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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 101 - Nr. 110 (2. Mai - 12. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0027
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,

Adelsheim, Voßberg, Tauberbischofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 20.- Mk., Anzeigenpreise:
D,e einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 3.— Mk., Reklame-Anzeigen
(9 - mm breu) 8.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimnnttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Eeschaftsstunden: 8-'/.6 Uhr. Sprechstunden der Redaktion: 11-12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Samstag, 6. Mai 1922
Nr. 105 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Gerbel; für die Anzeigen A. Friedmann, sämtl. in Heidelberg
Druck u. Verlag der Untervadischen Verlagsanstalt G. m. b. H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraßs 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahms 2673, Redaktion 2613.

Am toten Punkt.
Die Instruktionen BarthouZ. — Russische Rückfragen bei Lenin. — Amerikas Petroleuwintereffen.

Zur Lage.
Tr. Heidelberg, den 6. Mau
Die Note der Reparationskommisstou über den deutsch-russischen
Vertrag bildet Wohl den vorläufigen Schlußstrich unter die seit
den Ostertagen dauernde Diskussion, die vorübergehend Deutsch-
land aus der Konferenz in eine recht prekäre Lage gebracht hat, ans
der sie lediglich durch Llohd Georges Erfolgswillen einerseits, und
die allzu toste chauvinistische Draufgüngeret Poincaräs anderseits
glücklich mit einem blauen Auge davongekommen ist. Die Note der
Reparationskommission, in ihrem Ton auffallend höflich und lie-
benswürdig, stellt eine angenehme Enttäuschung für uns dar, es ist
keine Rede mehr von Annullierung und auch die juristische Unzu-
lässigkeit des Vertrags wird mit keinem Wort zu beweisen versucht.
Die Kommission bittet (!) die deutsche Regierung lediglich, ihr zu
bestätigen, das; es nicht die Absicht Deutschlands und Rußlands war,
durch den Vertrag von Ravallo auch auf Rechte zu verzichten, auf
die Deutschland auf Grund des 8 260 des Friedensvertrags gar
nicht verzichten kann. Außerdem verlangt die Reparationskommis-
sion, daß durch Deutschlands Mitarbeit am wirtschaftlichen Wieder-
aufbau Rußlands nicht die Erfüllung der Versailler Vertragsver-
Pslichtungcn durchkreuzt oder gar unmöglich gemacht wird, mit
anderen Worten: die Reparationssrage steht nach wie vor im Mittel-
unkt der deutschen Aufgabe» und von ihrer weiteren Entwicklung
längt auch der wirtschaftliche Wert des deutsch-russischen Vertrags
ab. Darum haben wir auch von Anfang an die politische und
wirtschaftliche Bedeutung dieses Vertrags nicht so hoch eingeschätzt,
wie das da und dort geschehen ist. Was Rußland heule in erster
Linie braucht, das sind Materialien aller Art zum Wiederaufbau
seiner völlig zerrütteten landwirtschaftlichen und industriellen Pro-
duktionskraft, es wird Jahre brauchen, bis es selbst wieder in
nennenswertem Umfang exportieren kann, bis dahin braucht es
langfristige Kredite. Zu dieser Kapitalsaktion größten Stils sind
wir aber ganz unfähig, solange wir die Fesseln von Versailles am
Beine hängen haben, solange wir sämtliche Devisenüberschüsse zur
Reparationszahlung verwenden müssen. Die Reparationsfrage und
ihre vernünftige Regelung bildet damit nach wie vor d i e deutsche
Lebensfrage und nur von diesem Standpunkt aus haben wir an
der Art, wie dieser Vertrag geschlossert wurde und wie provozie-
'end er auf Frankreich, unseren eigentlichen Reparationspartner,
gewirkt hat, Kritik geübt. Zur Zeit macht eine Denkschrift der deut-
