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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0219

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

von Streitigkeiten und schließlich zu Vorabsprachen bezüglich der Wahl: Am 1. Sep-
tember 1273 versicherte der Mainzer Erzbischof dem Pfalzgrafen, sich für dessen Wahl
einzusetzen, doch zog man ebenfalls die Wahl der Grafen Siegfried von Anhalt oder
Rudolf von Habsburg in Betracht.'Wenig später, am 11. September, kamen dann alle
vier rheinischen Kurfürsten in Boppard überein, dass die Entscheidung von drei der
vier Wählenden auch für den vierten bindend sein sollte.'" '
Der genaue Ablauf der folgenden Ereignisse ist bereits 1872 von Goswin von der
Ropp herausgearbeitet worden. Ihm folgte Oswald Redlich in den von ihm neu heraus-
gegebenen Regesta Imperii ebenso wie in seiner umfangreichen Biographie des Königs,
worauf sich die Forschung bis heute beruft.^' Dennoch lohnt der kurze Blick auf die
vollständige Überlieferung der Herrschererhebung Rudolfs, ergeben sich hierdurch
doch interessante Einsichten, wie die nicht immer klar zu Tage liegenden Abläufe und
Hintergründe von den Chronisten in einen - für sie - sinnvollen Zusammenhang ge-
bracht wurden.'^' Die Erzählung weist dabei gewisse Variationen auf, folgt jedoch ei-
nem einheitlichen Grundmuster der Ereignisabfolge: So berichtet eine Vielzahl von
Quellen, die alle in einem gewissen zeitlichen Abstand zu den Ereignissen entstanden/^

europäische Politik, S. 433, Artm. 1 verzeichnet und von ERKENS, Kurfürsten und Königswahl,
kompetent zusammengefasst und diskutiert worden. Vgl. hierzu jüngst auch SCHUBERT, Königs-
absetzung im deutschen Mittelalter, S. 232-244, mit der Ansicht, die Wahl Rudolfs von Habs-
burg 1273 sei »schon allein wegen ihrer Wirkung auf die Öffentlichkeit der entscheidende
Schritt auf dem Wege zur Durchsetzung des exklusiven Wahlrechts der Kurfürsten gewesen«
(S. 240).
178 MGH Const. 3, Nr. 5. Zur Vorgeschichte der Wahl und den möglichen Kandidaten vgl. Ropp,
Erzbischof Werner von Mainz, S. 59-77 die ausführliche Diskussion der Quellen in RI VI,1 Nr. 0
sowie REDLICH, Rudolf von Habsburg, S. 146-160, SCHWAB, Wahl Rudolfs von Habsburg, S. 68f.,
GROPPER, Wahl, Krönung und Approbation, S. 10-25 und KRIEGER, Rudolf von Habsburg, S. 90-
99. Die in den genannten Werken vertretene These eines päpstlichen Wahlbefehls widerlegt
KAUFHOLD, Deutsches Interregnum und europäische Politik, S. 433-450, obgleich KRIEGER, Ru-
dolf von Habsburg, S. 97 dazu skeptisch bleibt. Zur Eignung beziehungsweise den Vorausset-
zungen für die Wahl Rudolfs vgl. auch die Überlegungen bei WoLF, Warum konnte Rudolf von
Habsburg König werden?.
179 MGH Const. 3, Nr. 6. Bei REDLICH, Rudolf von Habsburg, S. 123 wird fälschlich Bacharach als
Versammlungsort genannt, S. 159 dann jedoch korrekt Boppard.
180 Ropp, Erzbischof Werner von Mainz, S. 77-87; REDLICH, Rudolf von Habsburg, S. 160-167 sowie
REDLICH, Anfänge König Rudolfs I., S. 342-356 mit ausführlicheren Nachweisen; FRANZL, Ru-
dolf I., S. 94-96; KRIEGER, Rudolf von Habsburg, S. 102. Der von Ropp etablierten Abfolge der Er-
eignisse folgte bereits auch HiRN, Rudolf von Habsburg, S. 17f. in seinem anlässlich des 600-jäh-
rigen Krönungsjubiläums entstandenen Werk.
181 Ropp, Erzbischof Werner von Mainz, S. 85, Anm. 2 behandelt zusammenfassend die anderslau-
tenden Quellen, die der »bisher allgemein geltende[n] Ansicht«, die Benachrichtigung sei erst
nach der Wahl unternommen worden, zugrunde lagen und widerlegt deren Angaben. Eine
Auswahl der über die Wahl berichtenden Quellen mit Informationen zu den verschiedenen Au-
toren hat GROPPER, Wahl, Krönung und Approbation, S. 26-48 zusammengestellt. Gropper geht
es jedoch nicht um die Rekonstruktion der Vorgänge, sondern eher um den Stellenwert, der der
Wahl eingeräumt wurde (ebd., S. 48: »Wichtiger als der tatsächliche historische Wahrheitsgehalt
der genannten Geschichtsschreiber ist meines Erachtens allerdings das Bewußtsein, in dem die
Ereignisse erzählt wurden, und das Gedankengut, das in die Arbeit einfloß.«).
182 Vgl. hierzu Chronica de gestis principum (Edition, S. 5-7), RiTSCHER, Literatur und Politik, S. 97-
103 (Ellenhardi Chronicon; hierzu auch MERTENS, Straßburger Ellenhard-Codex, besonders
S. 549 und 566), S. 128-135 (Chronicon Colmariense) und S. 184-188 (Matthias von Neuenburg)
sowie LHOTSKY, Quellenkunde, S. 277f. (Johann von Winterthur), S. 288-292 (Ottakar von Steier-
mark) und S. 292-300 (Johann von Viktring). Ellenhard war ein Zeitgenosse Rudolfs, er verfas-
 
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