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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 141 - Nr. 150 (21. Juni - 1. Juli)
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,


Adelsheisn- Boseberg, Tauberbifchofsheiw und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägeviohn 26.— Mk., Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 3.— Mk., Reklame-Anzeigen
(88 mm breit) 8.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimnnttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschästsstunden: 8—'/z6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22 577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Freitag, 30. Juni 1922
Nr. 149 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft n. Feuilleton:
Dr. E. Kraus; Kommunales, soziale Rundschau u. Lokales: J.V.: Dr.
E. Kraus; für die Anzeigen: A. Friedmann, sämtl. in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G- m. b. H-, Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2373, Redaktion Z613.

Mordorganisationen und Mörder.
Der Chauffeur des Mordautos verhaftet und geständig. — Weitere Verhaftungen uno
Enthüllungen über die Organisation „C". — Die deutschnationale Volkspartei am Pranger.

Die Verhaftung von Mörder und Helfershelfer
Berlin, 29. Juni. (T.-U.) Wie wir soeben 11,45 Uhr vormit-
tags von amtlicher Seite erfahren, ist der 21jährige Student Ernst
Werner Techow, der eine der drei Mörder Rathenaus, heute vor-
mittag in der Nähe von Frankfurt a. O. verhaftet worden.
Tcchow hat das Auto, von dem aus Has Attentat verübt wurde,
gesteuert. Die Gerüchte, daß auch die andern beiden Mörder ver-
haftet worden sind, bestätigen sich »richt.
Berlin, 29. Juni. Von amtlicher Seite wird mitgcteilt:
WegenBeteiligunganderErmordungdesMini-
sters Dr. Rathenau sind folge,»de Personen von der Abteilung
l a des Berliner Polizeipräsidiums scstgenommen worden:
1. Richard Schütz, Berlin,
2. Franz Distel, die Besitzer der Autogarage in denen das
Mordauto untergeblacht war. Ihre Festnahme erfolgte als
Mitwisser »md Begünstiger des Mordes,
3. Gymnasiast Ernst Dechow, der jüngere Vrnder des
einen Mörders,
4. Willy Günther und
5. Heinz St uvenrauch, sämtliche in Berlin, als Mitwis-
ser und Urheber des Mordplanes. Weitere Ver-
haftungen stehen bevor.

Tschom geständig! — Knauer in
" Süddeuifchland?
Berlin, 30. Juni. AmtNch wird mitgetMt: Der als Mittäter
au der Ermordung -es Ministers Rathenm» in Frage kommende
Ernst Werner Techow ist in der AM. la ides Berliner Potizci-
PrWdiums nur Mtttoch und Donnerstag nachmittag eimsm ein-
gehenden Verhör unterzogen worden. Im wesenWichen ist er ge-
st ä n >d i g. Er gibt zu, vor» dein Morde gewußt und bei der Mord-
rat den Kraftwagen gelenkt zu Habern
Leipzig, 30. Juni. Auf Grün- der gestern bekannt gegebenen
Personatbeschreibung der Mörder Rathenaus hat ein Mitglied der
Leipziger Kriminalpolizei folgendes mitgeteilt: Am Sonntag, den
25. Juni sei er früh 7 Uhr vom Anhalter Bahnhof nach Leipzig in
einem EWug 3. Klasse gefahren. In sein AVteK sei ein junger
Mann gestiegen, auf den die Personalbeschreibung des Knauer patzt.
Dieser habe eine schwarze Aktentasche mit 2 Schlössern bet sich ge-
bäht, auf der einen Serie -sei ein großer, roter Tintenfleck gewesen.