schen Regierung zum Rapallovertrag die Runde durch die deutsche
Presse, worin nochmals aste die Gründe zusammengesaßt werden,
welche die deutschen Delegierten in Genua in der denkwürdigen
Karwoche bewogen haben, diesen Vertrag abzuschließen. Sie be-
stätigt unsere bereits vor einiger Zeit hier geäußerte Auffassung,
daß man den fest Monaten abgeschlossenen Vertrag nicht schon vor
Genua abgeschlossen hat, „um die Arbeiten der Konferenz nicht zu
prajndizieren oder die Konferenz überhaupt unmöglich zu
machen". Umsomehr hätte man dann auf der Konferenz selbst dar-
aus bedacht sein müssen, mit dem Abschluß des juristisch sicher ein-
wandfreien Vertrags so wenig wie möglich zu provozieren, gerade
weil Deutschland keinerlei Interesse daran hatte, Geheimpolitik zu
treiben und weil es sich entgegen dem ganzen Sinn der Konferenz
stottert glaubte. „Die deutschen Regierungsstellen glaubten alles
getan zu haben, Lloyd George und damit die Alliierten zu infor-
mieren". So steht es in der Denkschrift. Die Vorgänge in Genua
unmittelbar nach Bekanntwerden des Vertrags haben aber gezeigt,
oaß dem doch nicht so war. Mau hätte nicht dabet stehen bleiben
dürsen, privaten Unterhändlern gegenüber zu protestieren, der Pro-
test hätte laut und deutlich an die ganze Konferenz und damit die
ganze öffentliche Meinung gerichtet werden müssen, vor
allem aber hätten wir nicht ohne vorherige Verständigung
mit dcn Neutralen vorgehen dürfen. Der Vertrag mit Ruß-
land hätte dann immer noch abgeschlossen werden können, es zeigt
sich jetzt, daß damals keine Rede davon sein konnte, daß die russi-
schen Verhandlungen mit der Eiltente vor dem nahen Abschluß
standen. Bei den Verhandlungen über das Entente-Memorandum
an Rußland Haven sich insbesondere in der Frage des nationali-
sicrien Privateigentums ganz neue vorläufig unüberbrückbar er-
scheinende Gegensätze aufgetan; die Lage, die schon durch den ge-
meinsamen belgisch-französischen Protest äußerst kritisch geworden
ist, scheint sich durch den wirtschaftsimperialistischen Kampf um das
russische Petroleum weiter znm.stpitzen. Trotz der von verschiedenen
Seiten erfolgten Dementis über russische Petroleumkonzesstonen an
die englisch-holländische Shell-Petroleumgruppe scheint sich doch zu
bestätigen, daß jedenfalls Verhandlungen im Gange sind, die nahe
vor dem Abschluß stehen. Nur daraus erklärt sich auch das Toben
der französischen kapitalistischen Reaktion, die wieder einmal von
der Schlauheit des englischen Kaufmanns übers Ohr gehauen wor-
den ist. Immer deutlicher enthüllen sich die eigentlich kapitalistischen
Bewcgnngsfaktoren der heutigen Weltpolitik. Und siehe da, Ame-
rika, das bisher geschwiegen, das an der Genueser Konferenz nicht
ketlgenommeu Hai, angeblich weil ihm die Reparationsfrage und
die Abrüstung so am Herzen liegen, daß es sich von einer Konfe-
'enz, aus der die Erörterung dieser Problems verboten ist, nicht«
«spricht, dasselbe Anrerika erscheint, wenn es gilt, die Prostt-
nterefsen der amerikanischen Petroleummonopolisten (Standard-
est Company) zu verteidigen. Eine Enropapreß-Meldung
wm 5. Mai besagt:
„Der „Newyork Herald" erfährt ans Washington, daß Prä-
sident Hardtng und Staatssekretär Hughes einen ener-

gischen Protest an England vorberetten, im Falle sich
die Meldnng vom Abschluß eines Vertrags bewahrheiten sollte,
wodurch der Petroleumgesellschaft Shell in den Pe-
troleumfeldern des Kaukasus eine Monopolstellung eingeräumt
ist. Die amerikanischen Botschafter tu London mrd Rom haben
Auftrag erhalten, über diese Angelegenheit eine Untersuchung
etnzuleiten und, sobald die amerikanische Regierung eine Bestäti-
gung erhallen haben wird, wird sie ihren Protest ergehen lassen.
