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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0451

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

Vorbereitungen der Stadt, die anwesenden Fürsten und die Geschenke an Kaiser und
König sowie deren Frauen werfen. Einzig durch sie ist auch die Gegenwart der Königin
Johanna belegt, die jedoch entgegen anderslautender Meinungen der Forschung nicht
zusammen mit ihrem Mann gekrönt wurde: 1376 wurde die Nachfolge des Kaiser-
sohnes sichergestellt, nicht ein neues Königspaar geweiht. Ob dabei auch ein feierliches
Krönungsmahl stattfand, wird durch die Quellen nicht belegt, nach den Aachener
Stadtrechnungen nutzte man den Saal des Rathauses nur für die Stadtoberen und einen
Tanz der Kaiserin.'^
Etwas getrübt wurden die Festlichkeiten lediglich durch die aber offenbar folgen-
los gebliebene Exkommunikation des Koronators Friedrich von Köln sowie durch den
im Vorfeld der Krönung ausgebrochenen Streit um das Tragen des Schwertes zwischen
den Herzogen Wenzel von Brabant und Wenzel von Sachsen. Der Halbbruder des Kai-
sers versuchte nach dem Metzer Hoftag 1356 also erneut seinen Anspruch gegen den
sächsischen Kurfürsten zu behaupten, worin er durch die Herzoge Albrecht von Bayern
und Wilhelm von Jülich unterstützt wurde. Als bereits ein bewaffneter Konflikt drohte,
entschied der Kaiser, das Schwert durch seinen erst siebenjährigen Sohn Sigismund als
Markgraf von Brandenburg vorantragen zu lassen. Wie in zahlreichen Fällen zuvor,
zeigt sich auch hier das Spannungsfeld zwischen normativen Vorschriften, konkreten
Machtpositionen und flexiblen Lösungsversuchen: Nach der Goldenen Bulle stand das
Vorrecht unzweifelhaft dem Herzog von Sachsen zu, doch konnte der Onkel des Königs
und Halbbruder des Kaisers unter Androhung von Gewalt zumindest eine Kompromiss-
lösung erzwingen, die keine der beiden Seiten ihres Rechtsanspruchs beraubte und die
endgültige Lösung in die Zukunft verschob.
Insgesamt bildete Wenzels Krönung den Abschluss eines Königserhebungs-
prozesses, der eigentlich bereits mit seiner Taufe begonnen hatte: Im April 1361 war er
in Nürnberg dem ganzen Reich zum ersten Mal als Sohn des Kaisers präsentiert wor-
den, im Juli 1376 wurde er als dessen designierter Nachfolger in Anwesenheit fast aller
Kurfürsten sowie zahlreicher Reichsangehöriger zum römischen König gekrönt. Seine
alleinige Herrschaft trat er trotz der zunehmenden Beteiligung an der Regierung je-
doch erst mit dem Tod seines Vaters an, ganz so wie es auch die ursprünglichen Ab-
kommen zwischen Kaiser und Kurfürsten vorgesehen hatten.
Hierbei kam es nun zu einem rituellen Akt, der in der Forschung bisher nicht wei-
ter bekannt war, aber doch ein bezeichnendes Licht auf Wenzels Herrschaftsverständ-
nis wie auf das spätmittelalterliche Krönungsritual insgesamt wirft: Entgegen seiner
üblichen Reiseroute begab sich der junge König nach dem Tod seines Vaters im Mai 1380
nämlich den Rhein hinab nach Aachen, um dort verschiedene Regelungen bezüglich
der Anerkennung Urbans VI. als rechtmäßigen Papst zu treffen. Dass Wenzel Aachen
nicht zufällig als Ort der Zusammenkunft mit dem Herzog von Brabant, dem Bischof
von Lüttich und dem dort zum Herzog erhobenen Grafen von Berg wählte, ergibt sich
aus seiner Besteigung des Aachener Karlsthrons am 27. Mai 1380: Nodzs zu royalz solzo szzd
apparalzi Romano royzo czizn sodoznpzizfafo cozisziola sodozilzdizs, wie es in der Narratio der Ur-
kunde heißt, die über die Belehnung des Lütticher Bischofs ausgestellt wurde.
1438 Vgl. dazu auch RTA 1, Nr. 100, S. 174, Z. 1-5: da Mz'pen anser /zcrrczz pe/e ap den sad apenfz z'nd nzor-
genfs M ez'n; so /zadde nzan an cosfe pan denze prz'dage Ms den anderen prz'dages, dal der dez'ser z'nd der
daz'nnz'ng ewec/z reden, ap denz sad so anzd Msc/ze Moz'sc/zo droef z'nd ade ander gereede 45 nzd. z'nd 16 dn.
 
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