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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 131 - Nr. 140 (8. Juni - 20. Juni)
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,

Adelsheim, Boreberg, Tauberbischofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 26.— Mk., Anzeigenpreise:
^ie einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 3.— Mk., Reklame-Anzeigen
W mm breit) 8.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlatz nach Tarif.
Geheimnnttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Aefchästsstunden: 8—'/-6 Uhr. Sprechstunden derRsdaktion: 1t—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Samstag, 10. Juni 1922
Nr. 183 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
J.V.: O Geibel; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Gerbe l; für die Anzeigen A. Friedmann, sämtl. in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischsn Berlagsanftalt T. m. b. H-, Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstratze 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2813.

Zur Lage.
Q. Heidelberg, den 10. Juni.
Das liebliche Pfingstfest, das Fest der Freude, hat durch das
Attentat aus WilüelmShölie keine angenehme Erinnerung hinter-
lassen. Diese bübische Tat verriet nichts vom Geist des Pfingst-
festes, dem Geist der Menschenliebe und Versöhnung. Das Ver-
brechen entsprang einem grenzenlosen Hatz gegen einen Mann, der
fein ganzes Leben siir die Befreiung des arbeitenden Voltes un-
ermüdlich tätig war: gegen einen Mann, der während des Krieges
schon den Mut sand, als noch der größte Teil des deutschen Volkes
im Siegestaumel schwelgte, für einen Frieden ohne Annexionen
ein;utreten, um damit das deutsche Vaterland vor dem Ruin zu
retten. Gegen einen Mann, der, als der Zusammenbruch kam, sich
mit an die Spitze stellte und dadurch den vollständigen Chaos und
die Auslösung verhinderte. Wie gesagt, gegen einen Mann, der
dem deutschen Volke und dem deutschen Vaterland schon größere
Dienste leistete als diejenigen, die glauben, den Patriotismus in
Erbpacht zu haben und das sind bekanntlich bei uns in erster Linie
die Deutschnationalen, diejenigen Herrschaften, die sehr wenig von
Geist verspüren, sich aber desto stärker auf das Säüelrasseln ver-
legen.
Der Presse dieser Kreise liegt es ob, gegen solche Männer wie
Gen. Scheidemann in der gemeinsten Weise zu Hetze». Nicht
sachlich wird der Kampf von dieser Seite gegen den politischen
Gegner geführt, sondern alles, was „rot" ist, ist bei ihnen einfach
ein Mensch zweiter Güte, den man gemein behandeln darf. Die
durch diesen „geistigen Kamps" geschaffene Atmosphäre verursacht
solch verwerfliche Taten, wie das Attentat auf Scheidemann, das
sich durch das angewandte Mittel auf der niedersten Stufe der
Verbrechen bewegt. Als Beweis, was gerade diese Kreise von
dem arbeitenden Volte denken, wollen wir ein Beispiel folgen
lassen. Am Pfingstmontag sand auf der Ravensburg bei Sulzfeld
ein deutschnationales Volksfest statt, das durch die Tatsache nicht
Zn Ende geführt werden konnte, das; die Veranstalter einen Ver-
treter der Linksparteien nicht zu Worte kommen lassen wollten. In
der „Eppinger Zeitung" ist in dem Bericht u. a. zu lesen:
„Schreiber des Artikels kennt Sulzfeld seit bald 40 Jähret?,
er weiß aber auch, daß schon damals eine Schicht von Leuten
vorhanden war, deren rauhe Arbeit auf ihre Umgangssormen
nbsürbte.
Aber jene Leute, das waren die reinsten Anstandslehrer
gegenüber der rohen, tobsüchtigen Rotte, die auf Befehl ihrer
Drahtzieher da oben ihre Vorstellung gab."
Das hier Angeführte ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem
famosen Bericht. In gleich abscheulicher Weise gegen die Arbeiter
ist der ganze Bericht gebalten. Einen besseren Beweis unserer
oben angeführten Behauptung können wir Wohl nicht erbringen.