Die amerikanische Regierung tst der Ansicht, daß eine Monopol-
stellung dem Prinzip der offenen Tür in Rußland zuwiderläuft»
worauf Staatssekretär Hughes in der Note bestand, als er die
Einladung für die Konferenz in Genua avlehnte.
In Regierungskreisen glaubt man, daß der Vertrag der
Shell-Gruppe mehr als alles andere zum Scheitern der Konferenz
beitragen würde, und daß dieses Vorkommnis die französischen
und belgischen Einwände gegen das russische Memorandum recht-
fertige. Man erklärt, daß Amerika den Protest, den Frank-
reich wahrscheinlich gegen diese Monopolstellung in den kauka-
sischen Petroleumfeldern erheben wird, unterstützen wird."
Welche Ironie des Schicksals! Amerika, das den französischen
Militarismus bekämpft bzw. moralisch in allen möglichen Ton-
arten verurteilt und das angeblich seinetwegen nicht nach Genua
geht, dasselbe Amerika unterstützt die französische Sabotage der Ver-
ständigung mit Rußland, weil es durch englisch-russische Verein-
barungen seine Monopolstellung gefährdet steht. Dadurch ist natür-
lich die Situation in Genna noch verwickelter geworden, als sie an
sich schon war, vor allem hat dadurch die französische Opposition
ganz neue Nahrung bekonnnen.
Genua.
Die russische Antwort.
Kreditforderungen.
Genua, 6. Mai. Tschitscherin äußerte sich gegenüber
dem Korrespondenten der „Tribuna" über das Memorandum der
neun Mächte, daß es gegenüber seinem Briefe vom 24. April an
Llohd George, der als Grundlage angenommen worden sei, einen
wirklichen Rückschritt bedeute. Das Verbot der antikapi-
taltstischen Propaganda auf russischem Gebiete könne die Sowjet-
regierung nicht annehmen, da es die Verbreitung ihrer Ansichten
tm eigenen Lande unterbinde. Auch die Verpflichtung der Neutra-
lität im grtechisch-türktsche» Konflikte sowie die Forderung, die
Türken zur Einstellung ihrer Streitigkeiten tu Griechenland zu ver-
anlassen, die für die Sowjetregierung vollständg unerwartet kam,
könne Rußland nicht annehmen, da die Verpflichtungen über die
Grenzen eines wirtschaftlichen Abkommens hinausgingen. Ferner
bedeutet die Verpflichtung zur Zurückgabe der rumänischen Depots
ohne Anschneiden der bessarabischen Frage und die ungenügende
Lösung der Frage der Kriegsschuld der Sowjetdelegation ernste
Besorgnis.
Rakowski überreichte dem Präsidenten der Finanzkommis-
ston eine Denkschrift, worin folgende Kredite gefordert wer-
den: Ungefähr 3 Millionen Goldrubel innerhalb der nächsten fünf
Jahre zur Hebung der russischen Landwirtschaft, 1 Milliarde Gold-
rubel innerhalb dreier Jahre zum Wiederaufbau der Industrie.
6 Milliarden Goldrubel innerhalb 5 Jahre zur Instandsetzung
der Transportmittel. Die Sowjetregierung will dafür den Gläu-
bigern die Zoll einnah men, die Einnahmen aus der Pla.
ttu Produktion und aus der Ausfuhr verpfänden. Als
Garantie bietet sie russische Staatsanleihen sowie landwirtschaft-
liche und industrielle Konzessionen.
