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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0112

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Mainzer Ordo (10. Jahrhundert)

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stattdessen jedoch als »schrittweise Erweiterung des Stammtextes, die von sachkundi-
gen Händen vorgenommen wurde«,^ so dass über einen längeren Zeitraum hinweg
verschiedene Fassungen nebeneinander bestanden - eine Erkenntnis, die nicht immer
ihren Weg in aktuelle Arbeiten gefunden hatü
Percy Ernst Schramm und dann vor allem Carl Erdmann gelang es, die verschie-
denen Vorlagen des Textes herauszuarbeiten, so dass heute die einzelnen Komponenten
des Mainzer Ordo bekannt sind. Neben liturgischen Gebeten aus vornehmlich der Ka-
rolingerzeit entstammenden Sakramentaren und einem Ordo für die Königskrönung
westfränkischer Herkunft aus der Zeit von um 900 sind es vor allem zwei ältere Ordi-
nes, die die Grundlage des Mainzer Krönungsordo bildeten und in diesem vereint wur-
den.^ Carl Erdmann hat daher zu Recht hervorgehoben, dass auf »den Mainzer Redak-
tor selbst ... nur noch sehr wenig« zurückgehe, da lediglich verschiedene Vorlagen zu
einem neuen Text vereinigt worden seien. Das hieraus abgeleitete Urteil, dies sei »alles
nur redaktionelle Arbeit ohne selbstständige Tendenzen« gewesen,^ ist allerdings er-
heblich davon abhängig, auf welche handschriftliche Fassung des Textes man sich be-
zieht: Die positive Umdeutung durch Cyrille Vogel und Reinhard Elze, die die Schaf-

12 ScHRAMM, Ablauf der deutschen Königsweihe, S. 61. Vgl. hierzu insgesamt Vogel/Elze (Hg.), Le
Pontifical romano-germanique du dixieme siede, Bd. 3, S. 28-43, besonders S. 43: »Les diverses
recensions de cet ordo sont originaires de Mayence et probablement de Saint-Alban et chronolo-
giquement eiles sont pratiquement contemporaines« sowie bereits zuvor VoGEL, Precisions,
zum Krönungsordo besonders S. 153-158.
13 Vgl. z. B. MÜLLER, Königskrönungen in Aachen, S. 53 (Überarbeitung »zwischen 961 und 1000«);
RoGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, S. 102 (»die um 980 noch einmal bearbeitet wurde«).
14 Vgl. ScHRAMM, Krönungen in Deutschland, S. 219-221, 309f. und 325 sowie ERDMANN, Forschun-
gen zur politischen Ideenwelt, S. 54-70, pointiert zusammengefasst und die früheren eigenen
Ansichten korrigierend ScHRAMM, Ablauf der deutschen Königsweihe, S. 61 und 93 (kein Ver-
weis mehr auf die Bischofsweihe sowie auf Widukinds Bericht über die Krönung Otto I.). Vgl.
außerdem Vogel/Elze (Hg.), Le Pontifical romano-germanique du dixieme siede, Bd. 3, S. 25f.,
wo auch weiterhin die Bischofsweihe angeführt wird. WARD, Coronation Ceremony, S. 171 mit
Anm. 5 vermutete bereits, wofür Erdmann dann den Nachweis erbrachte. Erdmann scheint
diese Arbeit nicht gekannt zu haben. Man wird also das Verdienst, die wichtigsten Vorlagen des
Mainzer Ordo erkannt zu haben, wohl beiden, im Zweiten Weltkrieg auf verschiedenen Seiten
stehenden Forschern zuschreiben dürfen. BouMAN, Sacring and crowning, S. 21 wies auf die
Bedeutung des von ERDMANN, Forschungen zur politischen Ideenwelt, S. 87-89 unter dem Na-
men »Ordo der sieben Formeln« herausgegebenen Textes (auch bei Vogel/Elze [Hg.], Le Pontifi-
cal romano-germanique du dixieme siede, Bd. 1, Nr. LXXII, Appendix II, S. 261) für die west-
fränkische Krönungstradition hin und schlug daher den Namen »Order of Stavelot« vor.
Richard A. Jackson, der den Ordo im Rahmen seiner Edition der französischen Krönungsordi-
nes neu herausgab, korrigierte diese unzureichenden früheren Benennungen in Anlehnung
an Erdmann zu »Ordo of Eleven Forms« (Jackson [Hg.], Ordines coronationis Franciae, Bd. 1,
Nr. XIV, S. 155). Der Ordo der Königin ist ediert bei Elze (Hg.), Ordines, Nr. III, S. 6-9, findet sich
jedoch auch in einigen Handschriften des »Ordo of Eleven Forms«, ja es sind gerade diese vier
Abschnitte, die aus Erdmanns »Ordo der sieben Formeln« einen »Ordo of Eleven Forms« ma-
chen. Zu prüfen wäre daher, ob die Übernahme in den Mainzer Ordo (für manche Handschrif-
ten) nicht auch direkt aus diesem Teil des »Ordo of Eleven Forms« erfolgt sein könnte, wie zum
Beispiel die jeweiligen Überschriften (nicht jedoch die textlichen Änderungen) in den Hand-
schriften T und vor allem R (Edition Vogel/Elze) nahe zu legen scheinen.
15 ERDMANN, Forschungen zur politischen Ideenwelt, S. 59.
 
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