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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0161

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146

Krönungsordines

Ordines geregelten Akten: So beginnen die Krönungsfeierlichkeiten im Mainzer Ordo
und seinen Überarbeitungen mit dem feierlichen Geleit des Königs von seinem Gemach
zur Krönungskirche, wo er in Empfang genommen und zum Altar geführt
wird und sich dort zusammen mit den Bischöfen und Priestern niederwirft, während
die Litanei gesungen wird.^ Dieser Abschnitt ist durch den spätmittelalterlichen Ordo
sowohl verkürzt als auch erweitert worden: Er setzt nun unmittelbar in der Kirche ein,
während der Weg dorthin ausgeklammert und einer gesonderten Regelung überant-
wortet wurde, für die sich in der Mitte des 14. Jahrhunderts eine erste schriftlich fest-
gehaltene Ordnung findet.^'
Gleichzeitig sind die im Mainzer Ordo vorangestellten Gebete nicht einfach ausge-
fallen, sondern jetzt in die Kirche selbst verlegt worden, was mit einer Verschiebung auf
der Akteursebene einherging: Waren die Gebete zuvor von einem anderen Erzbischof
oder Bischof als dem Metropoliten gesprochen und der Psalm »Oh Herr, bewahre den
König und erhöre uns an dem Tag, an dem wir dich anrufen!«^ vom Klerus gesungen
worden, so trat nun von Beginn an allein der Erzbischof von Köln als Zelebrant in Er-
scheinung.^ Dies wurde noch durch die Verbindung von Krönung und Messfeier, oder
genauer durch die Integration der Krönung in die Messe verstärkt. Die zum Empfang
gesprochenen Gebete wurden so um die Liturgie des Epiphaniastages ergänzt, die je-
doch stets mit den im älteren Ordo der Krönungsmesse vorgesehenen Gebeten kombi-
niert wurde. Wie in diesem legt der König nun seinen Mantel ab und wirft sich erneut,
und zwar in Kreuzform, also mit ausgebreiteten Armen, zu Boden, während nun an-
ders als im Mainzer Ordo, aber bereits wie im Trierer Pontifikale offenbar die gesamte
Litanei und nicht nur eine verkürzte Form gesungen wirdü'' Dies geschieht außerdem
nur noch durch zwei Kleriker, wie auch der König als einziger und nicht mehr CMW epzs-
copzs ci prcsbdcns in Prostration verharrt.^"" Die Bitten für den König werden ferner nicht
mehr unmittelbar in die gesungene Litanei eingefügt (H znfcr cetera znserenda SMnf zsfa;
...), sondern vom Kölner Erzbischof vorgetragen und vom gesamten Klerus beantwor-
tet, und zwar unmittelbar vor den Bitten für den Papst (LÜ ponfz/zcem nosfmw cir.)A"

295 Siehe hierzu und für das folgende die obige Darstellung in Kapitel 4.1.2 und 4.3. Statt der zwei
Kreuze im älteren Ordo erscheint in der jüngeren Fassung nur noch eines. Auch die Reliquien
hängen nicht mehr den Bischöfen, die den König begleiten, um den Hals (/za&'zzh's sazzcforMZ?: rdz-
t?Mz'as codo pczz AzzUs), sondern werden jetzt der Prozession mit vorangetragen, aufgrund der di-
rekten Umgestaltung der späteren Stelle allerdings zuvor noch nicht erwähnt (vgl. MGH LL 2,
S. 384, Z. 33 und S. 385, Z. 3f.).
296 Siehe unten, Kapitel 6.7.1.
297 Ps. 19,10: Domz'zzc, sahmm /ac regem, et cxazzdz zzos zu dz'e t?Ma z'zzrzocarzerz'mzzs fe (MGH LL 2, S. 385,
Z. 10).
298 Die Verlagerung der Gebete in die Kirche bedingte auch, dass der König sich bereits hierfür ein
erstes Mal zu Boden werfen musste.
299 Vgl. das Mazzz'am FreHfer psadczzfz'Fzzs, z'd esf Xll aposhdos ac fofz'dem z?:arh/res, cozz/essores et Hrgz'zzes
des Mainzer Ordo (Pontificale Romano-Germanicum, LXXII, c. 6, S. 248) mit dem Trierer Ponti-
fikale des 14. Jahrhunderts (Paris, Bibliotheque nationale de France, Ms. lat. 950, f. lllr: cazzfHzzr-
Mazda) und dem spätmittelalterlichen Ordo von Daniel von Wichterich (MGH LL 2, S. 386,
Z. 16f.: cazzfHzzr Mazda a AMzus cMz'cz's). Siehe zur Litanei auch oben, Anm. 277.
300 Bereits in der Überarbeitung des Mainzer Ordo ist hiervor das »zusammen« (zzzza) ausgefallen
(Pontificale Romano-Germanicum, LXXII, c. 6, S. 248, Anm. 5), im Trierer Pontifikale ist es je-
doch vorhanden.
301 Vgl. analog hierzu die Bischofsweihe in Daniels Pontifikale, Paris, Bibliotheque nationale de
France, Ms. lat. 948, f. 27r, was als weiteres Argument für die Abfassung des Krönungsordo
 
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