In -er Tasche habe sich sehr viel Geld befunden, und zwar' seien
es 2 Pakete Tausondiuarkscheine und ein Paket Hundertmarkscheine
gewesen. Das Gold war offenbar noch ganz non. Nach Witten-
berg habe der Manu eine schwarze Binde auf ein Auge gelegt und
sei dein Zeugen deswegen ausgefallen, weil dieser bisher nicht be-
merkt alte, datz der Mann angewleidend fei. Wohin sich der junge
Mann in Leipzig begab, hat der Zeuge nicht festgestellt. Es ist aber
>ntt der Möglichkeit zu rechnen, datz er im gleichen oder am näch-
sten Tage nach Süddentschland weitergereist ist-
Die Verhaftung des Mitverschwörers Günther
Berlin, 3V. Juni. Der amtliche preußische Pressedienst mel-
det, die Abteilung la des Berliner Polizeipräsidiums hat de,»
Leutnant d. R. und cand. jur. Günther verhaftet, dem
nicht nur die Mitwisserschaft, sondern auch die Beihilfe zum
M ord des Reichsaußenministers bereits nachgewiesen worden ist.
Günther war sowohl bei den Vorbesprechungen, die sich um den
Plan des Mordes drehten, die in einem Berliner Vorort stattfan-
dcn, anwesend, als auch den Tätern in jeder Weise behilflich. Er
Hai für den Mörder Techow die Garage ausfindig gemacht, in der
das von auswärts kommende Automobil, das bet der Mordtat be-
nutzt wurde, untergestellt worden ist. Günther ist der deutfchnatio-
nalen Jugendbewegung im März 1919 bcigetrcten und wurde im
November des gleichen Jahres auch Mitarbeiter der nationalen
Vereinigung, die der Aufklärung des Volkes in nationalem Sinne
dienen will. In seinem Besitze ist eine Reihe von Briefen
gesundem worden, aus denen hervorgeht, daß Günther in Gesell-
schaften und politischen Beziehungen zu hervorragenden Mitglie-
dern der Deutfchnatiormlen Bollspartei gestanden hat. So wurden
Briese von Hclfferich, Ludendorff, Jagow,
Westarp gefunden. Die Verhaftung Günthers ist auf Veranlas-
sung des Staatskommissars für öffentliche Ordnung erfolgt.
Günther hat in der deutschnationalen Jugendbewegung und
ähnlichen Vereinen gearbeitet und mar während des Kapp-Putschcs
bei Oberst Bauer als Ordonnanzoffizier tätig. Aus der deutsch-
natioualen Volkspartei, der er angehörte, ist er zwar vor einiger
Zeit ausgeschlossen worden. Er ist aber nochheuteMitglied
rechtsstehender Organisationen, so des Bundes der
Aufrechten, des Deutsch-Bundes, des deutschen Offiziersbundes
und des deutsch-nationalen Jugend bundes.
Abg. Helfferich hat Berlin verlassen.
Berlin, 30. Juni. Abg. Helfserich hat an» Donnerstagnachmtt-
tag, nachdem die Verhaftung Günthers bekannt wurde, Berlin ver-
lassen und die Polizei gebeten, für den Schutz seiner Wohnung m
'orgem

Aufsehenerregende Enthüllungen in Hamburg
Nach einer Meldung der „Neuen Bad. Landeszeituny" sind in
Hamburg tu der Untersuchung -er in den letzten Tagen verübten
Sprengstofsattentate folgende Enl-eünngen gemacht worden:
Die in der Angelegenheit -er Hamburger Sprengstoffattrntatr
Festgenmmnenen gehörten einer in Gruppen gegliederten Abtei-
lng an, die unter Führung -es verhafteten Friedrich Warnecke,
eines früheren Offiziers, stand.
