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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0197

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

Limburger Herzogs und des falschen Namens des Grafen von Loon nicht uneinge-
schränkt Glauben geschenkt werden.
Da Abt Menko ebenfalls nichts von den Erzbischöfen von Mainz und Trier berich-
tet^ wird ihre Teilnahme an der Krönung auszuschließen sein. Dennoch könnte die de-
taillierte, einer Zeugenliste gleichende Aufzählung auf einer im Umfeld der Krönung
entstandenen und möglicherweise nachträglich erweiterten Aufzeichnung fußen, so
dass die Angabe über den päpstlichen Legaten Wilhelm als Koronator hierdurch nicht
zwangsläufig in Frage gestellt wird. Ungewöhnlich ist jedoch die Angabe der Lütticher
Quellen, dass der Legat zu dieser Krönung geschickt worden sei (ad J?oc rnzssns/U^afus)
beziehungsweise sie auf Befehl des Papstes (ad mandatum Innorcnrd papc) vornahm. Wil-
helm war nämlich wie erläutert nur für die Krönung Häkons ausgesandt worden, seine
Anwesenheit in Aachen erklärt sich eher zufällig aus der langen Dauer der Belagerung,
so dass die Rückreise des Legaten mit der Krönung zusammenfiel.^ Andererseits kann
eine bloße Verwechselung Wilhelms mit dem eigentlich für die deutschen Belange ab-
gesandten Legaten Pietro Capocci ebenfalls ausgeschlossen werden, da den Lütticher
Quellen dessen Bedeutung für die Königserhebung im Zusammenhang mit der Wahl
Wilhelms völlig klar ist und das Chronicon Leodiense diesen auch unter den Anwesen-
den aufführt/'
Die Lütticher Überlieferung bietet also gewisse Anhaltspunkte, die Krönung nicht
dem Erzbischof von Köln, sondern dem Kardinallegaten Wilhelm zuzuschreiben, kann
jedoch aufgrund einiger problematischer Angaben nicht völlig überzeugen. Da diesel-
ben Quellen zu 1257 den Kölner Erzbischof als Koronator nennen und damit über den
Normalfall einer Königskrönung korrekt informiert sirtdü' wird man ihre abweichen-
den Angaben allerdings nicht völlig verwerfen können. Keine Fortschritte in dieser
Frage bringt schließlich die dritte Fortsetzung der Gesta abbatum Trudonensium, der
Taten der Abte von Sint-Truiden, dem nur 70 Kilometer von Aachen entfernt liegendem
Benediktinerkloster: Erst im 14. Jahrhunderts zusammengestellt, berichten sie lediglich,
der König sei per Zegafnm CMrze Romane geweiht worden.^
Fasst man die verschiedenen Belege zu Wilhelms Königskrönung zusammen, so
zeigt sich keine der Quellen über jeden Zweifel erhaben. Gleichzeitig können für jeden
der drei genannten Koronatoren gute Gründe vorgebracht werden, da die Glaubwür-
digkeit keiner der Nachrichten völlig entkräftet werden kann. Besteht also kein Anlass,

74 Siehe oben, Anm. 55-58.
75 Vgl. Hocsem, Chronique, S. 4f.; Chronicon Sancti Laurentii Leodiensis, Sp. 1102; Chronicon Leo-
diense usque ad a. 1402, S. 169. Hier zeigt sich, dass die Lütticher Quellen lediglich über das Kö-
nigtum Wilhelms von Holland, das für sie durch die Verknüpfung mit der Erwählung des
neuen Lütticher Bischofs von besonderem Interesse war, informiert sind, da sie dem in Wirk-
lichkeit nur gewählten Heinrich Raspe ebenfalls eine Krönung zuschreiben (ebd., nicht jedoch
das Chronicon Leodiense usque ad a. 1402, S. 168).
76 Siehe unten, Anm. 132.
77 Gesta abbatum Trudonensium. Continuatio tertia. Pars II, S. 396: Sz'ctyao per Lgafam can'e Romane
in regen: Aiemanie consecrafar. Vgl. BALAu, Les sources de l'histoire de Liege, S. 591-594 und Gesta
abbatum Trudonensium. Continuatio tertia. Pars II, S. 224f. für die benutzten Werke sowie zum
Autor allgemein StMENON, Les chroniqueurs de TAbbaye de Saint-Trond, S. 65f. Die Nachricht
über die Krönung Wilhelms wurde, wie andere auch, vom gleichen Autor auf einem gesonder-
ten Blatt hinzugefügt (BALAu, Les sources de l'histoire de Liege, S. 591f.), und weist inhaltlich
wie in den konkreten Formulierungen eine deutliche Nähe zu der Chronik Hocsems auf, die
vor allem ab den 1280er Jahren ausgiebig benutzt wurde.
 
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