Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

DOI Kapitel:
Nr. 141 - Nr. 150 (21. Juni - 1. Juli)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0237
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbsch, Mosbach, Buchen,

Adelsheim, Boxberg, Tauberbischofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 26.— Mk-, Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 3.— Mk., Reklame-Anzeigen
(W mm breit) 8.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimnttttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Deschkiftsstunden: 8—'/-6 Uhr. Sprechstunden der Redaktion: 11—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22 577. Tsl.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Mittwoch, 21. Juni 1922
Nr. 141 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
Dr. E. Kraus; Kommunales, soziale Rundschau «.Lokales: I. B.: Dr.
E. Kraus; für die Anzeigen: A. Friedmann, sämtl. in Heidelberg.
Druck u. Verlag derNnterbadischen Berlagsanstalt G. m. b. H.» Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2643.
..,, —M

Das Ergebnis von London.
Keine positiven Beschlüsse. — Weitere Konferenzen.

Paris, 20. Juni. Die persönliche Aussprache zwischen P o -
lncarö und Lloyd George hat, wie vorauszusehen und wie
in der französischen Presse mit Recht prophezeit war, in keinem
Punkte irgend ein positives Resultat gezeitigt. Der Unterredung,
die über zwei Stunden dauerte, wohnten engltschersetls vet Lord
Balsour und Str Robert Horne. Das einzige Ergebnis ist
die Aussicht auf eine Konferenz des englischen und des französischen
Premierministers, die wahrscheinlich Inder zweiten Hälft«
des Monats Juli stattsinden wird, nachdem sich die fran-
zösische Kammer Mitte Juli für die Sommerserien vertagt haben
wird und nachdem besonders auch der Präsident der Reparations-
kommission, Dubois, in der Reparationsfrage über die Ergeb-
nisse der augenblicklich eingeleiteten Finanzkontrolle in Deutsch-
land Bericht erstattet haben wird. Nach dem „Echo" de Paris"
wird die zukünftige Konferenz unter Teilnahme des belgischen und
des italienischen Ministerpräsidenten abgehalten werden. Sie soll
aber nach Ansicht Lloyd Georges nicht den Charakter eines Ober-
sten Rates tragen, sondern der» einer einfachen Aussprache, die
ohne jede äusserliche Aufmachung erfolgen soll. Das oppositionelle
„Oeuvre" zieht nicht mit Unrecht aus der gestrigen Unterredung
die folgende Bilanz:
1. Die Haager Konferenz: Nichts.
2. Die Frage von Tanger: Man wird eine Konferenz ein-
berufen.
3. Die Orientfrage: Man wird nach Ansicht Lloyd Ge-
orges eine, nach der Poincares zwei Konferenzen ein-
berufen.
4. Reparationen: Man überläßt sie der Reparations-
kommission. Wenn möglich, wird man ebenfalls eine Kon-
ferenz veranstalten.
5. Interalliierte Schulden: Nichts.
6. Französisch-englischer Garantievertrag:
Nichts.
Hinzuzusügen wäre zum ersten Punkt, daß Poincare dem eng-
lischen Premier die angenehme Mitteilung machte von dem Ent-
schluß Frankreich, an den Haager Verhandlungen mit den Russen,
die am 26. Juni stattsinden sollen, sich vertreten zu lassen unter
den bekannten Vorbehalten. Der französisch-englische Garantiever-
trag, dem bekanntlich nach dem letzten englischen Memorandum die
Regelung der Orientsrage und der Frage von Tanger vorans-
üehen mußte, konnte schon deshalb nicht besprochen werden, weil
dieser ganze Fragenkomplex noch der Lösung harrt. Die Tanger-
frage, in der trotz des englisch-französischen Notenwechsels von«
26. bis 30. Mai noch keine Entscheidung erzielt werden konnte.
Wurde der Behandlung durch eine Sonderkommission über-
lassen, an der Spanien sowie auch der Sultan von Ma-
rokko teilnehmen werden. In der griechisch-türkischen Frage ist
dem „Echo de Paris" zufolge der eine dunkle Punkt ausgeschieden,
nämlich die von den Türken vorgeschlagene und von Frankreich
unterstützte Jsmid-Konferenz, zu der die Türken ohne vorherige
ausdrückliche Anerkennung der Abmachungen vom letzten Mürz
sich einfiuden wollen. Damit kommt wenigstens ein Punkt, der
zu großen Meinungsverschiedenheiten Anlaß gegeben hat, in Weg-
fall. Es sollen zweiUn ter such ungskom Missionen (die
don England vorgeschlagene Kommission zur Untersuchung der
türkischen Greueltaten und die von Frankreich in Vorschlag ge-
brachte Kommission über die von den Griechen verübten Greuel)
sosort, und zwar gleichzeitig, nicht, wie dies von englischer Seite
gewünscht wurde, nacheinander, ihre Arbeiten beginnen. Die
beiden Kommissionen werden lediglich gegen Ende ihrer Arbeiten
einige gemeinsame Sitzungen abhalten, um das beiderseitige Urteil
etwa in Einklang zu bringen. Eine Einigung zwischen der fran-
zösischen und der englischen These sei aber in dieser Frage wenig
wahrscheinlich. Die englische Regierung hoffe durch die Ergebnisse
der Utttersuchungskommissionen die unter türkischer Herrschaft zu
verbleibenden christlichen Minoritäten einschrttnken zu können, wo-
gegen Frankreich das im März vorgeschlagene Uebereinkommen in
einem für die Türken günstigen Sinne zu ändern hoffe. Das „Echo
de Paris" hält es für wahrscheinlich, daß in einigen Wochen die
englisch-französisch ilaltenische Orientkonferrnz, die im letzten März
den Entwurf zur Lösung dieses Problems ausgestellt hat, wieder
zusammeutreten werde.
Paris, 20. Juni. Das „Echo de Pari s" schreibt über
das Ergebnis der gestrigen Konferenz: „Von der Lösung der Pro-
bleme sind wir heute noch ebenso weit entfernt, wie wir gestern
gewesen sind. Aber wird sind über eine zukünftige Konferenz und
die einzuschlagende Methode doch wenigstens einig geworden.
Poincarö und Lloyd George haben die Persönlichen Be-
gehungen, die seit der Konferenz von Genua abgebrochen waren.