Daß H«r Oberkirchenrat D. Mayer die Festrede vielt und der
Verfasser dieses „famosen" Berichts ein badischer Staatsbeamter
sein soll, macht die ganze Sache nicht schmackhafter.
Allen denen, welchen es ernst mit der Erhaltung der Republik
ist. mutz das ganze Verhalten dieser „Nurpatrioten" ein Ansporn
sein, für die Republik einzustehen und bei jeder passenden Gelegen-
heit diesen Herrschaften sagen, das; es für immer aus ist mit der
.alten Herrlichkeit", wo es Knechte und Herren gab. In der Re-
publik wollen wir alle Menschen sein.
Wenn wir das Hin und Her zwischen Neparationskommission
und Anleiheausschutz in der letzten Woche verfolgen, so müssen wir
offen gestehen, daß durch die Niederstimmung Frankreichs in der
Reparationskommission, dem Anleiheausschutz die Erwägung einer
Herabsetzung der deutschen Schuld zu gestatten, Frankreich etwas
in eine Sackgasse geraten ist. Die Ursache in dem Verhaften der
Neparationskommission ist Wohl als ein Erfolg der deutschen Di-
plomaten in Genua zu buchen. Poincarö sucht sich aus der
Sackgasse herauszulavieren, ob mit Erfolg, werden die nächsten
Tage entscheiden. Auf alle Fälle mutz die eine Tatsache festgestellt
werden, das; die bisherige Verständigungspolitik der deutschen Ste-
Siernng der einzig richtige Weg war, der auch schließlich zum
Ziel führt.
Es dämmert auch endlich bei den uns bisher immer noch feind-
lub gesinnten Ländern. Den besten Beweis hierfür hat Belgien
gegeben. Heute sind wir wenigstens so weit, datz es um Vernunft,
Frieden und Ausbau geht. Diese drei Bedingungen sind erforder-
lich, um das am Boden liegende Europa wieder aufzurichtcn. Auch
h>e Kammerdcbatte in Italien hat uns einen Lichtblick in die euro-
päische Finsternis gewährt. Das Vertrauensvotum für die Regie-
cung über die in Genua eingeschlagene Politik ist ein Beweis
dafür. Was aber für uns noch bedeutend wichtiger erscheint, ist
, die Tatsache, datz die republikanisch-sozialistische Opposition gegen
das Vertrauensvotum stimmte. Die Redner dieser Gruppe übten
keine Kritik an der Richtung der offiziellen Politik, sondern sie ver-
urteilten nur die Kompromitzarbeit, sie wollen das Grundübel
^satzt haben, sie wollen, um es klar zu sagen, die Revision des
Versailler Vertrags. Minister Schanzer sprach in seiner Kam-
werrede ja selbst anH. datz Europa heute noch ein „friedloses Eu-
ropa" sei und die erste Vorbedingung für seine Gesundung sei ein
innerer Friede und diesen haben die Friedensverträge nicht
gebracht.
Der unentwegte Poincarö hält natürlich immer noch an
»en Sanktionen fest. Im Staatsausschutz führte er darüber aus:
„Er spreche die Hoffnung aus, datz die Verhandlungen betr.
die internationale Anleihe fortgesetzt würden, wenn auch die Er-
gebnisse noch nicht in der nächsten Zeit erwartet werden könnten.
Bis zu der Möglichkeit der Zahlungen in Gold, die nur die An-
leihe reichlich genug gestalten könne, müsse die französische In-
dusirie sich an die Sachlieferungen gewöhnen. Der Minister-
präsident bestätigte und erläuterte, was er von der Kammer-

tribüne aus über die „Sanktionen" gesagt habe. In welcher
Art man auch „Sanktionen" in Anwendung bringen wolle oder
nicht anwenden wolle, alle Maßnahmen feien getroffen worden,
um „Sanktionen" verschiedener Art an dem Tage ergreifen zu
können, an welchem die Reparationskommission eine Verfehlung
Deutschlands feststelle."
