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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0274

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Albrecht von Habsburg (1298)

259

Wie relevant solche Zusicherungen werden konnten, zeigt der Sitzstreit bei Ru-
dolfs Krönung, der eine Generation später bei der Krönung seiner Schwiegertochter er-
neut ausbrach. Dass der Erzbischof von Köln in diesem Fall den ehrenvolleren Platz zur
Rechten des Herrschers forderte, kann als weiteres Indiz dafür gesehen werden, dass er
zuvor die Krönung der Königin vollzogen hatte. In Wirklichkeit ging es nämlich nicht
direkt um den Platz zur Rechten des Königs, sondern genauer noch um den Platz zur
Rechten der Königin, wie aus der Chronik Johannes Stetters hervorgeht: Lind soj? die rö-
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Die Platzierung des Konstanzer Bischofs zur Linken des Königs mag zunächst ver-
wundern und als Lokalpatriotismus des Chronisten abgetan werden, doch ist die An-
wesenheit Heinrichs II. von Klingenberg urkundlich belegt^ und die besondere Nähe
zum Herrscher durch seine Rolle als einer der tatkräftigsten Unterstützer Albrechts ge-
gen König Adolf vollkommen verständlich.^ Uber die Gründe für den Ausgang des
Streits machen die Quellen keine Angaben, doch konnte Gerhard von Mainz sich nicht
nur auf die Lage des Hoftags innerhalb seiner Kirchenprovinz berufen, sondern außer-
dem ein ihm von Albrecht weniger als zwei Monate zuvor ausgestelltes Privileg anfüh-
ren, dass ihm und allen seinen Nachfolgern in ozüz'nc H Eonorc processionis, sessionis, nonn-
nahonis H senpfnre den ersten Platz unter den Fürsten zusicherteA" Anders als bei
Albrechts Vater Rudolf scheint 1298 bei den Beteiligten allerdings ein weniger stark aus-
geprägtes Bedürfnis nach einem friedfertigen und ungestörten Ritualablauf bestanden
zu haben, denn Wikbold von Köln entschloss sich, seinen Protest nicht mittels auf Kon-
sensverhandlungen folgendem Nachgeben und dessen schriftlicher Absicherung, son-
dern durch bloßes Fernbleiben zum Ausdruck zu bringend^

477 Johannes Stetter, Chronik, S. 37. Nach Aussage dieser Quelle wäre es ebenso denkbar, dass sich
der Erzbischof von Köln über die Bevorzugung Heinrichs von Klingenberg erboste, doch steht
dieser Deutung der Bericht Ottokars entgegen. Nichts zu diesem Sitzstreit, jedoch zu einem
solchen zwischen zwei Mainzer Suffraganbischöfen berichtet Heinrich Taube von Selbach,
Chronik, S. 5f. (vgl. hierzu PELTZER, Das Reich ordnen, S. 98f.).
478 MGH Const. 4, Nr. 41, S. 35.
479 Heinrich II. von Klingenberg war ein langjähriger enger Vertrauter von König Rudolf und
Kanzler an dessen Hof, hatte Albrechts Königserhebung von Beginn an diplomatisch wie mili-
tärisch unterstützt und war auch bereits in Aachen bei dessen Krönung zugegen gewesen. Zu
seiner Person siehe WEiDHASE, Heinrich II. von Klingenberg, besonders S. 216f., wo ebenfalls die
Nachricht über die Sitzordnung beim Nürnberger Hoftag für glaubwürdig gehalten wird. Zum
Streit der Erzbischöfe siehe auch PELTZER, Das Reich ordnen, S. 101, der die Nachricht Johannes
von Stetters lediglich als Variation des Berichts der Reimchronik ansieht, »um die Bedeutung
des Konstanzer Bischofs herauszustellen« (Anm. 33).
480 MGH Const. 4, Nr. 17) S. 15.
481 Noch größeren Aufruhr verursachte ein Streit der beiden Erzbischöfe auf dem Hoftag Hein-
richs VII. in Speyer 1310. Der König löste diesen Konflikt, indem er beide Kontrahenten statt zu
einem öffentlichen zu einem privaten Mahl lud. Peter von Zittau führt dazu aus, man habe ihn
darüber informiert, dass von früheren Kaisern solche Streitigkeiten so geregelt worden seien,
dass der Mainzer in Deutschland, der Kölner in Italien und der Trierer in den gallischen Reichs-
teilen den rechten Platz innehabe (vgl. PELTZER, Das Reich ordnen, S. 102f.), was - wie die Lö-
sung der Streitigkeiten in Aachen 1273 zeigt - jedoch nicht uneingeschränkt der tatsächlichen
Praxis entspricht.
 
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