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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0086

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Ausbildung des >Krönungsrechts<

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Krönung von 1215 widerspiegeln und gleichsam vorwegnehmen. Welche Motive letzt-
lich den Ausschlag gaben, wird in Anbetracht der Quellenlage wohl kaum eindeutig zu
entscheiden sein. Möglicherweise war es gerade das Zusammenspiel verschiedener Ele-
mente, die das Zurücktreten des Erzbischofs von Köln zugunsten des Mainzers bewirk-
ten: Die Stadt Mainz als Krönungsort, die Verbundenheit Adolfs von Kölns mit Sieg-
fried von Mainz, die Legatenstellung Siegfrieds und die noch nicht erfolgte Bestätigung
der Wiedereinsetzung Adolfs durch den Papst. Dass der Kölner Erzbischof jedoch sei-
nen Amtsbruder überhaupt um die Vornahme der Weihe bitten konnte, zeigt in jedem
Fall, dass nun zum ersten Mal in Betracht gezogen wurde, dass er auch außerhalb seiner
eigenen Kirchenprovinz als Koronator agieren dürfe.
Auch wenn der Mainzer Erzbischof dem Papst berichtete, dass nach der Weihe
Friedrichs II. viele Anhänger Ottos zum neuen König übergelaufen seien, ^ brachte
letztlich erst die Schlacht von Bouvines eineinhalb Jahre später die Entscheidung im
Kampf um das Königtum, als Philipp II. Augustus von Frankreich über Otto IV. und
dessen englische Verbündete siegte. Die Macht des Kaisers war damit weitgehend ge-
brochen, und es wiederholte sich die Geschichte des staufisch-welfischen Kampfes um
das Königtum: Auf die militärischen Siege und die Durchsetzung der Herrschaft folgte
in Aachen die Wiederholung der zunächst in Mainz vorgenommenen Krönung: Bei
Friedrich II. geschah dies am 25. Juli 1215, ganz ähnlich wie bei seinem Onkel Philipp
von Schwaben etwa zehn Jahre zuvor. In diesem Fall wurde die Krönung zwar am rich-
tigen Ort erneut vorgenommen, jedoch nicht durch den zuständigen Koronator aus
Köln, sondern wiederum durch Erzbischof Siegfried von Mainz. Die jetzt reichhaltiger
fließenden Nachrichten der Quellen ermöglichen dabei auch einen Einblick in die Be-
weggründe und Erklärungen, wie sie die Zeitgenossen sahen.
An der Situation im Kölner Erzbistum hatte sich nämlich in den letzten drei Jahren
nichts geändert: Die Wiedereinsetzung Adolfs von Altena, der selbst 10 Jahre zuvor die
zweite Krönung Philipps von Schwaben vorgenommen hatte, war immer noch nicht
vom Papst bestätigt worden.'"" Die Quellen sprechen daher von ptda Coioniensis ecdesza
tune carebaf sno pafrono/^ uacabaf enim tune fempons Coioniensi ecdesia arc/üepiscopo oder
Coioniensi arc/üepiscopo non existente, weshalb der Erzbischof von Mainz die Weihe voll-
zogen habe.' "' Ob dies letztlich aufgrund eines »subsidiären« Krönungsrechts oder auf-
grund seiner Stellung als päpstlicher Legat geschah,'" kann wohl kaum eindeutig ent-
schieden werden, ja vielleicht war es gerade diese Ambivalenz, die eine Vertreterrolle
ohne Proteste Adolfs von Köln ermöglichte. Während die Annales Reineri nämlich
Siegfried von Mainz nur als Mo^MRÜmts ardtiepiscopus bezeichnen,^ verweisen die bei-

187 ScHMiDT, Eine unbekannte Urkunde Innocenz' III., S. 33: cum ... tu regem MMCXz'mMS RomanorMm,
Medecfo mutt;' et magni, tpd Octcmi addeseranf, ad ipsins gratiam et Mittätern ecciesie sunt repersi.
188 JANSSEN, Adolf von Altena, S. 269.
189 Reineri Annales ad a. 1215, S. 673.
190 Chronica regia Coloniensis. Continuatio II. ad a. 1215, S. 193; Chronica regia Coloniensis. Conti-
nuatio III. ad a. 1215, S. 236.
191 STUTZ, Der Erzbischof von Mainz, S. 39 formuliert hierzu zweideutig: »kraft seines subsidiären
oder, wenn man will, höheren Rechtes mußte und konnte also auch jetzt wieder der Mainzer
einspringen.«
192 Reineri Annales ad a. 1215, S. 673: tu ecciesia heate Marie est in regem ccmsecrafus et corcmatus, et in
catedra regaii suM/matus a MogMMfiMO arc/n'episcopo. Dass für diese Krönung »ausdrücklich das Ab-
legen des Mantels nach der feierlichen Messe« überliefert ist, wie KEUPP, Wahl des Gewandes,
 
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