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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0395

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

auch jetzt wurde die Lösung der Streitfrage aufgeschoben: Herzog Wenzel von Brabant,
seines Zeichens Halbbruder des Kaisers, erhielt die Bestätigung, dass hierdurch kein
prezMdzczMm für die Zukunft geschaffen werden sollte, worauf wiederum auch für Her-
zog Rudolf von Sachsen eine Sicherungsurkunde ausgestellt wurde."^ Man entschied
sich damit für eine Regelung, die wie beispielsweise schon beim Sitzstreit zwischen
Köln und Mainz 1273 für den Moment eine Beilegung des Konfliktes brachte, indem sie
die Durchsetzung des beanspruchten Rechts in die Zukunft verschob. Es überrascht
daher kaum, dass bei der Krönung Wenzels der Streit zwischen Brabant und Sachsen in
eine neue Runde gehen sollte."^
Angesichts der sich um die Mitte des 14. Jahrhunderts verdichtenden Bestrebun-
gen, das Tragen der königlichen Insignien zu regeln und festen Personen zuzuschrei-
ben, ist es möglich, den Streit anlässlich der zweiten Krönung Karls IV. in die größeren
Zusammenhänge einzuordnen. Zwar hatte Markgraf Ludwig von Brandenburg noch
1339 die Rechte der Jülicher Markgrafen bestätigt, doch als sich zehn Jahre später die
Gelegenheit bot, selbst diesen Ehrendienst auszuüben, galt die frühere Urkunde nichts
mehr: Als Kurfürst beanspruchte er nun seinerseits bei der königlichen Krönung
das Zepter tragen zu dürfen (dzcens ad qj^zczuw smiw J?oc specfare), und bekam Recht."^
Im von König und Fürsten gefundenen Kompromiss konnte der Markgraf von Jülich
zwar sein älteres Recht für Belehnungen wahren, doch für die Krönung hatte er dieses
gegen den Brandenburger verloren.
Offenbar waren nicht mehr nur die geistlichen, sondern auch die weltlichen Kur-
fürsten um eine angemessene Beteiligung am rituellen Vollzug der Königserhebung
bedacht, umso mehr, da Ludwig von Brandenburg den neuen König erst kürzlich aner-
kannt hatte und deswegen sicherlich besonders auf die angemessene symbolische Ehr-
bezeugung bedacht war. Bezieht man den Streit um das Tragen des Schwerts mit ein, so
erscheint hierfür das Jahr 1340 als Wendepunkt: 1338 hatte Rudolf von Sachsen noch
tatenlos zugesehen, wie nicht er, sondern der Bevollmächtigte eines anderen Reichs-
fürsten das Schwert hielt, zwei Jahre später sah er sich genötigt, Protest einzulegen. Die
in beeindruckender Naivität vorgebrachte Begründung für diese Verzögerung mag da-
bei sogar den Kern der Sache treffen, wenn Rudolf anführt, er habe ze den seihen zcdcn
n/'rhl weste, daz er daz fragen sod."^° Der zur Aachener Krönung Karls IV. berichtete Streit
über das Zepter reiht sich hier nahtlos ein, und auch die faktische Bevorzugung der
Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen in den Jahren 1349 und 1356 zeichneten den
Weg vor, den die Bestimmungen der Goldenen Bulle letztlich zementieren würden.
Denn auch die Markgrafen von Jülich verloren durch sie ihr junges und bereits einge-

1137 ZEUMER, Die Goldene Bulle, Bd. 2, Nr. 32, S. 125 sowie Nr. 34, S. 128.
1138 Siehe unten, Kapitel 5.10.4.
1139 JANSON, Das Königtum Günthers von Schwarzburg, S. 111 verkennt diesen offenbar eingetrete-
nen Wandel, wenn er es für »sehr auffällig« hält, dass Ludwig von Brandenburg »1349 in Aa-
chen die Verfügung seines Vaters angefochten und das jenem von ihm selbst verbriefte Recht
für sich in Anspruch genommen hätte«. Zwischen den beiden Ereignissen liegen zehn Jahre, in
deren Verlauf Ludwig dieses Recht als seinem Amt gebührend neu bewertet haben dürfte.
1140 ZEUMER, Die Goldene Bulle, Bd. 2, Nr. 3, S. 56. Auch Zeumer stellt fest: »Ich finde für das Verhal-
ten des Sachsenherzogs keine andere Erklärung als die, daß er erst nachträglich auf das ihm
von dem Schwabenspiegel zugeschriebene Recht aufmerksam geworden war.« (Bd. 1, S. 241).
 
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