem Hintergrund bedenklich. Für die
Wahl bereitet eine eindeutige Bestimmung und Abgrenzung der Begriffe Uüew, U'esew, erweHew,
MCWHMare und Uz'gere ähnliche Probleme, was der Forschung wohl auch in den nächsten Jahrhun-
derten noch Anlass für ausgiebige Abhandlungen und Auseinandersetzungen bieten wird (vgl.
hierzu z. B. WoLF, Königswähler in den deutschen Rechtsbüchern, S. 193-197).
7 Siehe unten, Kapitel 7.3.1.
8 Mi i i Lis, Die deutsche Königswahl, S. 55, 52 und 48. Für Mitteis' Anknüpfungspunkte bei frühe-
ren Forschern vgl. S. 48, Anm. 99.
9 Siehe unten, Kapitel 3.1.
 
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