Einen entschiedenen Einflutz auf die europäische Politik könnte
Amerika auSüben. Die Politik der Union hat die Geschicke Euro-
pas iu der Hand. Die wankelmütige Politik der Union erschwert
die Gesamtlage Europas. Was sie zu dieser Politik verleitet, liegt
vielleicht in ihrer gesamten Wettpolitik begründet.
So tobt der Kamps um die Anleihe in den letzten Stunden
ganz gewaltig und in diesen Stunden hochpolitischer Spannung ist
es unsere Pflicht, uns grötzte Zurückhaltung aufzuerlegen. Dies
begreifen offenbar aber unsere Schwerindustriellen nicht, denn sie
brachten es bei Tagungen in Essen und Elberfeld fertig, das ganze
Problem des Wiederaufbaus und der Anleihe in einer Art und
Weise zu behandeln, die uns sicherlich nach autzen hin mehr schadet
wie nützt. Die Herren Stinnes und Dr. Bühler hielten
Vorträge, die selbstverständlich nur auf die Interessen des Geld-
sacks eingestellt waren, aber keinen Ton von dem enthielten, wie
man unseren; geguälten Vaterland seine Lage erleichtern kann.
Diese Tagungen gaben erneut den Beweis, datz unsere Großindu-
striellen nur ihr Interesse kennen und sie gar nicht in der Lage sind,
die Probleme, die uns heute beschäftigen, zu lösen.
Da gerade diese Kreise der Liberalen Volkspartei angehören,
also dieser Partei, die zu gern den Gedanken der Fachnnnister pro-
pagiert, so kann man wieder ans den gehaltenen Reden ersehen,
was man von den sogenannten Fachministern zu halten hat. Es
gehört ebey doch auch zur Ausfüllung eines solchen Postens diplo-
matisches Geschick.
Der Reichskanzler Dr. W i r th und Außenminister Rathe-
nau berührten gestern in Stuttgart bei einer Pressekonferenz die

verschiedensten Fragen auf dem politischen Gebiet. Besonders
wohltuend war es zu hören, datz die Regierung bereit ist, die
Presse in ihrer heutigen Not nach Möglichkeit zu unterstützen. Auch
dis Präsidentenwahl wurde gestreift und ganz besonders erfreuten
uns die Ausführungen RathenauS über die bevorstehend«
Haager Konferenz und über Rußland. Aufdrängen wollen wir
uns nicht, so sagte Rathenau, legen die an der Konferenz beteiligten
Mächte Wert darauf, uns zu hören, so mögen sie uns rufen. Wir
werden dann kommen. Der Minister würde es begrüßen, wenn
auf der Haager Konferenz eine Annäherung der westeuropäischen
Länder mit Rußland zustande käme. Das ist ein Fingerzeig, de,
Wohl die weiteste Beachtung verdient.
Auch dir letzten Nachrichten lassen noch keine bestimmte Schlüsse
über dis Zukunft der geplanten Anleihe zu. Die letzte Sitzung des
Ausschusses ist etwas stürmisch verlausen, die Geister sind aufeiu
ander geplatzt.
In Mainz tagten dieser Tage die entschiedenen Schulreformer.
