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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0453

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Herrschererhebungen des Spätmittelalters

Der Königswahl Heinrichs VII. waren längere Verhandlungen vorausgegangen,
bevor die Kurfürsten sich schließlich einträchtig auf den Luxemburger Grafen verstän-
digten. Hierbei tritt der Baumgarten des bei Koblenz gelegenen Ortes Rhens besonders
in Erscheinung, wo zum ersten Mal alle Kurfürsten (außer Böhmen) zu Verhandlungen
über die Königswahl zusammenkamen. Etwas mehr als einen Monat nach der Wahl in
Frankfurt wurde Heinrich dann zusammen mit seiner Frau in Anwesenheit aller Wäh-
ler feierlich zum König gekrönt. Bereits im folgenden Jahr brach er nach Italien auf, um
dort als erster Herrscher seit Friedrich II. wieder die Kaiserkrone zu empfangen.
Als Heinrichs Tod in Italien im Reich bekannt wurde, trat zunächst sein Sohn Jo-
hann, Kurfürst und König von Böhmen, als möglicher Nachfolger auf. Im Laufe der
Vorverhandlungen zeigte sich jedoch, dass eine einmütige Königswahl wie bei seinem
Vater nicht zu erreichen sein würde: Das Kurfürstenkolleg war in zwei Lager gespalten,
was schließlich in der Doppelwahl des Jahres 1314 mündete. Diese Möglichkeit scheint
allen Beteiligten schon früh bewusst gewesen zu sein, so dass ab einem gewissen Punkt
nicht mehr um die einzelnen Kurstimmen, sondern vor allem um einen möglichst gro-
ßen militärischen Anhang geworben wurde. Herzog Ludwig von Bayern konnte hier-
durch die Altarsetzung in Frankfurt und die Krönung in Aachen erreichen, während
sein Gegner Friedrich von Habsburg zwar nur in Bonn, aber andererseits durch den
Erzbischof von Köln gekrönt wurde. Aus dem anschließenden Zug der beiden Herr-
scher ins Eisass ging Friedrich als Sieger hervor, wodurch diese wichtige Region des
Reichs weitgehend unter seine Herrschaft fiel. Der daraufhin mit allen Mittel geführte
Kampf um die adwmzshaczo im Reich sollte noch mehrere Jahre andauern, bevor Ludwig
schließlich in der Schlacht von Mühldorf den endgültigen Sieg davon trug - nicht die
Rituale der Herrschererhebung, sondern der Sieg auf dem Schlachtfeld brachte die Ent-
scheidung.
Ähnlich verhielt es sich bei Karl IV., der erst zur weitgehenden Anerkennung im
Reich gelangen konnte, als Kaiser Ludwig IV. drei Jahre nach Karls Erwählung uner-
wartet verstarb: Auf Ansuchen des Papstes von der Mehrheit der Kurfürsten als erster
König in Rhens gewählt und wegen der Weigerung der Stadt Aachen in Bonn gekrönt,
führte der Tod seines Vaters in der Schlacht von Crecy dazu, dass Karl zunächst um die
Sicherung seiner Nachfolge in Luxemburg und Böhmen bemüht war und nicht sofort
den Kampf gegen den Kaiser aufnehmen konnte. Nach dessen Tod gingen die Wittels-
bacher und ihre Anhänger jedoch nicht sofort in Karls Lager über, sondern erhoben ih-
rerseits erst Edward III. von England und dann den Grafen Günther von Schwarzburg
zum Gegenkönig. Karl gelang es jedoch, die gegen ihn gebildete Koalition zu sprengen
und Günther zum Verzicht auf sein Königtum zu bewegen.
Nachdem er nachträglich auch die Kurstimmen der übrigen Wähler erhalten und
in Frankfurt auf den Altar gesetzt worden war, zog der König in Begleitung der Wittels-
bacher Kurfürsten von Brandenburg und der Pfalz sowie seines Onkels, Erzbischof Bal-
duin von Trier, nach Aachen. Hier wurde Karls zweite Frau Anna von der Pfalz von
Balduin gekrönt, nachdem am Tag zuvor auch Karl die Krone empfangen und den Aa-
chener Karlsthron bestiegen hatte. Diese so genannte »zweite Krönung« blieb jedoch
auf jene beiden Akte beschränkt und wurde nicht weiter bekannt gemacht, da Karl kein
Interesse daran hatte, seine frühere Weihe in Bonn zu entwerten. Bevor der König ei-
nige Jahre später zur Kaiserkrönung nach Rom aufbrach, ließ er seine mittlerweile
 
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