Die Abteilung Warnecke war in die Organisation C,
die sich in Provinzial- und LandeSmftervervände ordnet, einge-
gliedert. Die Organisation C hat ein Spreng- und Mordkom-
mando, das die Beseitigung politischer Persönlichkeiten auszuführen
hatten. Diesem Kommando gehörten u. a. die vom Polizeipräsi-
dium Berlin jetzt genannten Mörder Rathenaus an. Es
War' beabsichtigt, etwa 12 führende Persönlichkeiten zu beseitigen, zu
denen nutzer Rathenau auch Theodor Wolff vom „Berliner
Tageblatt" und Max Warburg gehörten. Der Polizeipräsident
vielt es nach dieser Feststellung für richtig, Herrn Max Warburg
zu ersuchen, am Dienstag abend-bei -er von uns bereits gemelde-
ten Gründung des Uebersee-Kluds Nicht zu sprechen, da die Unter-
suchung, ob ein Anschlag für Dienstag abend etwa beabsichtigt sei,
bei der Kürze der Zett nicht durchgeführt werden konnte und fest-
stand, datz der Auftrag zur Ermordung des Herrn Max Warburg
bereits erteilt worden war. Neber die Art, wie die Mitglieder der
Organisation miteinander verkehren, wurde in Erfahrung gebrach»,
daß schriftlicher Verkehr ausgeschlossen war.
Die Ankündigung der Kuriere erfolgte in kurzen Telegrammen.
Die ZemtMlpoltzet hatte solche Telegramme bei Warnecke be-
schlagnahmt und ihre ^diesbezüglichen Nachforschungen ergaben
als Absender eines Telegramms ein Mitglied der Hamburger Or-
ganisation, das sich bei der Absendung des Telegramms in Berlin
befunden hatte. Durch wettere Vernehmungen ließ sich ermitteln,
daß der festgenommene Privatdetektiv N i e d r i g den Auftrag er-
halten hatte, das Automobil zu führen, in dem die Mörder Rathe-
naus gefahren sind. Er war, um Ade Einzelheiten der Tat zu be-
Ipvechen, nach Berlin geholt worden, wo er mit den Tätern ver-
handelte.
Der Hamburger Polizei gelang es ferner, die Pension zu er-
mittel,», in der diese Unterredung stattgcfunden hatte; auch konnte
sie feststellen, datz das Auto von auswärts geholt werden sollte.
Als Bewaffnung der Mörder waren Pistolen und zwei Maschinen-
pistolen vorgesehen. Dei Verhandlungen zerschlugen sich, weil
Niedrig keinen Führerschein besaß und zwei Leute, die den Führer-
schein besaßen, zur Verfügung standen.
Auch über das Attentat auf Scheidemann wurden Ermittlun-
gen gemacht, die ergaben, -atz es von den gleichen Kreisen
ausgeführt worden ist. Der Polizeipräsident schickte mit diesen
Feststellmrgen sofort einen Beamten noch Berlin, -er am Dienstag
abend dort eintrgf. Die Berliner Polizeibehörde nahm darauf die
weiteren Nachforschungen auf, die im Zusammenhang Mit -en» be-
reits vorliegenden Material zur Ermittelung der Persönlichkeiten
der Mörder führten.
Die Verschwörung gegen Rathenau. — Die
Wiederverhaftuug Killingers.
Berlin, 29. Juni. Nach dem Verbrechen ist in der Fülle der
Spuren die eine besonders aufgefallen, die auf Mitglieder der Or-
ganisation 0. hinwies. Die Verhaftung von Ti liess en in
Flensburg und die Festnahme des Kapttänleutnants Hoffmann
in München waren die erste Maßnahme. Wie jetzt bekannt wird, ist
auch Kapttänleutnant Manfred v. Killinger im Ostseebad
Prerow, wo er sich mit seiner Familie zur Erholung befand, wieder
sestgenommen. Killinger und Tillefsen sind bereits nach Berlin ge-
bracht. In» weiteren Verlauf der Untersuchung wurde der Kreis
der Leute, die mit dem Verbrechen in Verbindung stehen, größer
und schließlich ist es gelungen,
eine Gruppe von Verschwörern
festzunehmen, die das Attentat auf den Minister Rathenau bis
ins genaueste vorbereitet haben. Dieser Verschwörer-
bande gehören die von der politischen Polizei als Täter ermittelten
Techow, Fischer und Knauer an. Die andern Verschwörer, die be-
reits früher festgenommen wurden, hatten sich, wie sich bei der Ver-
nehmung ergab, für den Tag des Mordes und für den Tag vorher
ein Alibi genau zurechtgelegt und auch genau miteintnder abge-
macht, was bei einer eventl. Aufdeckung der Verschwörung gesagt
werden sollte. Techow ist Sonntag abend aus Berlin geflohen. Er
ist abends mit dem D-Zug 8,35 Uhr vor» Berlin nach Halle gefahren
und hat dort bei eingewethten Freunden Unterkunft gefunden. Am
Abend des Montag fuhr er dann von Halle nach Frankfurt a. O.