Die Tagung Mr von einem hohen Geist getragen. Klar und deut-
lich sprach man sich darüber aus, wie mau sich die Erziehung un-
serer Jugend denkt. Ein besonderes Gepräge bekam die Tagung
noch durch die Anwesenheit des Pros. Dr. W. Förster, des bekann-
ten Pazifisten. Nicht so einheitlich und geschlossen verlief di«
Tagung des Deutschen Lehrervereins in Hannover. Man neigt»
in der Frage der Stellung zur Schule, ob weltliche, Simultan-
oder Bekenntnisschule, zu einem Kompromiß, das zwar die grund-
sätzliche Stellung — die weltliche Schule — als Ziel im Auge
behielt, aber immerhin wurden nach den verschiedensten Seiten
Zugeständnisse gemacht, die das reine Bekenntnis zur weltlichen
Schule merklich abschwächen. (Was bei uns in Baden die katholische
Kirche und mit ihr das Zentrum in der Schulfrage Vorhaben, ist
ja eingehend behandelt worden und in der heutigen Nummer finden
unsere Leser eine Antwort an den „Bad. Beobachter", worin das
Nötige gesagt wird.)

M Mk «k Ski NWüilM w SIMM

Stuttgart, 10. Juni. Die anläßlich des Besuches des
Reichskanzlers Dr. Wirth und deS Reichsautzenministers Dr.
Rat h enau bei der württembergtschen Regierung angesagte po-
litische Rede des Reichskanzlers fand gestern abend im Konzertsaal
der Liederhalle vor etwa 800 geladenen Gästen statt, der neben Mit-
gliedern der jetzigen und früheren württembergtschen Regierung
eine grosse Anzahl Parlamentarier, Vertreter der Militär-, Staats-
und Kommunalbehörden, der Politischen Vereinigungen usw. an-
wohnten.
Der Rede des Reichskanzlers ging eine kurze Ansprache des
Staatspräsidenten Hieb er voraus, in der er der Treue und An-
hänglichkeit-der Schwaben zum Reiche in beredten Worten Aus-
druck gab. Insbesondere bob er die Tatsache hervor, datz zum
ersten Male seit langer Zeit deutsche selbständige Politik getrieben
Worden sei.
Dann ergriff, mit starkem Beifall begrüßt, Reichskanzler Dr.
Wirth das Wort. Er wies zunächst die Behauptung, datz die
süddeutschen Politiker, die in Berlin an bernfenen Stellen stehen,
nach kurzer Zeit ihre Zugehörigkeit zu Süddeutschland vergessen
Hütten,
als unnützes Gerede zurück
und dankte für die durch den Staatspräsidenten zum Ausdruck
gebrachte Reichstreue der Schwaben. — Das Ziel unserer Politik,
so führte er weiter aus, ist das Wohl des deutschen Volkes und
die Erhaltung seiner politischen und wirtschaftlichen Einheit. Die
letzten Gefahren für diese Einheit seien noch nicht verschwunden.
Die große Ausgabe der Erhaltung des Reiches
kann nur gelöst werden unter der Mitarbeit der deutschen Beamten-
schaft aller Richtungen, die gewerkschaftlich denken und gewerk-
schaftlich organisiert find. Auch alle Beamtenverbände müssen
diesem Gedanken mit ganzem Eifer dienen. Der Redner ging dann
zur Besprechung der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen
Lage Wer und erklärte, datz das Teuerungsproblem nicht mit der
Notenpresse gelöst werden könnte, sondern als große außenpolitische
Aufgabe des deutschen Volkes betrachtet werden müßte. Den Fort-
schritt in den politischen Beziehungen des deutschen Reiches zu den
früheren feindlichen Staaten erkenne man am besten an der Sprache,
die diese führen. Vor einem Jahre wurde noch im
Tone des Ultimatums und der Diktatur mit Deutschland
gesprochen. Ganz anders war es aus der Konferenz von Genua.
Man hat sich hier 316 Jahre nach Schluß des Weltkrieges an einen
Verhandlungstisch gesetzt und begonnen, in ruhiger und nüchterner
Form miteinander zu sprechen. Das ist ein großer Fortschritt in
der Geschichte Europas, der nicht erzielt worden wäre mit der
sogenannten Politik der Ablehnung und passiven Resistenz. Die
Genueser Konsereuz hat Wetter gezeigt, daß die Vertreter des
Reiches politisch wieder Boden unter den Mtzen gehabt haben.