neu angeknüpft. Vernünftigerweise konnte man von dieser kurzen
Unterredung nicht mehr erwarten. Allgemein begnügen sich die
Blätter mit derselben Feststellung, daß jedenfalls Poincare und
Lloyd George den persönlichen Kontakt wieder ausgenommen
haben. In diesem Sinne wird auch lobend betont, daß der eng-
lische Premier Poincarö persönlich an die Bahn geleitet habe. Dies
ist allerdings ein Fortschritt in der Herzlichkeit der Beziehungen
zwischen den beiden Ministerpräsidenten, wenn matt bedenkt, daß
z. B. in Boulogne PoincarS es nicht für nötig gesunden hatte,
dem englischen Premierminister entgegenzufahren. Es wird die
Frage ausgeworfen, ob Poincare in seiner Rede vor der Kammer
am 3g. Junt trotz dieser eigentlich resultatlosen Konferenz sein
außenpolitisches Programm entwickeln werde. Man ist darüber
bis jetzt noch sehr geteilter Ansicht.
Die Beratungen mit dem Garantiekomitee. —
Besuch des Komitees.
Berlin» 21. Juni. Die Mitglieder des Garartttekomitees
statteten gestern dem Reichskanzler» dem Reichsminister Dr.
Rathenau und dem Reichssinanzminister Dr. Hermes Höf-
lichkeitsbesuche ab. Dr. Wirth gab seinen lebhaften Befürchtungen
vor einem wetteren Mark stürz Ausdruck. Er betonte, daß
bei einer weiteren Abwärtsbewegung der Mark Abwehrmaßnahmen
notwendig seien, da sonst alle finanziellen Pläne der Regierung
umgeworfen würden. Die Beratungen mit dem Komitee werden
heute im Rcichsfinanzministerium mit Dr. Hermes unter Hinzu-
ziehung der anderen beteiligten Ressorts geführt werden.

