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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0122

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Mainzer Ordo (10. Jahrhundert)

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keif seiner Väter« (secMndMm ZMSÜüam paÜMm fMoruw) präzisiert werden konnte, auch die
Aufgaben des Herrschers wurden nun klarer bestimmt und geschieden: Herrschaft
über das Reich und Schutz der Geistlichkeit, klare Trennung in der Zuordnung statt
Verwischung der Unterschiede zwischen beiden Sphären/"
Fasst man die verschiedenen Bestimmungen des Mainzer Ordo zusammen, so gilt
es zunächst zu betonen, dass trotz des Rückgriffs auf älteres Text- und Gedankengut
den Handlungen und Gebeten besondere Bedeutung für die Ordnungsvorstellungen
der Zeit beigemessen werden muss: Zum einen bildete der Ordo zumindest die Grund-
lage für die Ausgestaltung der einzelnen konkreten Krönungen, zum anderen lässt ge-
rade die Einordnung in die Tradition der früheren Ordines erkennen, dass diese immer
noch in weiten Teilen als angemessener Ausdruck der geistlichen und politischen Ord-
nung verstanden wurden. Die schon in den frühesten Handschriften greifbaren Verän-
derungen zeigen außerdem, dass im Vorgehen der Kompilatoren mehr als nur eine »re-
daktionelle Arbeit ohne selbstständige Tendenzen« (Erdmann) zu sehen ist. Bereits die
geschickte Verbindung der einzelnen Komponenten zu einem in sich stimmigen neuen
Text, der den Gesamtablauf der Weihe in ihren einzelnen Sequenzen regelte, muss als
bedeutende Leistung aufgefasst werden.
Darüber hinaus lassen gerade die Modifikationen der Salbung und der Befragung
des Königs eine sehr überlegte und gezielte Herangehensweise an die Vorlagen erken-
nen, mit dem Ziel, neue Akzente zu setzen. Die Orientierung an der Bischofsweihe be-
dingte hierbei zwar eine gewisse Angleichung der beiden Rituale, doch zeigt eine über
die einzelnen Handlungen hinausgehende Analyse der Änderungen, die an den Fragen
und Formeln vorgenommen wurden, dass keinesfalls eine Verwischung oder gar
Gleichsetzung der beiden Rituale intendiert war/' Die in den Formeln der Insignien-
übergabe bereits deutlich zum Ausdruck gebrachte Aufgabenteilung zwischen König
und Geistlichkeit wurde so noch einmal bestätigt und verstärkt: Der Herrscher war
Teilhaber am bischöflichen Amt und doch nicht im Inneren für die Seelen, sondern
nach außen für die Verteidigung zuständig, war nicht mediator ci fzomznMTW, sondern
wedzafor der/ d pldds, von denen er wiederum nur Letztere regieren und Erstere ledig-
lich beschützen sollte/^

S. 241f. und 272, durch ULLMANN, Souveränitätsgedanke, S. 79, Anm. 28 übernommen und bei
ScHRAMM, Ablauf der deutschen Königsweihe, S. 64f. wiederholt.
70 In einem Gebet für die Königin störte man sich hingegen an einer ähnlichen Doppeldeutigkeit
nicht (Pontificale Romano-Germanicum, LXXVIII, c. 1, S. 267f.: ad decorem fohas rcgaz
saacfae Dd accdcsdc uycadam accaoa profcgcadam). Offenbar sah man hier weniger die Gefahr
einer falschen Ausdeutung gegeben.
71 Kritisch zu der von Eduard Eichmann angenommenen und seitdem in der Literatur regelmäßig
nachgeschriebenen Angleichung äußert sich auch REINHARDT, Untersuchungen zur Stellung der
Geistlichkeit, S. 148-150. NELSON, Ritual and Reality, S. 334 wies außerdem auf die spezifische
Rolle der Liturgie hin: »If, therefore, we find prostration specified before the consecrations of
both king and bishop in the tenth Century, this might be attributed to a trend in liturgical tech-
nique rather than to some ideologically motivated direct borrowing from the episcopal to the
royal rite.«
72 ScHNEiDMÜLLER, Investitur- und Krönungsrituale, S. 485 führt zwar richtig aus, dass »die Krö-
nungsordnungen den Herrscher, in karolingischen und ottonischen Vorstellungen noch ein
Mittler zwischen Gott und den Menschen, zum Mittler zwischen Klerus und Laien« reduzier-
ten, übersieht allerdings, dass diese Reduktion ja eben bereits in karolingisch-ottonischer Zeit
geschah.
 
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