Dort habe»» ihn die Beamter» der politischen Polizei des Berliner
Polizeipräsidiums aufgespürt, die erfahren hatten, datz er sich bei
einem Onkel auf einem Rittergut in der Nähe von Frankfurt a. O.
aufhielt. Das Gut ist gestern abend von Beamten umstellt worden,
um eine Flucht des Mörders zu verhindern. Als man zur Ver-
haftung schritt, versuchte Techow Gegenwehr zu leisten. Er ergab
sich ab,., ö^ld, als er sich der polizeilichen Uebermacht gegenübersah.
Techow leugnet zunächst jede Beteiligung an dem Mord. Seine
Vernehmung wurde sofort begonnen. Auch die Gegenüberstellung
mit den Zeugen wird noH im Laufe des Tages erfolgen.

Die entlarvte Partei Meuchelmord.
(Drahtbericht des Soz. Parlamentsdienstes.)
Wir veröffentlichen hiermit folgender» Offenen Brief an die
Mörderpartei der keines weiteren Kommentars bedarf:
An die Deutschnatiormle Volksparteil
Wenn ich diese Zeilen der Oeffentlichkeit unterbreite, so erkläre
ich gleichzeitig, daß ich die volle Verantwortung für die darin be-
haupteten Tatsachen übernehme und bereit bin, diese Behauptungen
vor Gericht zu verantworten.
Der deutschnationale Fraktionsführer, Staatminister a. D.
Hergt. gebrauchte in dem Aufrufe an die Mitglieder seiner Partei
die Worte: „Die Einigkeit unserer Partei und die HeMsskeit unserer
Ziele machen es uns zur gebieterischen Pflicht, unseren Namen
reinzuhalten und über die Reinhaltung unserer Partei mit allen
Mitteln zu wachen." Angesichts dieser großen Geste, Herr Mini-
ster, fühle ich mich verpflichtet, die Oessentltchkeit darüber zu unter-
richten, daß die Deutschnationale Volkspartei in Wirklichkeit
eine Par 1 ei ist, welche
Politische Verbrecher unterstützt,
ja nicht davor zurückschreckt, politische Ae »nter in straffäl-
lt g e r Wessse zn mißbrauchen. Ich tue das selbst auf die
Gefahr hin, einem „Selbstmord" oder einen» „Unglücksfall" ausge-
liesert zu werden, aus dem reiner» Bestrebe»» heraus, bei der Reini-
gung des rechtspolitischen Sumpfes meine Pflicht zu tun. Es mag
sein, datz meine Bekundungen in seltsamen Kontrast zu Ihrer Be-
hauptung stehen, Ihre Partei habe mit Verbrechern und Mord-
buben nichts gemein, doch es wird Ihnen schwer fassen, die restlose
Wahrheit meiner Behauptungen zu widerlegen.
Nun zu den Tatsachen: Im Jahre 1919 wurde in Halle a. S.
anläßlich der Märzunruhen der
Kommunistensührer Meseberg erschossen.