Zur Besprechung des Vertrages von Rapallo übergehend gab
der Redner der Ueberzengung Ausdruck, daß durch diese wfttschaft-
liche Zusammenarbeit mit Rußland nicht nur uns, sondern dein

ganzen dahinstechendrn Europa geholfen werde.
Der Vertrag von Rapallo wird nicht der «letzte der ekftopäischc'j
Völker mit der Ostwett sein, sondern der erste, dem bald weiten
nachfolgen werden. Twer auch damit ist die Bedeutung der Genna-
konferenz nicht erschöpft. Es gab dort sehr wichtige Fragen, We,
die nicht offiziell gesprochen wurde; die wichtigste Frage der Deut-
schen kam nicht offiziell zur Sprache, aber wo sich zwei vernünftig,
Menschen in Genua trafen, ist Wer das Reparationsproblem,
das zum Wettproblem geworden ist.
gesprochen worden. Die große Aufgabe der deutschen Politik l.j
es, die Frage der deutschen Reparationen, in Wirklichkeit sind ef
Kontributionen, allmählieb aus dem politische!; Hexenkessel in das
Reich wirtschaftlicher Erwägungen überzuführeu. Der Reichskan;.
ler streifte dann auch kurz die Anleihefrage und warf die Frage auf
ob die Anleihe etwa mir zur Rettung Deutschlands diene und ob
Deutschland in dieser Frage das ausschlaggebende Wort habe. Der'
Gedanke der Anleihe ist vielmehr ein großer Gedanke zum Wieder!
aufbau der ganzen Weltwirtschaft und das ausschlaggebende Wort
haben! nicht die, die um Geld nachsuchen, sondern die, welche das
Geld geben. Mit Befriedigung stellt der Reichskanzler fest, daß ist
dem Cremium Männer der englischen' und .ameckkanischsu Hochfi.
nanz sitzen, die schon im letzten Jahre das Anleihe-Problem im Zu-
sammenhang mit dem Reparationsproblem Ms lösbar ansagen.
Mit einem Appell zur Mitarbeit an der hohen Aufgabe der Er-
haltung eines einzigen, unabhängigen deutschen Volkes beendet»
der Reichskanzler seine mit großem Beifall ansgenommene Rede.
Dann sprach noch Außenminister Dr. Rathenau. Er behan-
delte Vox allem das Reparativnsproblem. Wenn dasselbe auf de,
Konferenz in Genna offiziell nicht berührt werden durste, so trat
doch bei Men Besprechungen die Ueberzengung von der Win»chast-
richen Verflochtenheit der Interessen aller europäischen Staaten
und von der Undurchftihrbarkett der Bestimmungen des Londoner
Ultimatums zu Tage. Als einen wichtigen Schritt auf dein Wege
zur Loslösung von dem Geiste des Londoner Ultimatums bezeich-
nete Dr. Rathenau die Beratungen des BaMeckonsortinurs von
Packs. Es sei dies der bedeutendste und wichtigste Schritt, der
seit dem Ultimatum von London gemacht worden sei und durch
nichts wieder rückgängig gemacht werden könne; denn die Antwort
des Konsortiums auf die Frage, ob Deutschland die 132 Goldmil-
liarden zahlen könne, sei ein glattes „Nein". Zum Schlüsse be-
zeichnete Dr. Rathenau die PoRtik der Versöhnung, die die deut-
sche Regierung eingeschlagen hat als die einzig mögliche und rich-
tige. — Wenn in späteren Jahren die Geschichte der jetzigen Epoche
geschriebsn werde, so werde -auch anerkannt werden, daß nur Ge-
duld, Tatkraft, Opferstnu und Idealismus das deutsche Volk aus
seiner tiefen Erniedrigung emporfü-hren konnten.
Staatspräsident Htebrr schloß hierauf dit Worten des DaukeS
an die beiden Redner die Versammlung. -
 
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