Die r u fsische Delegation hat beschlossen, mehrere ihrer Mit-
glieder zu mündlicher Berichterstattung über die bisherigen Ver-
handlungen nach Moskau zu senden. Es zeigt sich bei ihr der
gleiche Feyler wie bei der französischen Delegation, daß nämlich
der eigentliche Leiter der Politik, Lenin, wie Poincare nicht in
Genua anwesend ist und deshalb auch von der allgemeinen
Genueser Atmosphäre, die schriftliche Berichte nur ungenügend
vermitteln können, nicht beeinflußt werden kann. Es ist möglich,
daß die Russen inzwischen auf das Memorandum der Westmächte
eine vorläufige Antwort gkGen, die ihre abweichenden
Wünsche und Auffassungen darlegt und zu weiteren Verhandlun-
gen Raum läßt. Eine Entscheidung in der russischen Frage, soweit
sie von den Russen selbst abhängt, kann aber nunmehr frühestens
nach der Rückkehr der russischen Delegationsmttgliedcr aus Moskau
erfolgen.
Barthou wieder in Genua.
Seine Instruktionen.
Genua, 6. Mai. (Priv.-Tel.) Barthou ist gestern abend
11.40 Uhr in Paris wieder abgeretst und wird heute morgen
hier zurückerwartet. Wie verlautet, wurden in Paris genau um-
grenzte Instruktionen für Barthou festgesetzt. Darunter befinden
sich nach einer Mitteilung des „Oeuvre" die folgenden:
1. Belgien ist in der Memorandumsfrage weiterhin zu unter-
stütze«.
2. Die Diskussion des Problems von Freihandel und
Schutzzoll soll nicht zugelaffen werden, ebensowenig das
Reparattonsproblem, auch nicht indirekt, sowie auch
nicht das Projekt des engiftchc« ischatzkanzlsrs Horne,
das den Ausgleich der alliierten Schulden vorsieht. Ferner

wird betont, daß alle tu Genua unterzeichneten Abkommen
nicht notwendigerweise von allen in Genua anwesenden
Staaten unterzeichnet werden müssen.
Daß Frankreich fest entschlossen ist, seine Sabotagepolitik in
Genua fortzusetzen, geht aus folgendem Privattelegramm der „Frkf.
Ztg." hervor, datiert von: 5. Mat, abends 11.30 Uhr. Es lautet:
Die morgige Zusammenkunft zwischen Barthou und Lloyd
George hat heute abend ein V'o rspiel gefunden, das die ganze
Schwere der Lage noch einmal klarstellt. Barrere nämlich
hat dem italienischen Außenminister Schanz er offiziell als
dem Vertreter des Präsidenten der Konferenz die Mitteilung ge-
macht, daß Frankreich sich mit der belgischen Haltung identifiziere,
also an dem Memorandum an die Russen nur teilnehmen könne,
falls der belgische Antrag in der Frage des nattonalisierten
Eigentums von den Mächten angenommen würde, während
im anderen Falle Frankreich seine Unterschrift unter das Memoran-
dum nicht gebe« könne. Vorausgegangen war dieser offiziellen
französischen Mitteilung ein Besuch des belgischen Delegations-
führers Iasvar bei Schanzer, bei dem der Belgier noch einmal
erklärte, daß Belgien aus Gründe ndertnneren Politik
außerstande sei, von der einmal eingenommenen Haltung ab-
zuweichen, die von sämtlichen Parteien einschließlich der
Sozialisten (?) gefordert werde.
Diese beiden Erklärungen lassen eigentlich nur den Schluß zu,
da» Belgien und Frankreich sich tatsächlich in der Ruffensrage von
den übrigen sieben Mächten trennen wollen, daß also ein einheit-
licher Pakt mit den Russe» auf der Konferenz unmöglich wird.

Der Reichskanzler nach Berlin?
Wiederzusammentritt des Reichstags.
Genua, 6. Mai. Der Reichskanzler hat sich damit einver-
standen erklärt, daß der Reichstag noch während der Konferenz von
Genua zusammentrete. Er beabsichtigt, anfangs kommender Woche
nach Berlins» reisen. I» Berlin soll dann der Auswär-
tige Ausschuß zusammentreten, in besten vertraulicher Sitzung
der Reichskanzler spreche« will. Dr. Wirth wollte seine Reise
gestern schon antreten, hat sie aber auf Wunsch von Lloyd George
verschoben. Ende kommender Woche will Dr. Wirth nach Genua
zurückreise,r. Kein anderes Mitglied der deutschen Delegation wird
den Kanzler nach Berlin begleiten.