Der Fähnrich Aurel von Petersdors, die Freiwilligen Frit-
sche, Henseling und ich wurden wegen des Verdachts, den
Mord an Meseberg begangen zu haben, am 23. März 1919 int
Edenhotel zu Berltn, wo ich damals bet der GardekavallerieSchü-
tzendivision stand, verhaftet. Das Verfahren gegen uns mußte jedoch
eingestellt werden u^wurde lediglich gegen den Streisenführer Leut-
rmnt Hubert» alias Roth weitergesührt, der jedoch ins Auslands
wie es heißt nach Argentinien, flüchtete. Ich selbst wurde wegen
eines anderen, rein politischen Deliktes bestraft und am 27. April
1921 bedingt begnadigt. Die Mittel für unsere Verteidigung
in der Angelegenheit Meseberg wurden uns von der Deutsch-
nationtzlenVolkspartei durch den Rechtsanwalt H irs ch,
Halle a. S., Rathausstratze 9, zur Verfügung gestellt. Herr Hirsch
ist eingeschriebenes Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei und
zugleich Rendant der Geheimorganisatton L, die damals noch den
Namen „Geheimorganisatton der Gardekavallerie-Schützendivision"
führte. Leiter dieser Organisation war Oberleutnant Franz, der
merkwürdigerweise im Kriegsgerichtsprozeß wegen der Ermordung
Karl Liebknechts und der Frau Rosa Luxemburg die Würde eines
Beisitzers vertrat. Nach meiner Begnadigung 1921 »neidete ich
mich bei der deutschnationalen Reichstagsfraktton, wo ich von den
Herren General v. Gallwitz und Major a. D. H e»»»ring herz-
lich begrüßt wurde, ja, man überreichte mir sogar für mich in der
Frakton gesammelte Gelder (ungefähr 500 Mk.). Beide rieten mir,
nach München zu fahren und mich bet Rechtsanwalt Müller zu
melden, in dessen Bureauräumen auch die Geheimorganisation <?.
untergebracht War. Ich traf aber nicht -en eigentlichen Leiter der
Organisation, den inzwischen „berühmt" gewordenen Kapitänleutn.
Killinger, an, sondern dessen Stellvertreter, Oberleutnant v. Korna-
lewstt, der mich dazu überredete, der Geheimorganisation beizutre-
ten, was ich auch tat. Nunmehr fuhr ich nach Berlin zurück und
wurde von dem deutschnationalen Reichstagsabgeordneten Jan-
drey -er Arbeitsgemeinschaft Müller zugewiesen, die damals
„Landarbeit" in Pommer»» verrichtete, später Oberschlesien unsicher
»nachte. In dieser Zeit trat die Partei durch den Rechtsanwalt
Hirsch in Halle a. S. brieflich an mich heran und forderte mich auf,
ich sollte ins Ausland gehen, um die Rückkehr des in der Mordsache
Meseberg flüchtigen Leutnants Hubertt zu ermöglichen, d. h. dessen
Schuld auf mich zu übernehmen. Falsche Papiere und Geld stün-
den mir zur Verfügung. Ich hatte -azu keine Lust; als man mir
andeutete, es könne mir von „kommunistischer Seite" nach meinem
Leben getrachtet Werder», ging ich scheinbar daraus ein, fuhr aber
nach Schneidemühl, wo ich mich beim Verband nationalgesinnter
Soldaten »neldete. Von diese»» Verbände sowie von-en» dortigen
Vorsitzenden der Deutschnationalen, Studicnrat Dr.
Böckler, wurde ich mit Geld unterstützt und zu dem Mit-
glied des Reichsrates, Baron v. Knigge, Grnnau, Kreis Flatow
in Westpreußen, geschickt Baron v. Knigge nahm mich 3 Wochen
.lang aus und stellte mir in seiner Eigenschaft als Amtsvor -
sicher eine Reihe gefälschter Papiere (Ausweis mit
Lichtbild, Jnvalidenkarte, Abmeldung, Arbeitsbescheinigung, poli-
zeiliches Führungszeugnis) aus, die er mit de» amtlichen Stempeln
und feiner Unterschrift versah. Diese Papiere liegen jetzt noch bei
meinen Akten der Schutzpolizei zu Recklinghausen i. W., deren Be-
schlagnahme inzwischen verfügt ist. Der Gutsverwatter des Ba-
rons, Fritschs, kann bezeugen, datz der Baron zu diesem Zwecke
 
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