Deutscher Reichstag.
Das Getrrideumlagrgesetz an den Ausschuß verwiesen.
Berlin, 20. Juni. In der heutig» Sitzung wunde nach
mngerer Debatte, in welcher die verschiedenstem Gesichtspunkt: für
und gegen di: Getreweumlage geltend gemacht wurden, die Vor-
lage an den volkswirtschaftlich en Muss chu ß überwiesen.
Jit der Mittwochsttzung steht das Bemntelmannabkominen und das
Abkommen von Wiesbaden auf der Tagesordnung, was. voraus-
sichtlich zu einer ausführlichen Debatte über dir Reparations-
politik der Regierung führen w ird.
Berlin» 2V. Junt. („Berliner Tageblatt".: Heute nachmi.-
tag kurz nach 1 Uhr begann im Reichstage eine Besprechung des
Rcichsernährungsministers mit den Vertretern der Koalitions-
parteien, sowie der bayerischen Bolkspartet über die Frage der
Gctreideumlage. Von de« Dmokraten nahm Abg. K o ch, von» Zen-
trum der Abgeordnete Marx, von den Sozialdemokraten die Abg.
Müller-Franken und Kraetzig, von der bayerischen
Volkspartei der Abg. Boiahn teil. In parlamentarischen Krei-
sen ist man der Auffassung, daß sich eine Mehrheit im
Reichstage für die Getreideumlase finden wird.
Das Arveitsprogramm des Reichstags.
Berlin, 21. Juni. Der Aeltestenrat des Reichstags trat
gestern abend während der Plenarsitzung nochmals in Anwesenheit
des Reichskanzlers zu einer Sitzung zusammen, um die Tages-
ordnung für heute zu vereinbaren. Es wurde beschlossen, heute
gemeinsam mit dem Wiesbadener Abkommen usw. die ftt ns In-
terpellationen auf die Tagesordnung zu setzen, die sich auf
die Verhandlungen mit der Reparationskommissiun und auf die
besetzten Gebiete beziehen und ferner über die verschiedenen
dem Reichstag zugegangenen Denkschriften Uber diese Fragen
mitzuverhandeln. Des weiteren ist die Disposition für den Beginn
der großen Sommerpause dahin geändert worden, daß der Reichs-
tag nicht am 28. Junt seine letzte Sitzung halten wird, sondern
nach kurzer Pause, während der er nach München und Oberammer-
gau fahren wird, am 2. Iult nochmals zusa m m entrit 1.
Dies ist notwendig geworden, weil die Verhandlungen über die
Zwangsanleihe und die Aenderung der Steuergesetze längere Zeit
in Anspruch nehmen.
Rösicke und der Brotpreis.
Aus Berlin wird uns geschrieben:
Für die Politik der D eutschnationalen Partei
zn der Frage der deutschen Volksernährung ist weniger das, was
von ihrer Seite am Montag im Reichstag über die Getreideumlage
gesagt wurde, kennzeichnend, als die Person des Redners
selbst. Die Deutschnationale Partei hatte, nämlich keinen anderen
als den langjährigen Vorsitzenden des Bundes der Landwirte, des
jetzigen Reichslandbundes, den Abgeordneten Dr. Rösicke,
vorgeschickt.
Herr Rösicke hat sein ganzes Leben lang nie etwas anderes
getan, als die Interessen der Agrarier vertreten, und
kein Mensch kann es ihm persönlich übel nehmen, daß er auch in
der Reichstagsdevatte am Montag nicht aus seiner Haut
konnte, sondern, wenn auch in etwas milderen Tönen, genau
s o sprach, wie in seinen berühmten Reden im Zirkus Bus ch.
Hauptsache ist und vleivt für ihn, daß die Landwirte für ihre Pro-
dukte so viel Geld wie möglich bekommen. Geschieht dies, dann
blüht alles aus und Wird die ganze Welt ein Paradies. Machen
aber die Landwirte etwas schlechtere Geschäfte, als sie sie unter
anderen Umstünden machen könnten, und ist die Regierung, ist der
Reichstag daran schuld, daß ihnen ein paar Pfennige ihres Profits