Der Reichstag dürste am Mittwoch oder Donnerstag
nächster Woche zusammentreten. Ursprünglich war beabsichtigt, den
Zusammentritt bis nach der Rückkehr des Kanzlers aus Genua zu
verschieb«,. Dr. Wirth hat jedoch wissen lassen, daß er gleichfalls
für die Einberufung des Reichstags sei, da zunächst nur Etat-
beratungen auf der Tagesordnung stehen und die Verhandlungen
des Reichstags nicht länger unterbrochen werden sollen.
Des „Vorwärts" gegen die linksradikalen
Zerstörer der Arbeiterbewegung.
Eine ernste Mahnung.
Auf Grund der von uns bereits mitgeteilten Vorgänge vor
dem Berliner Rathaus hatten die Gemeinidearbetter Berlin einen
24-stündigen Proteststreik beschlossen, der auch am Donnerstag zu,
Durchführung kam. Gleichzeitig versuchten Ne Kommunisten mit
allen Mitteln einen Generalstreik aller Berliner Arbeiter zu Pro-
vozieren, es gelang ihnen mich, durch falsche Darlegungen die
SttÄsgung einzelner Privatbetriebe zu erreichen. In seiner 'ge-
strigen Morgenausgabe wenvet sich nun der „Vorwärts" mit sehr
ernsten Worten gegen diese sinnlose Streikpropaganda, mit der die
Kommunisten aus den Lohnforderungen der Berliner Gemeinde-
arbeiter ihre parteipolitischen Vorteile zu ziehen suchen. Der »Vor-
wärts" ist der Ansicht, daß innerhalb der Demokratie ein Zuviel
der politischen Streiks einer Gefährdung der Rechte der Arbeiter-
schaft gleichkommt. Frtiher, eine unhstldrohende Waffe, steht der
politische Streik heute in Gefahr, in den Airgen der Kapitalisten
sich zu einem stumpfen Holzmesser zu 'verwandeln. Der „Vor-
wärts" verweist auf die letzten Wahlen in Berlin, Sachsen und
Braunschweig, wo am Donnerstag Ne sozialdemokMtische und uw>
abhänMe Regierung gestürzt werden konnte, weil der eine Kom-
munist nicht im Hause war, Sepp Oerter aber, der trotz seiner Ver-
urteilung wegen Bestechlichkeit wieder als unabhängiger Kandidat
gewählt war, mit den Bürgerlichen gegen die Regierung stimmte.
Infolge dieser sinnlosen Zerstörerarbeit des LiuksmNtMSmus
Wird Ne Stimmung in den breiten WMersch-ichten für die Sache
der Arbeiterschaft immer ungünstiger. Die Kommunisten arbeiten
mit allen Mitteln daran, den Arbeitern Ne Demokratie zu bei ekeln
und sie in eine Stimmung hinsiuzutreiben, Ne sie zum Supjekt
oder Objekt von Gewalttätigkeiten werden Läßt.
Der „Vorwärts" schließt:
„Es ist notwendig, daß man diese Gefahr rechtzeitig und klar
erkennt. Es ist ferner notwendig, daß man ihr rechtzeitig begegnet
Gerade die sozialdemokratischen Arbeiter, die schon zu einer Zeit
im Kampfe für politische Rechte standen, als die Mehrzahl der
Kommunisten sich noch im Lager der Gelben auWelte«, müssen sich
entschließen, den kommunistischen und ihren mmbhrinMen Nach-
läufern mit aller Entschlossenheit gegenüber zu treten. Es geht
nicht nur um eine gelegentliche Demonstration, nicht nur um das
Gelingen oder Mißlingen eines Proteststreiks. Es geht letztet»
Endes um die Errungenschaften der Revolution, um die Gleich-
berechtigung der Arbeiterklasse in der demokratischen Republik.
Läßt inan auf bald verstandener Solidarität den verantwortungs-
 
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