entgehen, dann ballen sich an denk agrarischen Himmel die Wol -
ken zusammen» zucken die Blitze, und eine olympische
Stimme spricht, wie einst, so auch jetzt: „Die Minister kön-
nen uns — sonst was!"
Das alles ist, wie gesagt, vet Herrn Rösicke ganz selbst-
verständlich. Es fällt uns gar nicht ein, ihm daraus einen
Vorwurf zu machen. Wir erkennen sogar im Gegenteil an, daß
er am Montag für seine Verhältnisse noch recht gemäßigt ge-
redet hat. Tatsache aber bleibt, daß die Deutschnationale Partei
im Kampf um die Getreideumlage keinen anderen als ihren
Vorkämpfer herauszuschicken wußte, als einen Mann, von dem
alle Welt weiß, daß er nie in feinem Leben etwas anderes getan
hat, als die Interessen des landwirtschaftlichen Grundbesitzes zu
vertreten, daß er an allen anderen Volkstnteressen sein
ganzes Leben lang immer mit Scheuklappen vorbeigegau-
gen ist.
Die Deutschnationale Partei hat sich durch die Wahl dieses
Redners mit dem Bund der Landwirte, dem jetzigen Rcichsland-
vund, identifiziert. Die Wirkung dieser Tatsache auf die
städtischen Anhänger dieser Partei bleibt abzuwarten. Mög-
lich, daß sie sehr bald zu erkennen sein wird, nämlich, wenn tat-
sächlich die Getreideumlage abgelehnt und der Reichstag aufgelöst
werden sollte. Dann müßte es sich schon in der allernächsten Woche
zeigen, ob die vielen Angestellten, Beamten, Mittel-
ständler usw., auch jetzt noch für eine Partei zu stimmen bereit
sind, die zwar zu demagogischen Zwecken über die hohen Le-
bensmittelpreise schimpft, jede Gelegenheit aber, diese
Preise weiter ins Wahnsinnige zu steigern, wahruimmt, weil
die sie beherrschende Interessenvertretung des Großagrariertums
es so befiehlt.
Wir können uns nichts anderes wünschen, als dies, daß die
Deutschnationale Partei, wenn es zu Wahlen kommt, nebst Herrn
Rösicke sämtliche anderen Wanderredner des Bundes
der Landwirte auf die städtische Wählerschaft losließe. Während
Herr Rösicke sprach, stand seine Fraktionskollegin, Frau Behm,
vorne an der Brüstung und hörte aufmerksam zu. Frau Behm
hat kürzlich bei ariderer Gelegenheit eine Rede zugunsten der h un-
gern den Hausarveiterinnen gehalten, die von Herzen
kam und zu Herzen ging. Jetzt, wo es um Getreideumlage oder
Verdreifachung des Brotpreises geht, muß Frau
Behm hören und schweigen. Das Wort hat der Vorsitzende
des Reichslandbundes, Herr Dr. Rösicke.

Hansabund und Zwangsanleihe.
„Eine Kateridee des Finanzministeriums."
L T. Berlin, -en 19. Juni.
Der Hansabund veranlaßte gestern im Künstlerhaus eine mehr-
stündige Erörterung über den Gesetzentwurf für eine Zwangsan-
leihe. Erschienen waren zahlreiche Vertreter der Großindustrie
und der Banken und eine Anzahl bekannter Reichstagsabgeord-
neier, wie Dr. Dernburg, Dr. Rieß er, Dr. Curtius, Dr.
Gothei n, Herold und andere. Den Vorsitz führte Neichs-
tagsabgeordneter Dr. Fischer (Dem.), der erklärte, die Zwangs-
anleihe sei nur ein Teil des mit der Regierung abgeschlossenen
Steuerkompromisses. Auch die Zugeständnisse der Negierung seien
ein Teil des Kompromisses und müssen jetzt mit erfüllt werde».
Der Geschäftsführer Sintesis von der Berliner Handels-
gesellschaft hielt einen sehr gründlichen, sachlich scharf kriti-
schen Vortrag über den Regierungsentwurs für die Zwangs-
anleihe. Im besonderen rügte er, daß die Zwangsanleihe wegen
des sicherlich geringen Börsenkurses mit einem 60 oder gar 70
Prozent überschreitenden Vermögensverlust für die Zeich-
ner verbunden sein würde, der niemand -- auch dem Reich nicht —
einen Vorteil bringe. Wenn die Regierung mit einem anleihe-
pflichtigen Vermögen von 1200 Milliarden Mark rechne, so sei das
eine verhängnisvolle Milchmädchenrechnung. Der im Entwurf ent-
haltene Tarif belaste die kleinen und mittleren Vermögen ganz un-
verhältnismäßig hart, auch die Freigrenze sei zu niedrig
Unerträglich sei der Gedanke, daß die Zwangsanleihe in volle»
Höhe an einem einzigen Tage z» zahlen sei.
An das mit großem Beifall ausgenommene Referat knüpfte sich
eine sehr lebhafte Aussprache, in deren Verlaus Ministerialrat
Zarden vom Retchsstnanzministerium zugab, daß die Zwangs-
anleihe in der Tat mehr Steuer als Anleihe sei, und der Reichstag
ja darüber entscheiden könne, ob er ihr einen mehr anleiheähnlichen
Charakter geben wolle.
Der demokratische Reichstagsabgeordnete Dr. Dernburg er-
klärte demgegenüber, daß ein Ab rück en vom Steuer kom-
promitz „eine schwere Erschütterung einer an sich nicht leichten
Kombination" bedeuten würde. Dem Regierungsentwurf stehe
auch er mit äußerst schwerem Bedenken gegenübsr. Diese Form
der Anleihe sei nicht einmal günstig vom Standpunkte des Reiches.
Der Kursverlust müsse nach den gesetzlichen Vorschriften von den
durch ihn betroffenen Gesellschaften bei der Bilsuzausstellung ab-
geschrieben Werden. Infolge des sich daraus ergebenden Steuer-
auösalls und Vermögensrückganges sei das Reich an dem Kurs-
verlust unmittelbar beteiligt. Auch vom Standpunkte des Ar-
beitnehmers sei dieses „Opfer des Besitzes" denkbar ungün-
stig, weil die scharfe Einschränkung der Betriebsmittel die Bcschäf-
ttgungsmöglichkeiten verringere. Der Mangel der Lombardierungs-
möglichkeit sei eine Ungeheuerlichkeit. Denn das Reich erkläre
damit: Für die von mir ausgegebeneu Wechsel gebe ich kein Lom-
bard. Die Forderung der Zahlung der 60 Milliarden zu einem
einzigen Termin sei völlig „eine Kateridee des Reichsfinauzmini-
steriums". Jedenfalls müßten bei ihrer Durchführung die Banken
ab 25. Oktober etwa Möbelwagen bereit halten, um die 60 Milliar-
den Papiergeld nach der Reichsbank zu fahre».
Am Schluß der Veranstaltung proklamierte Dr. Fischer als
Ergebnis der Beratungen und als Programm des Hansabundes
in der Frage der Belastung des Besitzes: Die Zwangsanleihe soll
nicht über 60 Milliarden hinausgehen, ihre volle Em--
 
Annotationen